Stellungnahme zum Auslaufen des INF-Vertrages am 2. August 2019 der Studiengruppe „Europäische Sicherheit und Frieden“ der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler e.V. (VDW)

Mit der Kündigung des INF-Vertrags (Intermediate Range Nuclear Forces; zu Deutsch: Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme) durch die Vereinigten Staaten und Russland fallen ab August 2019 die völkerrechtlichen Beschränkungen für die Entwicklung und Stationierung neuer Mittelstreckenwaffen in Europa weg. Nun wird es darauf ankommen, eine neue atomare Rüstungsspirale in Europa durch politisch bindende Vereinbarungen abzuwenden und eine politische Brandmauer zu errichten, durch die neue russische und amerikanische Atomwaffenstationierungen in Europa verhindert werden. Vor diesem Hintergrund schlägt die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler e.V. vor, dass Russland als vertrauensbildende Maßnahme alle 9M729-Systeme ostwärts des Urals stationiert; im Gegenzug könnten die USA und die NATO-Staaten erklären, keine landgestützten Mittelstreckenraketen in Europa zu stationieren.

Fliegerhorst Büchel: Aktionsfestival gegen Atomwaffen

Am Sonntag, den 7. Juli 2019, dem Höhepunkt des ICAN/IPPNW-Aktionsfestivals in Büchel, besuchten etwa 1.000 Gäste einen ökumenischen Gottesdienst mit Margot Käßmann. Mit dem mehrtägigen, bunten Festival protestierten die Teilnehmenden gegen die Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland. In ihrer Predigt kritisierte Käßmann Befürworter der nuklearen Teilhabe und von Atomwaffen: „Da ist Widerspruch gefragt.“

Deutsche Banken finanzieren Atomwaffen

Elf deutsche Finanzdienstleister haben Atomwaffen-Produzenten seit Januar 2017 insgesamt rund 11,67 Milliarden US-Dollar zur Verfügung gestellt. Spitzenreiter ist weiterhin die Deutsche Bank mit 6,757 Dollar, die ihre Investitionen gegenüber den Vorjahren sogar noch gesteigert haben. Die Aufträge für eine Modernisierung der Atomwaffen zeigten, dass wir uns bereits mitten in einem neuen Rüstungswettlauf befänden; Deutschland unterstütze dies durch nukleare Teilhabe und Stationierung von US-Atomwaffen in Büchel, so ICAN.

NATO-Großübung vom 9. bis 15. Mai 2019

Die ärztliche Friedensorganisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e. V (IPPNW) kritisiert die NATO-Übung vom 9. bis 15. Mai 2019: „Wir leben in einer Welt, in der ein einzelnes atomar bestücktes U-Boot der USA oder Russlands in der Lage ist, die 20 größten Städte des Gegners mit einem Knopfdruck auszulöschen. Die NATO-Übung simuliert den Beginn des dritten, des letzten Weltkrieges. Wenn auch nur halb so viele Ressourcen in Diplomatie, Dialog und Deeskalationsmaßnahmen gesteckt werden würden wie in diese Kriegsspiele, würde kein Mensch ernsthaft über neue Atomwaffen in Europa nachdenken.“

Umfrage: Deutsche gegen neue Atombomber

Die in Deutschland stationierten US-Atomwaffen sollen in den nächsten fünf Jahren durch neue ersetzt werden; die aktuellen deutschen Trägersysteme (Tornado-Kampfjets) müssten dann ebenfalls angepasst werden. „Statt damit weiter an der nuklearen Abschreckung teilzunehmen, sollte sich Deutschland auf den fraktionsübergreifenden Bundestagsbeschluss von 2010 besinnen und sich aktiv für den Abzug der US-Waffen einsetzen“, so Xanthe Hall Vorstandsmitglied von ICAN Deutschland. Eine Umfrage hat ergeben, dass eine deutliche Mehrheit der Deutschen den Kauf neuer Atombomber ablehnt.

Kirchenvertreter fordern weiteren Stopp der Rüstungsexporte an Saudi-Arabien

Am 30. März 2019 läuft das Moratorium für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien aus, das die Bundesregierung nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi verhängt hat. Ob die Bundesregierung dieses Moratorium verlängert, scheint mehr als fraglich: Rüstungsindustrie sowie die europäischen Bündnispartner Frankreich und Großbritannien üben massiven Druck aus. Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung fordert, bis auf Weiteres sämtliche Rüstungsexporte – einschließlich Komponenten – an Staaten der von Saudi-Arabien angeführten Kriegs-Koalition zu untersagen und alle bereits erteilten Genehmigungen sofort zu widerrufen.

Urananreicherer Urenco baut Kapazitäten für eine Vervierfachung des bisherigen Urananreicherungsgrads für Brennelemente auf

Der Urananreicherer Urenco, seine deutschen Miteigentümer RWE und EON sowie die Bundesregierung durchbrechen bei der Urananreicherung eine sicherheitspolitische Barriere. Zukünftig soll bei Urenco in New Mexico Uran 235 statt bislang maximal auf fünf Prozent auf bis zu 19,75 Prozent angereichert werden; für die Entwicklung der entsprechenden Zentrifugen würde eine zentrale Urenco-Techniktochter in Deutschland neben dem Forschungszentrum in Jülich eingesetzt werden. Bislang galt die Fünf-Prozent-Grenze bei der Urananreicherung als Beleg für die rein zivile Nutzung.

59 Prozent der Deutschen wollen „international neutral“ sein

Militärische Interventionen oder die Aufrüstung von Kriegsakteuren haben weltweit nicht zu mehr Frieden und Stabilität beigetragen. Dies sieht offensichtlich auch die deutsche Bevölkerung so: Laut dem Munich Security Report 2019, herausgegeben zur Münchener Sicherheitskonferenz vom 15. bis 17. Februar 2019, wollen 59 Prozent der Deutschen „international neutral“ sein. Lediglich ein Drittel spricht sich für eine „Beteiligung an militärischen Interventionen, wenn nötig“ aus.

Minderjährige bei der Bundeswehr

Die Friedensorganisation „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e. V.“ (IPPNW) fordert die Anhebung des Rekrutierungsalters für den Militärdienst auf 18 Jahre sowie das Verbot jeglicher Bundeswehr-Werbung bei Minderjährigen. Der Einsatz von Jugendlichen unter 18 Jahren als Soldatinnen und Soldaten in bewaffneten Konflikten verstößt gegen den Geist der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. Deutschland gehört zu den wenigen Vertragsstaaten, die minderjährige Freiwillige für die Streitkräfte anwerben.