HANS-JOCHEN LUHMANNS KOLUMNE | Umwelt
Lobbyieren sie wieder zu Lasten eines Dritten? PKW-Hersteller im Clinch zu den Klimazielen.
Europäische Auto-Hersteller versuchen Zahlungen von bis zu 16 Milliarden Euro abzuwenden, mit denen sie bei Verfehlen der EU-Vorgaben rechnen müssen, indem sie europaweit gültige CO2-Regelungen neu verhandeln wollen: Die Umwelt zahlt, sie ist die Bank, die Ressourcen zu liefern hat. Mit der Umwelt verhandelt man nicht, das macht es so einfach, dass Automobilindustrie und Politik/Staat möglicherweise einen Kompromiss zu Lasten eines Dritten aushandeln. (Oktober 2024)
Die Rettung des Verbrenners – Teil 2: Schwaches Endspiel mit Liberalen
Die Debatte um das Ende des PKW mit Verbrennungsmotor in Europa habe ich persönlich als extrem verwirrend empfunden. Da fragt man sich, ob die Verwirrung Ausdruck dessen ist, dass der politische Journalismus in Deutschland in MINT-Fächern Züge von Analphabetismus zeigt, wie es auch schon in den Debatten zur Klima- und Corona-Politik zu beobachten war. Habituell ist, dass die Opposition diese mangelnde Fähigkeit/Bereitschaft des politischen Journalismus, zwischen Unsinn und substantieller Positionsdifferenz zu unterscheiden, bedenkenlos ausnutzt: Der Antrag der Unionsparteien im Bundestag vom 5. Juli 2022, unter dem Titel “Kein Verbot des klimaneutralen Verbrennungsmotors – Technologieoffenheit gewährleisten” zeigt es erneut. (August 2022)
Die Energiewende im Stromsystem der USA unter Joe Biden
Der US-Kongress hat seit 1990 kein bedeutendes Umweltgesetz mehr verabschiedet. Die zwischenparteiliche Polarisierung, die Unmöglichkeit zur Kooperation, war bei gegebenem Politiksystem in den USA das entscheidende Hindernis gegen einen Fortschritt im Kampf gegen den Klimawandel. Die Umweltbehörde (EPA) und weitere Behörden waren deshalb, und sind es weiterhin, gezwungen, Lösungen für neu auftauchende Umwelt-Problemlagen von gesetzlichen Mandaten abzuleiten, die aus den 1970er Jahren stammen: Dass das rechtlich anfechtbar ist, ist klar; es geschieht dann über Argumentationen gemäß allgemeinen Rechtsgrundsätzen, also etwas, was die Juristen-Community sich selbst ausdenkt. (September 2021)
Die Flut im Wupper-Tal – déja vu
Am 14. Juli 2021 teilte um 21 Uhr der Talsperrenbetreiber der Stadt Wuppertal mit, dass bald die Wupper-Talsperre überlaufen werde. Um 23 lief sie über und überflutete die Stadt – trotz Warnungen wurde in den Tagen zuvor kein Wasser aus der Talsperre abgelassen und ein Überfluten so möglicherweise verhindert. Der Talsperrenbetreiber gibt zu erkennen, dass er erst dann Vorsorge zu treiben gewillt war und weiterhin ist, wenn die Niederschlagsprognose soweit in ihrer Regionalisierung verbessert ist, dass das betroffene Gebiet Tage voraus präzise bestimmt ist und er keinen wirtschaftlichen Schaden durch vorschnelles und eventuell unnötiges Ablassen erleidet. (August 2021)
Bemühungen zur Rettung des PKW mit Verbrennungsmotor, Teil 1
Die Debatte um das Ende des PKW mit Verbrennungsmotor schlägt zunehmend hohe Wellen. Nicht die Fahrzeug-Industrie oder hilfsweise deren Gewerkschaften lobbyieren, hier ist es an vorderster Front die Wissenschaft – Vertreter der Ingenieurswissenschaften -, die sich engagiert im Überlebenskampf. Und die konservative Variante des Populismus greift erneut zu dem marktradikalen liberalen Petitum, man solle “technologieneutral” regulieren, um den Markt die Entscheidung über die relative Vorteilhaftigkeit verschiedener Fahrzeugkonzepte zu überlassen. (Juli 2021)
Die “CO2-Bepreisung” im Klimapaket der Bundesregierung
Die Nutzung der Atmosphäre als Mülldeponie für die Abprodukte aus der Verbrennung von Brennstoffen fossiler Herkunft muss einen Preis haben. Das ist seit langem klar, anders ist die Übernutzung der Atmosphäre nicht einzudämmen. Die Politik arbeitet seit längerem an einem Bepreisungsmodell, hat es schrittweise konkretisiert, jetzt mit weitreichenden und überrraschenden Veränderungen und Volten. (November 2019)
Die Kehrtwende in der Energieeffizienz-Politik für PKW in den USA
PKW-Hersteller aus den USA, aus Japan/Korea und aus Europa teilen den Weltmarkt untereinander auf. In allen drei Hersteller-Heimatregionen, zudem im großen Absatzmarkt China, gibt es Regulierungen der spezifischen Treibhausgas-Emissionen. In den USA waren Mandate zur Erhöhung der Energieeffizienz von PKW umgesetzt worden, dann wurde Donald Trump Präsident. (August 2019)
EU-Emissionshandel: Das schwere Erbe der Großen Finanzkrise
Die Große Finanzkrise im Jahr 2008 hat die Klimapolitik der Industriestaaten abstürzen lassen. Die EU hat in der Niedrigpreis-Phase für CO2-Zertifikate nach 2008 weiterhin Emissions-Rechte qua Auktion ausgegeben – massiv unterbewertet. Dies hat die Klimapolitik um mindestens 10 Jahre verzögert. Das bedeutet im Klartext formuliert: Erhöhung des Bestands von Treibhausgasen in der Atmosphäre. (Mai 2019)
Die inhärente Sicherheit in Block 1 in Fukushima wurde nie getestet und im Ernstfall “vorsichtshalber” abgeschaltet
In den vielen verfügbaren Post-Fukushima-Analysen gibt es einige Lücken. Sinn und Zweck solcher Analysen ist, Lehren-ziehen zu können, sodass man aus schlechten Erfahrungen (anderswo) klüger wird. Hier scheint allerdings ein noch ungehobener Schatz zu liegen. (März 2019)
Seit Januar 2018 kostet jede Zusatzemission an Kohlendioxid Deutschland 30 Euro pro Tonne
Deutschland überschreitet seit 2018 die vorgegebene Grenze für die Emission von Treibhausgasen und kumuliert gegenwärtig Zusatzlasten auf Zusatzlasten. Für all die ist aus dem Bundeshaushalt zu zahlen; die laxe Klimapolitik, vor allem im Verkehr, das Nachgeben gegenüber den Auto-Herstellern, ist uno actu ein Griff in die Taschen des Finanzministers geworden. Es geht jetzt um Geld, um viel Geld. (Oktober 2018)
Das Ende des Verbrennungsmotors in Europa: Was besagt das Clean Mobility Paket der EU-Kommission dazu?
Die Europäische Kommission kommt am 8. November 2017 mit einem Paket von Vorschlägen auf den Markt, unter dem Titel “Clean Mobility”. Wie hält sie es mit dem Verbrennungsmotor und dessen Ende? (Dezember 2017)
Klimapolitik im Kampf um die Einbindung von Luft- und Seeschifffahrt
Wären Seeschifffahrt und Luftfahrt zusammen ein Staat, so rangierte der mit seinen jährlichen CO2-Emissionen von gut 1,3 Gigatonnen unter den „Parties to the Kyoto-Protocol“ inzwischen auf Platz sechs, gleich nach Russland und noch vor Japan. Im Jahr 2020 wird allein die Luftfahrt ihre CO2-Emissionen von jährlich 300 Gigatonnen im Jahre 1990 auf das Doppelte(!) gesteigert haben. (November 2017)
Das Chamäleon „Unrecht“ im Abgas-Fall
Bei ordnungsgemäßem Vollzug hätten die nationalen Typ-Zulassungs-Ämter in eigenen Anleitungen oder Musterauslegungen ihr Verständnis dieser Vorgaben niedergelegt und zur Grundlage ihrer Typ-Zulassungs-Praxis gemacht. Faktisch haben sie sich dieses ordentlichen Behördenverhaltens enthalten, und das kollektiv, europaweit. (Juni 2017)
Das Staatsversagen im Abgasskandal
In Europa kann nicht die ganze Wahrheit des Illegalen im Nachhinein auf den Tisch des Rechtsstaates gelangen, davon ist auszugehen. Die ganze Wahrheit aber scheint ohne rechtliche Wertung nicht zu haben zu sein – also gilt: Der Aufklärungsanspruch ist aus Gründen der Staatsraison zu begrenzen. Diesem Postulat folgt der Brüsseler Ausschuss – selbstredend stillschweigend. (Januar 2017)
Europas fehlende Umsetzung der Kfz-Abgas-Gesetzgebung im Spiegel der US-Verhältnisse
In den USA sind Luftreinhaltung und Kfz-Zulassung in einem Amt gebündelt. Es geht um eine Umweltregulierung, die das Schutzziel nicht nur defensiv vertritt, sondern es vielmehr zum Anreiz für einen technischen Fortschritt im Wettbewerb unter den Kfz-Herstellern macht und das Schutzziel konsequent offensiv vertritt. (November 2016)
Weshalb decken die EU-Staaten als Gemeinschaft das „cycle-beating“-Verhalten der Hersteller?
Der Staat ist seiner Rolle als Ordnungsmacht, die ihre Bürger schützt, gegenüber den Kfz-Herstellern nicht nachgekommen und hat zugelassen, dass die in der Luftreinhaltegesetzgebung vorgegebenen NOx-Minderungsziele nicht erfüllt werden. Das Fazit: Der Staat Deutschland ist rechtsbrüchig geworden, weil sein Verkehrsminister die europäischen Gesetze gegenüber den Kfz-Herstellern beziehungsweise -Importeuren nicht sinngemäß durchgesetzt hat. (Juli 2016)
Wenn es nur eine Abgas-Affäre wäre …
Was “VW-Skandal” genannt wird, steht für ein multiples systemisches Versagen in Wirtschaft und Politik. Die Benennung ist entstehungsgeschichtlich zwar korrekt; in der Sache jedoch blended sie Verantwortlichkeiten und Kumpaneien aus. Dasselbe gilt für den verbreiteten Terminus “Diesel-Abgas-Skandal”. (Juni 2016)
„Wollt ihr das Zwei Grad Ziel wirklich?“
Der Konflikt zwischen Klimaphysik und Klimaökonomie in der Politikberatung. Wenn die Erdmittel-Temperatur nur um bis zu maximal zwei Grad ansteigen darf, was bedeutet das für die menschlichen Aktivitäten „unsachgemäße Art von Agrarwirtschaft“ beziehungsweise „Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas“? (Dezember 2015)
Überhöhte Stickoxid-Emissionen bei Diesel-LKW bereits seit 2003
Bei den LKW fiel bereits im Jahr 2003 auf, dass die Hersteller sich nicht an ihre Zusagen hielten. Erstes Indiz war, dass die Immissionswerte an autobahnnahen Messstellen mit der Einführung der Norm Euro 2 (für LKW) nicht so weit zurückgingen, wie mit den in Kraft gesetzten Grenzwerten errechnet worden war. Daraufhin nahmen die Umweltämter von Deutschland, Österreich, Niederlande und der Schweiz moderne LKW auf den Prüfstand und begriffen, was geschehen war. (November 2015)
Kann das Zwei-Grad-Ziel bei der Erderwärmung noch eingehalten werden?
Die Merkelsche Zielangabe geht nicht auf. Das finale Klima-Ziel, welches die Politk im vollen Konsens noch beziehungsweise endlich im Jahre 2010 bestimmt hat, ist nur zu erreichen, wenn es nicht irgendwann linear abwärts geht mit den Treibhausgasemissionen – es muss vielmehr eine Kraft hinzutreten, die für eine positive Rückkopplung im Abwärtsmarsch der CO2-Emissionen sorgt. (Juni 2015)
Die kommende Fracking-Regulierung in Deutschland
Beim Fracking wird Flüssigkeit, meist durch unterschiedliche Chemikalien vergeltes Wasser, durch eine Bohrung in mehrere hundert bis zu mehrere tausend Meter tiefe Bohrungen gepresst, um dort Gestein aufzubrechen und so an Gas und Öl in sogenannten “unkonventionellen” Lagerstätten zu gelangen. Überraschend wurde kürzlich bekannt, dass in Deutschland bislang bereits um die 300 solcher “Fracs” durchgeführt worden sind. (März 2015)