Zu Gast sein… 10. Oktober 2018

 

So sagen wir, wenn wir einer Einladung folgen, die Nachbarn oder Freunde ausgesprochen haben. In der Regel laden wir uns abwechselnd gegenseitig ein. Die Einladungen und Bewirtungen unter den deutschen Residenten in Ungarn haben einen hohen Stellenwert. Man trifft sich, tauscht Neuigkeiten und Informationen aus, bemerkt, dass die anderen älter geworden sind, und so weiter.

Diese Essen und der damit verbundene Austausch dienen der Stabilität der Gemeinschaft derer, die sich im Ausland befinden. Bei einem solchen Treffen kam das Thema “Gastfreundschaft” auf und die Meinung, dass die veranstalteten Geselligkeiten doch auf jeden Fall den Rang der Gastfreundschaft besäßen.

Ich fühlte mich herausgefordert und führte aus, dass Gastfreundschaft in früheren Zeiten und in den heißen Ländern, von denen zum Beispiel das Alte Testament spricht, eine gesellschaftliche Verpflichtung war. Anders als unsere wechselseitigen Einladungen, die dem Vergnügen dienen. Denn weite Strecken und schwierige Bedingungen mussten bewältigt werden, um von Ort zu Ort zu kommen. Manchmal war es nötig, eine Zwischenrast zu machen und dabei war man auf freundliche Familien angewiesen, die einen aufnahmen, die man selbst nicht kannte und denen man selbst fremd war.

Die Aufnahme der Reisenden erfolgte nach einem bestimmten Ablauf. Man begrüßte die Fremden freundlich, erkundigte sich nach den Beschwernissen der Reise und bot ihnen an, zu bleiben. Man ließ ihnen oder tat es selbst, die Füße reinigen, die vom Staub verdreckt waren. Dann wurde ihnen zum Ausruhen ein Platz im Schatten angeboten. Und danach wurde zu Tisch geladen, und es wurde aufgeboten, was das Haus mit seiner Speisekammer an Essen hergab.

Gasfreundschaft war überlebensnotwendig, und die Familie, die sie einer anderen anbot, konnte sicher sein, dass ihr selbst, wenn sie auf Reisen war, das Gleiche zuteil wurde, auch, wenn die handelnden Personen ganz andere waren. Der Unterschied zwischen Geselligkeit und gesellschaftlicher Notwendigkeit ist sicher schwer zu verstehen, weil wir weder in der Kultur noch in der Gegend leben, in der diese Form der Gastfreundschaft lebensnotwendig war und ist.

Deshalb wird Gastfreundschaft in der Bibel angemahnt und als ein Dienst an Gott verstanden. Eine gastfreundliche Gesellschaft geht über gegenseitiges Einladen hinaus.