Finanz: Soziale Gerechtigkeit

Bündnis Kindergrundsicherung räumt Mythen ab
Die Verhandlungen der Bundesregierung zur Einführung einer Kindergrundsicherung sind derzeit umfangreich Gegenstand öffentlicher Debatten, in denen immer wieder Mythen und Vorurteile zur Kindergrundsicherung und Armutsbetroffenheit kursieren. Diesen stellt sich das Bündnis Kindergrundsicherung mit einer Zusammenstellung von Fakten: So belegen seit vielen Jahren Studien immer wieder, dass Familien zusätzliches Geld vom Staat für ihre Kinder ausgeben, und es gibt keine belastbaren empirischen Belege, dass finanzielle Leistungen des Staates für Kinder nicht bei den Kindern ankommen. Derzeit sind in Deutschland fast drei Millionen Kinder von Armut betroffen oder bedroht – mehr als jedes fünfte Kind.
Wie gerecht ist Deutschland? – Pilotprojekt zu Bürger:innenrat startet im Mai 2023 und sucht Teilnehmende
Beim Thema Gerechtigkeit und Steuern stehen sich oft zwei Lager unversöhnlich gegenüber. Das Netzwerk Steuergerechtigkeit will daher mit möglichst repräsentativ ausgewählten Bürger:innen und professioneller Moderation lagerübergreifend und konstruktiv über die wichtigsten Sorgen und Lösungsvorschläge debattieren. Die Ergebnisse sind zentraler Bestandteil einer Machbarkeitsstudie, die das Netzwerk im Sommer an die Politik übergeben will.
Attac veröffentlicht Unterrichtsmaterialien in Schulbuch-Verlag
Attac möchte Menschen mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen darin stärken, politisch-ökonomische Prozesse zu verstehen und sich an ihrer demokratischen Gestaltung zu beteiligen. Mit seinen Materialien tritt Attac der Flut einseitiger Angebote von Konzernen und unternehmensnahen Lobbygruppen entgegen; nun erscheint erstmals eine umfangreiche Sammlung in einem Fachverlag für politische und ökonomische Bildung. Das Bildungsmaterial des globalisierungskritischen Netzwerks umfasst unter anderem Themen wie Arbeit und Kapital, globale Arbeitsverhältnisse, Gemeingüter, Finanzmärkte, Handelspolitik, Klimagerechtigkeit sowie Steuerpolitik und soziale Gerechtigkeit.
Repräsentative Umfrage zeigt wachsende Existenzängste und hohe Zustimmung zu Vermögens- und Übergewinnsteuer
Das Meinungsforschungsinstitut Kantar (ehemals Emnid) führte im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung zwischen dem 12. und 15. Dezember 2022 eine repräsentative Umfrage zum Thema Armut, Umverteilung und Steuern durch. Fast drei Viertel der Befragten (73 Prozent) sprachen sich für die Einführung einer Vermögenssteuer aus (26 Prozent waren dagegen). Dem Vorhaben, mit zusätzlichen Kreditaufnahmen vonseiten des Staates höhere Sozialleistungen und Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge zu ermöglichen, stimmten 52 Prozent der Befragten zu (44 Prozent sind dagegen).
Vor dem Hintergrund der tief greifenden Transformation ist ein leistungsfähiger Staat wichtiger denn je
Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi fordert “die Revitalisierung staatlicher Handlungsfähigkeit und Investitionen in das Sicherheitsversprechen des Sozialstaates”. 2023 müsse das Jahr werden, “in dem die Weichen für soziale und wirtschaftliche Resilienz gestellt werden”. “Es ist an der Zeit, die wirklichen Spitzenverdiener und insbesondere Vermögende in die Pflicht zu nehmen”, ergänzt ihr Vorstandskollege Stefan Körzell; die ausgesetzte Vermögensteuer müsse wiederbelebt und angesichts der aktuellen Krisenlasten eine zusätzliche einmalige Vermögensabgabe eingeführt werden.
Ungleichheit reduzieren, sozial-ökologischen Umbau finanzieren: Attac präsentiert umfassendes Steuerkonzept
Seit den 1980er-Jahren wächst die Ungleichheit in Deutschland. Der Anteil der ärmeren Hälfte der Bevölkerung am Gesamtvermögen ist von fünf auf unter zwei Prozent zusammengeschrumpft, gleichzeitig ist das Vermögen von Milliardär*innen allein im Corona-Jahr 2020 um 40 Prozent gewachsen. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac legt ein Diskussionspapier für ein Steuersystem vor, mit dem Ungleichheit abnehmen und die Finanzierung einer sozialen, ökologischen und zukunftsfähigen demokratischen Gesellschaft möglich werden soll.
Ausbildungsreport belegt Mängel in Ausbildung und Berufsorientierung
Nicht einmal mehr jedes fünfte Unternehmen bildet hierzulande noch aus, dem gegenüber steht ein enormes Potential an jungen Menschen die keine Ausbildung finden. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack fordert, dass die Bundesregierung aktiv wird und schnellstens die im Koalitionsvertrag angekündigte Ausbildungsgarantie einführt. Die Ausbildungsgarantie müsse umlagefinanziert werden, um die Unternehmen anzureizen, wieder mehr Ausbildungsplätze zu schaffen und die Ausbildungskosten unter allen Unternehmen fair zu verteilen.
Internationale Studierende aus der Ukraine brauchen Perspektive auf Fortsetzung ihres Studiums in Deutschland und der EU
Etwa 60.000 internationale Studierende waren nach UNESCO-Angaben unmittelbar vor Beginn des Krieges an ukrainischen Hochschulen eingeschrieben. Der Krieg Putins gegen die Ukraine hat auch sie erschüttert und ihre Lebensplanung zerstört. Aus humanitären Gründen, und mit Blick auf den bereits zunehmenden Mangel an Fachkräften sowie unter Berücksichtigung entwicklungspolitischer Erwägungen, müsse allen aus der Ukraine nach Deutschland geflüchteten internationalen Studierenden jetzt ausreichend Zeit zur Orientierung gegeben und die Gelegenheit eingeräumt werden, sich ohne Ausreisedruck um die Fortsetzung ihres Studiums an einer deutschen oder einer Hochschule in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zu bemühen, fordern mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen.
CETA entspricht weiterhin nicht den Ansprüchen an ein progressives Handelsabkommen
Das Bundesverfassungsgericht hat im März 2022 sein Urteil zu mehreren Verfassungsbeschwerden gegen das europäisch-kanadische Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) verkündet und sichergestellt, dass Entscheidungen der CETA-Ausschüsse demokratisch an die Bundesregierung und den Bundestag rückgebunden sein müssen. Der DGB erinnert daran dass die frühere Bundesregierung und die Europäische Kommission bei Vertragsabschluss versprochen hatten, etwa das Nachhaltigkeitskapitel deutlich nachzubessern, um alle Beschäftigten vor negativen Auswirkungen des Abkommens zu schützen. Das in CETA bisher enthaltene Nachhaltigkeitskapitel ist schwach, es enthält keine durchsetzbaren Rechtsmittel, um Verstöße gegen Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, gegen Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern oder bei Verstößen gegen Umweltschutzvorschriften effektiv zu ahnden.
Union-Busting privater Gesundheits- und Pflegekonzerne und gewerkschaftliche Gegenwehr
Der Einfluss von branchenfremden Finanzinvestoren verschärft den Widerspruch zwischen dem Interesse an einem bedarfsgerechten Gesundheitssystem von Beschäftigten, Patient*innen sowie Pflegebedürftigen und den Zuständen im Pflege- und Gesundheitssektor weiter. Ein neuer Trend besteht in der steigenden Zahl von Übernahmen von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen durch Private-Equity-Gesellschaften, wie eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung deutlich macht. Private Klinikketten und Pflegekonzerne betrachten gewerkschaftliche Mitbestimmung, Tarifverträge, gute Löhne und Arbeitsbedingungen als Wettbewerbsnachteil, was in vielen Fällen Tarifflucht und Lohndumping zur Folge hat.
Repräsentative Umfrage: Mehrheit hält unser Wirtschaftssystem für ungerecht und verlangt umfassende Reformen
Eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts Splendid Research im Auftrag von Oxfam Deutschland zeigt: Nur jeder Fünfte in Deutschland ist davon überzeugt, dass unser Wirtschaftssystem sozial gerecht ist, eine Mehrheit verlangt umfassende Reformen. Über dreiviertel der Befragten finden, dass große Konzerne zu viel Einfluss auf die Politik ausüben und 71 Prozent wollen, dass die Politik die Macht großer Unternehmen begrenzt. Was im Einzelnen nötig ist, um unsere Wirtschaft sozial und ökologisch gerecht zu gestalten, beschreibt ein neuer Bericht, den Oxfam, das Europäische Umweltbüro (EEB) und das “forum für internationale entwicklung und planung” (finep) anlässlich des World Earth Day 2021 veröffentlichen.
Gute Infrastrukturen sichern: qualitativ hochwertig und zugänglich für alle
Nach Jahren einer “Republik auf Verschleiß” zeigt die Heinrich-Böll-Stiftung mit ihrem “Infrastrukturatlas 2020” massive Investitionsbedarfe in die Erneuerung von Infrastrukturen auf. Wenn Infrastrukturen fehlen oder versagen, geht dies zu Lasten der Schwächsten in der Gesellschaft; wenn sie ökologisch nicht nachhaltig sind, zu Lasten der künftigen Generationen. So sind Infrastrukturen an den Kriterien Nachhaltigkeit, soziale Ausgewogenheit und regionale Angemessenheit zu bewerten, wobei es einer breiten Beteiligung bedarf, um auch Großprojekte verlässlich umzusetzen.
Das reichste ein Prozent schädigt das Klima doppelt so stark wie die ärmere Hälfte der Welt
Der Bericht “Confronting Carbon Inequality” wertet aus, für wie viel CO2-Ausstoß einzelne Einkommensgruppen im Zeitraum zwischen 1990 und 2015 verantwortlich sind, in dem sich die klimaschädlichen Emissionen weltweit verdoppelt haben. Für diesen Anstieg sind insbesondere die reichsten 10 Prozent verantwortlich, nicht die globale Mittelklasse, wie häufig angenommen wird. Ungleichheit spielt für die Beschleunigung der Klimakrise eine entscheidende Rolle, Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und den klimagerechten Umbau der Wirtschaft dienen dem Wohl aller.
Agenda 2030 – Stellungnahme zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie
Das Netzwerk Agenda 2030 fordert die Bundesregierung auf, die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie endlich zur Maxime deutscher Politik zu erheben und schlägt in einer aktuellen Stellungnahme konkrete Maßnahmen vor, die besonders geeignet sind, Nachhaltigkeit im jeweiligen Politikfeld voranzubringen. Die Handelspolitik der Bundesregierung trage durch ihre extreme Exportorientierung zu einem wachsenden Niedriglohnsektor in Deutschland und zu Arbeitsplatzverlusten in den Defizitländern bei. Betroffen seien vor allem die Landwirtschaft und der Dienstleistungssektor: Es sei nicht notwendig, dass deutsche Schweinehälften in alle Welt exportiert würden, nachhaltig wäre ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht, auf das die Bundesregierung im Zuge der Corona-Pandemie hinarbeiten sollte.
Attac Deutschland: Jetzt sozial-ökologische Transformation und Aufbau eines gemeinwohlorientierten Gesundheitssystems angehen!
Menschen zu helfen, ist der Zweck eines Gesundheitssystems – nicht Profite für private Krankenhauskonzerne zu erzielen. Die Corona-Pandemie zeigt, wie dringend wir auf grundlegende gesellschaftliche Einrichtungen in öffentlicher Hand angewiesen sind, die nicht nach dem Profitprinzip agieren. Das Netzwerk Attac fordert unter anderem ein Investitionsprogramm für den sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft, insbesondere und dringend für den Ausbau eines auf flächendeckende Versorgung ausgerichteten Gesundheitswesens.
Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von MISEREOR, zum Welttag der sozialen Gerechtigkeit am 20. Februar 2020
>Wenn wir erkennen, dass nachholende Entwicklung oder Sozialpolitik als Verteilung von Wirtschaftswachstum nicht mehr ausreichen, dann muss soziale Gerechtigkeit neu ausbuchstabiert werden, brauchen wir modernere Konzepte auch im Lichte der ökologischen Herausforderungen unserer Zeit. Wir benötigen den Mut, neue Antworten für neue Herausforderungen zu suchen. Dafür ist eine wache und zum Dialog fähige Zivilgesellschaft von höchster Bedeutung.
Deutscher Gewerkschaftsbund: Sachverständigenrat verspielt die Zukunft
Die Verteilungssituation in Deutschland sei alles andere als gerecht, so der Deutsche Gewerkschaftsbund. Dass sich die Mehrheit der Sachverständigen beim vorgelegten Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung 1919/20 alle Mühe gebe, die enorme Ungleichheit bei Vermögen und Einkommen in Deutschland kleinzurechnen, grenze an Klientelpolitik. Mit den Vorschlägen des Sachverständigenrates werde der Strukturwandel nicht gemeistert, sondern die Zukunft des Landes aufs Spiel gesetzt.
Oxfam-Kommentar zum G7-Gipfel in Biarritz: Große Worte, keine Taten
Den vielversprechenden Worten vor dem G7-Gipfel im August 2019 in Biarritz folgen keine Taten. Einige der Staats- und Regierungschefs hatten kein Interesse daran, Themen wie soziale Ungleichheit oder den Klimawandel ernsthaft anzupacken. Der komplexen Problemlage sicherheitspolitisch beikommen zu wollen, ist reine Symptombehandlung und wird wirkungslos bleiben; nötig sind vielmehr umfassende entwicklungspolitische Ansätze mit Fokus auf den Kampf gegen soziale Ungleichheit.
Bericht zur sozialen Ungleichheit: Superreiche gewinnen 2,5 Milliarden Dollar pro Tag, die Hälfte der Weltbevölkerung wird ärmer
In den zehn Jahren seit der Finanzkrise hat sich die Zahl der Milliardär*innen weltweit nahezu verdoppelt. Allein im vergangenen Jahr ist ihr Vermögen um rund 900 Milliarden US-Dollar gewachsen, das sind 2,5 Milliarden Dollar pro Tag. Der Oxfam-Bericht “Public Good or Private Wealth” zeigt den Zusammenhang zwischen den horrenden Vermögenszuwächsen der Reichsten und der Unterfinanzierung bei öffentlichen Angeboten in den Bereichen Bildung, Gesundheit und sozialer Sicherung auf und macht deutlich, warum darunter insbesondere Frauen und Mädchen leiden.
Soziale Ungleichheit ist Folge politischer Entscheidungen
Oxfam hat gemeinsam mit dem Netzwerk “Development Finance International” im Vorfeld der Herbsttagung von IWF und Weltbank den “Commitment to Reducing Inequality Index” (CRI-Index) veröffentlicht. Zwar belegt Deutschland einen zweiten Platz. Doch weist der Index auf tiefgreifende Mängel bei der Bildungsfinanzierung, der Steuerprogression, wirklicher Gleichstellung von Frauen und Männern sowie bei den Mindestlöhnen hin.
Oxfam-Bericht: Deutschland weist nach Litauen die zweithöchste Ungleichheit innerhalb der Eurozone auf
Das Vermögen des reichsten Prozents der deutschen Bevölkerung wuchs zwischen 2016 und 2017 um 22 Prozent, das der ärmeren Hälfte um lediglich drei Prozent. Um das Jahreseinkommen eines Vorstandsvorsitzenden eines DAX-Konzerns zu verdienen, müsste eine durchschnittliche Arbeitnehmerin/ein durchschnittlicher Arbeitnehmer in Deutschland 157 Jahre arbeiten. Oxfam Deutschland kommentiert: „Die massive soziale Ungleichheit ist ein Krankheitssymptom unseres Wirtschaftssystems, nicht etwa ein Zeichen gesunden Wachstums. Eine reiche Minderheit nimmt massiv Einfluss auf politische Entscheidungen.“