Wie gerecht ist Deutschland? – Pilotprojekt zu Bürger:innenrat startet im Mai 2023 und sucht Teilnehmende

 

Beim Thema Gerechtigkeit und Steuern stehen sich oft zwei Lager unversöhnlich gegenüber. Das Netzwerk Steuergerechtigkeit will daher mit möglichst repräsentativ ausgewählten Bürger:innen und professioneller Moderation lagerübergreifend und konstruktiv über die wichtigsten Sorgen und Lösungsvorschläge debattieren. Die Ergebnisse sind zentraler Bestandteil einer Machbarkeitsstudie, die das Netzwerk im Sommer an die Politik übergeben will.

(Berlin, 28. März 2023) Erstmals beauftragt der Bundestag in dieser Legislaturperiode drei Bürger:innenräte; das Thema für den ersten Bürger:innenrat soll in Kürze veröffentlicht werden. Nun startet ein Pilotprojekt, das gemeinsam mit möglichst repräsentativ ausgewählten Teilnehmenden die Fragestellung für einen möglichen Bürger:innenrat zum Thema „Gerechtigkeit und Steuern“ erarbeitet.

„Wir hören in unzähligen Gesprächen immer wieder: Die Menschen fühlen, dass es ungerecht zugeht in Deutschland. Für eine Debatte über Lösungen fehlt aber oft das Vorwissen und die Zeit. Viele fühlen sich ungehört und wenden sich ab. Ein Bürger:innenrat kann das ändern und Deutschland dadurch ein gutes Stück gerechter machen“, erklärt Christoph Trautvetter, Koordinator des Netzwerk Steuergerechtigkeit und Initiator der Machbarkeitsstudie.

Für die wahrgenommene Ungerechtigkeit in Deutschland gibt es laut Studien viele Gründe: Fehlende Leistungsgerechtigkeit, hohe Vermögensungleichheit, gravierende Unterschiede im CO₂-Verbrauch und anhaltende Ungerechtigkeiten zwischen den Geschlechtern. Während sich Bürger:innen und Expert:innen beim Ziel von mehr sozialer Gerechtigkeit grundsätzlich einig sind, ist der Weg dorthin oft unklar und umstritten. Eine öffentliche Debatte dazu ist schwierig, denn das wichtigste Werkzeug – das Steuersystem – ist hochkomplex und für Laien ohne Einführung schwer zu verstehen.

Die vom Netzwerk Steuergerechtigkeit initiierte Machbarkeitsstudie soll nun klären, inwiefern das Thema für einen Bürger:innenrat geeignet ist. 25 möglichst repräsentativ ausgewählte Menschen erarbeiten dabei eine Empfehlung für die Fragestellung des Bürger:innenrats.

  • An drei Abenden im Mai, jeweils von 18 bis 21 Uhr, kommen die Teilnehmenden dafür online zusammen.
  • Vorkenntnisse sind nicht notwendig; registrieren kann sich jede interessierte Person ab 16 Jahren auf buergerrat-zukunft-steuern.de.
  • Aus den interessierten Personen werden 25 Menschen dann so ausgelost, dass sie die deutsche Bevölkerung bestmöglich abbilden.
  • Die Teilnehmenden erhalten eine Aufwandsentschädigung von 100 Euro.

Projektleiter Dr. Nikolas Schöll ergänzt: „Beim Thema Gerechtigkeit und Steuern stehen sich oft zwei Lager unversöhnlich gegenüber. Wir wollen deswegen mit möglichst repräsentativ ausgewählten Bürger:innen und professioneller Moderation lagerübergreifend und konstruktiv über die wichtigsten Sorgen und Lösungsvorschläge debattieren. Die Ergebnisse sind zentraler Bestandteil unserer Machbarkeitsstudie, die wir im Sommer an die Politik übergeben wollen.“

Dank Expert:innen-Inputs und moderierter Deliberation (Diskussion) schaffen Bürger:innenräte ein Debattenumfeld, in dem hohe Informationsbarrieren überwunden werden und konstruktiv an einem breiten gesellschaftlichen Konsens über geeignete Maßnahmen für eine gerechtere Gesellschaft gearbeitet wird.

In Deutschland tagten bereits mehrere Bürger:innenräte, unter anderem zur Klima- und Außenpolitik. Erstmals werden diese nun offiziell vom Bundestag beauftragt. Vorbilder dabei sind unter anderem Frankreich und Irland. In Frankreich tagte 2021 ein von Präsident Macron einberufener Bürger:innenrat Klima, der weitgehende Klimaschutzmaßnahmen empfahl. In Irland sind Bürger:innenräte mit Verfassungsreferenden verknüpft: So wurde beispielsweise die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert, nachdem ein Bürger:innenrat dies empfohlen und in einer nationalen Volksabstimmung dafür votiert wurde.

Finanziert wird die Machbarkeitsstudie zum Bürgerrat ZUKUNFT:STEUERN von der Robert-Bosch-Stiftung.