Szenarien zu Sterben, Tod und Trauer im Jahr 2045

 

Es geht um Tod und Sterben in der Zukunft. Wie kann diese Endlebensphase aussehen? Was sich für mich heute schon andeutet, ist, dass einmal die Versorgung der Sterbenden in der Endphase des Lebens immer teuer wird. Und dass es eine immer größere Anzahl von Menschen in Deutschland ‑ zum Beispiel die Babyboomergeneration ‑ geben wird, die sterben, und die Medizin hat die Möglichkeit, das Leben durch Medikamente und medizinische Einsätze zu verlängern, was kostenintensiv ist. Gleichzeitig wird aus meiner Sicht der Tod zunehmend verdrängt, und die Forschung lässt uns wissen, dass ein Lebensalter von 120 Jahren problemlos erreicht werden kann. Meine Überlegungen zum Thema lassen mich gespannt sein, was die Autorinnen zum Thema beitragen können:

Wolfgang George, Karsten Weber (Hg.), „Wie werden wir in Zukunft sterben? Szenarien zu Sterben, Tod und Trauer im Jahr 2045“, Psychosozial-Verlag, Gießen, 2023, 331 Seiten, Broschur, 44,90 Euro.

Das Buch setzt sich mit dem Sterben im Jahr 2045 auseinander. Eine fiktive Jahreszahl – es geht um das Sterben in der Zukunft. Expert*innen aus unterschiedlichen Handlungsfeldern und wissenschaftlichen Disziplinen entwickeln Szenarien, wie Sterben, Tod und Trauer in Zukunft aussehen werden. Mit Vorworten von Reimer Gronemeyer und Hermann Gröhe versehen, gliedert sich die Auseinandersetzung in drei Kapitel:

  • Gesellschaftliche Ausgangslage
  • Patientenversorgung
  • Digitalisierung.

„Neben der Institutionalisierung des Lebensendes sind zwei weitere Faktoren hinzugekommen, die das Lebensende mehr und mehr zu einer Angelegenheit von Experten gemacht haben: Die Medikalisierung und die Ökonomisierung des Sterbens“ (S. 10), schreibt Gronemeyer. Torsten Benkel spricht von Sterbevermeidungsgesellschaft (S. 39). „In einer Lebensgesellschaft ist Sterben ist ein „Systemproblem“, das versachlicht werden und dabei sogar „vermenschlicht“ sein kann.“ (S.45)

Im Bereich der digitalisierten Intensivbehandlung werden weitere Fortschritte erwartet, die die persönliche, haptische Zuwendung nicht vollständig ersetzen kann. „Feinere, weniger invasive Messungen von Schmerzen, Angst und Schwindel und die entsprechende Behandlung können das Wohlbefinden der sterbenden Person fördern. Durch automatisch bereitgestellte Informationen zu persönlichen und religiösen Wünschen könnte das Behandlungsteam seine Begleitung sehr individuell anpassen. (S. 138)

Im Jahr 2045 wird die Hospizbewegung ihr 100-jähriges Jubiläum feiern. Was wird dann sein? Sie wird sich um das Ziel bemühen, dass das Ende des Lebens ein Teil des Lebens ist (S.162). Selbstbestimmtes Leben wird in Zukunft immer stärker auch selbstbestimmtes Sterben fordern. Wie kann dies aussehen? (213ff)

Sterben und Tod gehören zum Leben, und sie bestimmen unser Leben. Wie kann eine menschliche Gesellschaft dieses Thema ventilieren, damit es bei vielen Menschen ins Bewusstsein drängt? Ein Buch, das anregt, sich mit den wichtigen Dingen des Lebens zu beschäftigen und hilft über das Jetzt hinauszudenken.

Dr. Heiderose Gärtner-Schultz

www.gaertner-schultz.de