Die bedrohte NATO verschiebt ihre Geburtstagsfeier

 

Die NATO wurde am 4. April 1949 gegründet. Da erfolgte die Unterzeichnung des Nordatlantikvertrages durch die westeuropäischen Mitgliedstaaten sowie, auf der anderen Seite des Atlantiks, Kanada und die USA. Vorläufer war der Brüsseler Vertrag vom 17. März 1948 – darin schlossen sich die westeuropäischen Länder Frankreich, Großbritannien sowie die drei Benelux-Staaten zu einem Bündnis für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zusammenarbeit sowie zur kollektiven Selbstverteidigung zusammen – formal war das noch gegen Deutschland gerichtet, doch faktisch richtete sich das gegen die Sowjetunion. Mit dem Umsturz im Februar 1948 in Prag und der Berlin-Blockade ab Juni 1948 nahm Westeuropa eine militärische Bedrohung durch die Sowjetunion beziehungsweise den kommunistisch ausgerichteten Ostblock auch explizit ins Kalkül. Sie wandten sich an die USA mit der Bitte um militärischen Beistand gegen eine mögliche sowjetische Aggression. So kam es zu einem wechselseitigen Abkommen, dem Nordatlantikvertrag. Beratungen über Text und Inhalt wurden am 6. Juli 1948 aufgenommen. Am 10. Dezember 1948 begannen die formellen Verhandlungen über den Vertrag zwischen den Mitgliedsstaaten des Brüsseler Vertrages, Kanada und den Vereinigten Staaten.

Am 4. April 2019 steht das Jubiläum an: 70 Jahre NATO. Das sollte groß begangen werden, mit einem demonstrativen Gipfel in Washington. Das war die Planung. Das ist nun abgesagt worden, wie einem Beitrag in der New York Times zu entnehmen ist, der in mehreren Punkten bemerkenswert ist. Ich hebe zwei heraus.

Die revidierte Planung sieht nun so aus

NATO had planned to hold a leaders meeting in Washington to mark its 70th anniversary in April, akin to the 50-year celebration that was hosted by President Bill Clinton in 1999. But this year’s meeting has been downgraded to a foreign ministers gathering, as some diplomats feared that Mr. Trump could use a Washington summit meeting to renew his attacks on the alliance. Leaders are now scheduled to meet at the end of 2019, but not in Washington.“

Die erwähnte Angst der Diplomaten ist begründet in schon fast traumatischen Erlebnissen mit dem Oberbefehlshaber der USA beim letzten NATO-Gipfel-Treffen am 11./12. Juli 2018 in Brüssel. Die zentrale Anekdote wirft ein Licht auf die Beziehung des US-Präsidenten zur deutschen Bundeskanzlerin, dank Seniorität „die“ Stimme der europäischen Verbündeten.

„Mr. Trump appeared especially annoyed, officials in the meeting said, with Chancellor Angela Merkel of Germany and her country’s military spending … Mr. Trump … at the summit meeting, … surprised the leaders by demanding 4 percent — a move that would essentially put the goal out of reach for many alliance members. He also threatened that the United States would “go its own way” in 2019 if military spending from other NATO countries did not rise.

During the middle of a speech by Ms. Merkel, Mr. Trump again broke protocol by getting up and leaving, sending ripples of shock across the room … But before he left, the president walked behind Ms. Merkel and interrupted her speech to call her a great leader. Startled and relieved that Mr. Trump had not continued his berating of the leaders, the people in the room clapped.“

Die Chance, seine Ankündigung wahr zu machen und ausgerechnet zum 70. Geburtstag zu verkünden, dass die USA die NATO verlassen, soll dem US-Präsidenten nicht geboten werden. Dann wäre Klatschen bei gezieltem Missverstehen keine Lösung mehr. „Containment by downgrading“ ist die Strategie. Ob es hilft?