Wie gerecht ist Deutschland? – Pilotprojekt zu Bürger:innenrat startet im Mai 2023 und sucht Teilnehmende

Beim Thema Gerechtigkeit und Steuern stehen sich oft zwei Lager unversöhnlich gegenüber. Das Netzwerk Steuergerechtigkeit will daher mit möglichst repräsentativ ausgewählten Bürger:innen und professioneller Moderation lagerübergreifend und konstruktiv über die wichtigsten Sorgen und Lösungsvorschläge debattieren. Die Ergebnisse sind zentraler Bestandteil einer Machbarkeitsstudie, die das Netzwerk im Sommer an die Politik übergeben will.

Die Klimakrise macht arm, sie macht hungrig, sie macht krank

Die kirchlichen Hilfswerke Brot für die Welt und Misereor beziehen eindeutig Stellung zum IPCC-Synthesebericht vom 20. März 2023. Es gebe viel zu gewinnen, wenn wir endlich die Bekämpfung der Klimakrise und das Abfedern ihrer Folgen priorisierten: bessere Luft, intakte Wälder, den Schutz der Biodiversität und mehr Gerechtigkeit auf einem begrenzten Planeten. Dagegen gebe es ohne ambitionierten Klimaschutz viel zu verlieren, darunter die Heimat für hunderte Millionen von Menschen, die neue Wohnorte finden müssten.


Hans-Jochen Luhmann

Kolumne und Lesetipps

Zum Umgang mit dem Revisionismus

Kürzlich ist ein Vortrag, den Herfried Münkler an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften zum gegenwärtigen Krieg in der und um die Ukraine gehalten hat, in voller Länge publiziert worden. Grundordnung der Gedankenführung ist die Unterteilung in revisionistische und saturierte staatliche Mächte; also eine Unterscheidung nach dynamischen Modi. Expansion oder Stillstand sind die treibenden Kräfte.

Lesetipp Februar 2023

Wie und wann fiel die Entscheidung des Westens, den Krieg in der Ukraine in Kauf zu nehmen?

Im Verlauf des Jahres 2020 hatte Russland klar gemacht, dass es die Ukraine als Verhandlungspartner nicht akzeptiere. Es hat dann im zweiten Halbjahr 2021 zwei Spitzentreffen zwischen Biden und Putin gegeben; hier muss die Entscheidung gefallen sein, einen Krieg in Kauf zu nehmen.

Kolumne März 2023


Credit Suisse: Fusion vergrößert Probleme, Risiken werden sozialisiert

Laut dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac und der Bürgerbewegung Finanzwende verschärft der am 19. März 2023 bekanntgegebene Zusammenschluss von UBS und Credit Suisse das Too-Big-To-Fail-Problem. Das Scheitern der Credit Suisse sei ein Weckruf, endlich wichtige Finanzmarktreformen durchzusetzen: “Wir brauchen viel höhere Kapitalpuffer bei Banken, eine europäische Abwicklungs- und Einlagensicherungsbehörde mit deutlich mehr Befugnissen und eine Trennung von Geschäftsbanken und Investment Banking, damit wir nicht ständig in diese Notsituationen geraten. Die verantwortlichen Politiker haben es verpasst, die Lehren aus der Finanzkrise ab 2007/2008 zu ziehen.”

Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums hält klimaneutralen Gebäudebestand in 2045 für möglich, wenn sofort gehandelt wird

Bundeswirtschaftsminister Habeck hat bereits bei seiner Eröffnungsbilanz 2022 eine Studie zur “Gebäudestrategie Klimaneutralität 2045” angekündigt, die nun veröffentlicht wurde. Die Autorinnen und Autoren fordern eine klare ordnungsrechtliche Strategie zum Ausstieg aus fossilen Heizgeräten (neue Öl- und Gasheizungen). Der Einsatz von Wasserstoff im Gebäudebereich sei weitestgehend zu unterbinden; Biomasse solle wegen der begrenzten Verfügbarkeit nur noch im Bestand zum Einsatz kommen, wenn keine anderen Optionen zur Verfügung stünden.

Mehr Demokratie e.V. zur vorgeschlagenen Wahlrechtsreform: Finger weg von der Grundmandats-Klausel!

Nach Ansicht des Fachverbandes Mehr Demokratie e.V. ist es vollkommen unnötig, bei einer Reform des Wahlrechts mit dem Ziel einer Bundestagsverkleinerung die Grundmandatsklausel abzuschaffen. Diese Regelung ermöglicht Parteien den Einzug in den Bundestag, wenn sie bundesweit die Fünf-Prozent-Hürde verfehlen, aber mindestens drei Direktmandate erringen. Zur vom Verfassungsgericht geforderten Reform des Bundestagswahlrechts hat Mehr Demokratie e.V. bereits vor der Bundestagswahl 2021 einen einfachen Minimal-Vorschlag gemacht, bei dem die Zahl von 598 Abgeordneten fest liegt: Der Vorschlag reduziert nicht die Zahl der Direktmandate, sondern steigert sie unter Beibehaltung des Proporz sogar erheblich.

30.000 Vereine scheuen politisches Engagement: Umfrage zeigt, wie Angst um Gemeinnützigkeit ziviles Engagement hemmt

Das überholte Gemeinnützigkeitsrecht unterdrückt wichtiges demokratisches Engagement von gemeinnützigen Vereinen und Initiativen in Deutschland. Der Entzug der Gemeinnützigkeit von Attac 2014 war bereits ein Angriff auf die kritische Zivilgesellschaft; zahlreichen anderen fürs Gemeinwohl engagierten Vereinen wurde danach die Gemeinnützigkeit abgesprochen. Der ZiviZ-Survey 2023 des “ZiviZ im Stifterverband” (Zivilgesellschaft in Zahlen) bestätigt: Wichtige Stimmen gehen im Diskurs verloren, weil Vereine es nicht mehr wagen, sich politisch einzumischen.

Attac veröffentlicht Unterrichtsmaterialien in Schulbuch-Verlag

Attac möchte Menschen mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen darin stärken, politisch-ökonomische Prozesse zu verstehen und sich an ihrer demokratischen Gestaltung zu beteiligen. Mit seinen Materialien tritt Attac der Flut einseitiger Angebote von Konzernen und unternehmensnahen Lobbygruppen entgegen; nun erscheint erstmals eine umfangreiche Sammlung in einem Fachverlag für politische und ökonomische Bildung. Das Bildungsmaterial des globalisierungskritischen Netzwerks umfasst unter anderem Themen wie Arbeit und Kapital, globale Arbeitsverhältnisse, Gemeingüter, Finanzmärkte, Handelspolitik, Klimagerechtigkeit sowie Steuerpolitik und soziale Gerechtigkeit.

100 Klima-Bürgerräte weltweit – Zahl der losbasierten Bürgerräte zu klimapolitischen Fragen ist nun dreistellig

Die Citizens’ Assembly on Climate Change and Biodiversity im Londoner Bezirk Barnet ist weltweit der 100. Bürgerrat zum Thema Klima. Bei einem Bürgerrat kommen zufällig ausgeloste Menschen zusammen, sie beraten ein politisches Thema, sie lassen sich von Fachleuten beraten und unterbreiten der Politik dann Vorschläge. Alle konkreten Entscheidungen trifft selbstverständlich das Parlament.

Finanzwende-Daten zeigen erheblichen Einfluss der Finanzlobby bei Basel III

2010 hatte sich das globale Gremium für die Bankenregulierung, der Baseler Ausschuss, auch unter dem Eindruck der internationalen Finanzkrise auf neue internationale Standards geeinigt, um Banken krisenfest zu machen. Während die USA die sogenannten Basel-III-Regeln bereits 2014 rigoros umsetzten, will die Europäische Union die sogenannten Basel-III-Regeln erst in einigen Monaten einführen, allerdings in einer stark abgeschwächten Form. Neue Zahlen der Bürgerbewegung Finanzwende belegen, dass diese Verwässerung zentraler Kapitalregeln für Banken das Ergebnis einer jahrelangen, intensiven Lobbykampagne ist.

Bündnis “Stoppt das Töten in der Ukraine”: Zahlreiche Aktionen für ein Ende des Krieges gegen die Ukraine

Ein Bündnis aus 19 Friedensorganisationen hat um den Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine zu Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen in mehr als 30 Städten unter dem Motto “Stoppt das Töten in der Ukraine – Für Waffenstillstand und Verhandlungen” aufgerufen. Wichtig war bei diesen Protesten vor allem Empathie für die Opfer des Krieges, für Menschen aus dem nationalistischen und antidemokratischen Spektrum war bei den Aktionen kein Platz. Eine vom Bündnis organisierte Webinarreihe wird in den nächsten Wochen unter anderem über rechte Vereinnahmungsversuche in der Friedensbewegung informieren.

Repräsentative Umfrage zeigt wachsende Existenzängste und hohe Zustimmung zu Vermögens- und Übergewinnsteuer

Das Meinungsforschungsinstitut Kantar (ehemals Emnid) führte im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung zwischen dem 12. und 15. Dezember 2022 eine repräsentative Umfrage zum Thema Armut, Umverteilung und Steuern durch. Fast drei Viertel der Befragten (73 Prozent) sprachen sich für die Einführung einer Vermögenssteuer aus (26 Prozent waren dagegen). Dem Vorhaben, mit zusätzlichen Kreditaufnahmen vonseiten des Staates höhere Sozialleistungen und Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge zu ermöglichen, stimmten 52 Prozent der Befragten zu (44 Prozent sind dagegen).

Friedensgruppen rufen zu Antikriegs-Aktionen zum Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine auf

Ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen ruft für das Wochenende vom 24. bis 26. Februar 2023 zu gewaltfreien und vielfältigen Protesten gegen den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine sowie gegen das Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung auf. Das Bündnis fordert diplomatische Initiativen seitens der Bundesregierung, EU, UN und OSZE für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen unter Einbeziehung aller relevanten Akteure sowie den Rückzug des russischen Militärs aus der Ukraine. Eine weitere Eskalation bis hin zu einem Atomkrieg müssten verhindert werden; vielmehr sollte der UN-Atomwaffenverbotsvertrag endlich auch von den Atommächten unterzeichnet werden.

Zweierlei Maß: EU unterscheidet im Umgang mit geflüchteten Kindern nach Herkunft

In den EU-Staaten gelten für geflüchtete Kinder, die nicht aus der Ukraine kommen, eingeschränkte Rechte. Sie genießen keine Bewegungsfreiheit, leiden unter den hohen Hürden bei der Familienzusammenführung, erschwertem Zugang zu Bildung und werden oft in nicht-kindgerechten Unterkünften untergebracht. Dass es auch anders geht, macht der Umgang mit ukrainischen Familien klar: Wenn der Wille da ist, können die EU-Staaten zusammenarbeiten, um vor Krieg fliehende Kinder zu schützen.

Ein Jahr Krieg in der Ukraine: Aufnahme, Versorgung und Unterbringung von rund einer Million Geflüchteter war ein enormer Kraftakt

Knapp ein Jahr nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine haben Solidarität und Spendenbereitschaft in Deutschland Hilfsmaßnahmen ermöglicht, die vom Umfang und Tempo historisch sind. Die Diakonie Katastrophenhilfe hat von Spenderinnen und Spendern bisher knapp 68 Millionen Euro für die Ukraine-Nothilfe erhalten. Der Präsident der Diakonie Deutschland betont, wie wichtig die Integration von Geflüchteten für die Geflüchteten selbst und für die Aufnahmegesellschaft ist; sobald das Ankommen gelinge, insbesondere der Eintritt in die Erwerbstätigkeit, stelle die Aufnahme von Geflüchteten auch keine Belastung mehr für die Sozialsysteme dar – hier liege weiterhin die Hauptaufgabe.

Judas (wbl.), 1943/4 Die Opfer Goerdeler und Kreiten

Helga Schubert, Jahrgang 1940, ist Psychotherapeutin und Schriftstellerin aus der DDR. Sie wollte die „Denunziation“ in autoritären Regimen, wie sie sie in der DDR beobachtete, zum Thema machen. Direkt war das als Publikation aussichtslos, also hat sie dafür einen indirekten Zugang gewählt: Sie hat das Thema in die NS-Zeit verlegt…

Warum die Abgabenquote des deutschen Muster-Millionärs nur halb so hoch ist wie die des Durchschnitts-Verdieners

Das Jahrbuch Steuergerechtigkeit illustriert anhand von acht Indikatoren die größten Ungerechtigkeiten im deutschen Steuersystem und zeigt, wie Deutschland als Niedrigsteuerland für Millionäre dazu beiträgt, dass die Reichen trotz aller Krisen immer reicher werden. Während die Durchschnitts-Verdiener-Familie 43 Prozent ihres Gehalts für Steuern und Sozialabgaben aufwendet, sind es bei der Familie eines Muster-Millionärs mit Sozialabgaben nur 24 Prozent – und das sogar dann, wenn die von seinem Unternehmen gezahlten Unternehmenssteuern einberechnet werden. Welche Steuerprivilegien dafür verantwortlich sind, rechnet das Jahrbuch Steuergerechtigkeit an einem detaillierten und typischen Beispiel vor.

Rechtsgutachten: Klimaschutz und -anpassung gehören als Gemeinschaftsaufgaben ins Grundgesetz

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitgliedsgewerkschaften IG BAU und ver.di, die Deutsche Umwelthilfe, Germanwatch, die Klima-Allianz Deutschland, das Klima-Bündnis, das Institut für Kirche und Gesellschaft, Misereor und der WWF fordern nach Vorlage eines Rechtsgutachtens die Bundesregierung und die Bundesländer auf, Kommunen zu kommunalen Klimaschutz- und Klimaanpassungsaufgaben zu verpflichten und diese auch zu finanzieren. Im Gutachten wird herausgearbeitet, dass im bestehenden System der Aufgabenteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sichere und verlässliche Finanzierungswege für Klimaschutz und -anpassung bisher nicht sichergestellt sind.

Studie gibt erstmals systematischen Einblick in Auswirkung und Arbeitsweise der Finanzlobby in Deutschland

Gemessen an der Zahl ihrer Mitgliedsorganisationen und an den Budgets, die ihr zur Verfügung stehen, ist die Finanzlobby eine der einflussreichsten Lobbygruppen in Deutschland. Unter den 100 Organisationen mit den größten Lobbybudgets ist sie die am häufigsten vertretene Branche, noch vor der Autoindustrie. Allein durch das Verhindern der Finanztransaktionssteuer, durch den CumEx-Steuerraub und durch die Bankenrettung im Rahmen der Finanzkrise 2008 sind Schäden in Höhe von rund 341 Milliarden Euro entstanden – wenn eine Lobby derart unverfroren Gesetze und Regulierungsprozesse zum Schaden der Allgemeinheit beeinflussen kann, leidet darunter auch das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie.

Stromkosten belasten Betroffene der Hochwasserkatastrophe 2021 – Diakonie Katastrophenhilfe unterstützt mit Geld aus Härtefall-Fonds

Auch wenn Betroffene des Hochwassers 2021 bereits Leistungen vom Land oder der Versicherung für entstandenen Sachschaden erhalten haben, kann die Diakonie Katastrophenhilfe in besonderen Härtefällen, wie dem erhöhten Energieverbrauch durch Bautrockner oder Heizgeräte, nach sorgfältiger Prüfung mit Spendengeldern helfen. Die finanzielle Unterstützung der Bundesländer für den Wiederaufbau deckt in der Regel nur 80 Prozent der Kosten ab. Über einen Online-Antrag können die Menschen bei der Diakonie Katastrophenhilfe RWL Geld für die verbleibenden 20 Prozent beantragen – abhängig von der Höhe des Schadens an ihrem Wohnraum, der möglichen Förderung des Landes und ihrer finanziellen Bedürftigkeit können ihnen bis zu 25.000 Euro gewährt werden.

Die Hände in den Schoß legen und andere ungestört ihre apokalyptische Arbeit tun lassen? Im Gegenteil!

Andreas Losch und Frank Vogelsang haben ein faszinierendes Kaleidoskop kompetenter und sehr authentischer Stimmen zusammengestellt, die als informativer Gedankenaustausch zwischen Wissenschaft und Theologie gelesen werden können. Der Astrophysiker Heino Falcke zu den Debatten um den Klimawandel: “Eigentlich könnten die Kirchen die großen Verbinder sein, aber auch sie ziehen sich in ihre Milieus zurück, kämpfen mit ihren eigenen Problemen, stellen sich beleidigt in die Schmollecke, richten sich ein in ihrer Bedeutungslosigkeit, spielen eine Zuschauerrolle und keinen stört es mehr.” Hansjörg Hemminger legt dar, warum das sogenannte intelligente Design (ID) keine Naturwissenschaft ist und erinnert: “Die ID-Bewegung entstand nicht aus naturwissenschaftlichen Forschungen. Ihr Ziel war und ist die Durchsetzung eines protestantisch-fundamentalistischen Weltbilds.”

Umweltorganisationen und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie fordern Investitionen in die klimagerechte Transformation aus der Krise

Unser Wirtschaftsmodell hat viel zu lange auf der einseitigen Abhängigkeit von billigen fossilen Importen basiert und uns verletzlich gemacht: als Menschheit, weil Kohle, Öl und Gas die Klimakrise immer weiter anheizen, und als Volkswirtschaft, weil unser Wohlstandsmodell erpressbar ist. Nur mit einer mutigen und entschlossenen Investitionsoffensive in erneuerbare Energien, die auch die Industrie, den Verkehr und die Wärmeversorgung von der Fessel der fossilen Energien befreien kann, können wir unseren Wohlstand sichern und zugleich die Klimakrise begrenzen. Künftige Generationen werden nicht durch eine strikte Schuldenbremse entlastet, sondern durch frühzeitige und faire Investitionen in saubere Technologien und Industrieprozesse, die das Land stabiler und unabhängiger gegen Krisen machen.

Atlas der Migration 2022: Daten und Fakten über Menschen in Bewegung

Migration wird häufig als Bedrohung empfunden, Ängste werden von rechts gezielt geschürt. Der aktuelle Atlas der Migration bietet mit Zahlen und Fakten belegte Informationen zum Thema und trägt damit zu einer Versachlichung der Debatte bei. So kommt es in der Berichterstattung über Migration häufig zu tendenziösen Bebilderungen oder Darstellungen: Riesige Pfeile, die Migrationsbewegungen darstellen, wirken bedrohlich; die Augenscheinlichkeit von Karten bewirkt, dass sie als real und wahr gelesen und nicht im selben Maße wie Texte hinterfragt werden.

Deutschland finanziert mit öffentlichen Mitteln mehr fossile Energieprojekte im Ausland als Saudi-Arabien oder Russland

Die öffentliche Finanzierung fossiler Energien ist eine der Hauptursachen für die Klimakrise. Staatlich unterstützte Finanzierungen tragen dazu bei, das Risiko von fossilen Projekten zu verringern, was Investitionen für private Geldgeber attraktiver macht. In saubere Energie umgelenkt könnte diese öffentliche Unterstützung die internationale Energiewende beschleunigen, die globale Lebenshaltungskostenkrise lindern und die weltweite Abhängigkeit von fossilem Gas verringern.

“Religiöse Vielfalt folgt wiederkehrenden Mustern”

Der Religionswissenschaftler und Theologe Perry Schmidt-Leukel legt einen neuen Vergleich der Weltreligionen Christentum und Buddhismus vor und kommt zu dem Schluss: „Die Betrachtung der internen Vielfalt beider Religionen widerlegt Klischees von absoluter Verschiedenheit.“ Die Beschäftigung mit einer anderen Tradition biete die Chance, Vergessenes der eigenen Religion wiederzuentdecken. In der anderen Religion begegne einem immer auch das Andere aus der eigenen Tradition; damit werde religiöses Blockdenken überwunden und wechselseitiges Lernen ermöglicht.

Der Angriff auf Salman Rushdie zeigt, dass Gesellschaften zwischen Religion, Kunst und Wissenschaft differenzieren müssen

Es ist eine gesellschaftliche Errungenschaft, dass literarische und auch wissenschaftliche Texte nicht als religiöse Texte gelesen und beurteilt werden. Während Religion, Politik und Literatur im “globalen Norden” weitgehend differenzierte Systeme darstellen, mobilisieren “Die satanischen Verse” seit 1989 einen Protest, der die Systemdifferenzierung von Politik, Religion und Kunst nicht anerkennt.

An den Grenzen denken: Ansätze einer Brückentheologie zwischen Buddhismus und Christentum

Letztlich kann sich keine Religion auf eine ihr speziell zukommende und allein gültige Offenbarung berufen. Die Religionen sind ein menschheitliches Gesamtgeflecht mit Erscheinungen unterschiedlicher Art und Qualität, mit unterschiedlicher Nähe zu Vernunft und Humanität. Das alles ist der Gesprächsarbeit zwischen den Religionen wert; und es schließt nicht aus, dass jede Religion zunächst in ihrem eigenen Hause lebt und dieses als die ihr speziell zukommende Offenbarung betrachtet und schätzt.

Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages wirbt für neue Rollenverständnisse in der evangelischen Kirche

Die evangelische Kirche steht sich selbst im Weg mit ihrem Amtsverständnis und Kirchenordnungen, die noch aus einer Zeit resultieren, in der man durch Sitte und Tradition Kirchenmitglied war. Durch Austritte transformiert sich die evangelische Kirche hin zu einer Kirche der Freiwilligkeit und des mündigen Bekennens. Damit diese Transformation gelingt und sich das große Potential einer solchen Gemeinschaft freiwillig Engagierter voll entfalten kann, braucht es schon jetzt eine “hörende Kirche und ein dienendes Hauptamt”.


Heiderose Gärtner-Schultz

Die hohe Kunst des Nicht-Antwortens oder die unsinnige Art der Nicht-Kommunikation

Alle Engagierten müssen mit Ablehnung leben, so auch ich – aber diese hätte ich dann gerne – das muss doch der Mühe wert sein. Wie jeder Mensch ein Gegenüber braucht, so braucht auch jedes Wort die Antwort. (Essay, Oktober 2021)


Rechte Christen instrumentalisieren Theologie für ihre Gesellschaftsordnung

Innerhalb der Neuen Rechten bewegen sich religiöse Gruppierungen, die ihre politische Meinung auch theologisch zu unterfüttern versuchen. Neurechte Christen inszenieren sich als Widerstand gegen eine moderne, plurale und individualistische Gesellschaft. Ihre Kritik an modernen Gesellschaften begründen sie etwa mit der Vorstellung von einer festen Schöpfungsordnung, dazu gehören neben dem klassischen Ehe- und Familienverständnis die ständische Gliederung der Gesellschaft und die Einteilung der Menschen in unterschiedliche Völker, fest verteilt über den Erdball; dies alles sei von Gott gefügt und damit unveränderlich.