Klimakrise fordert Umdenken: Diakonie Katastrophenhilfe appelliert an Verantwortung

 

Die hohe Zahl hungernder Menschen und die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels machen weltweit mehr humanitäre Hilfe nötig. Die geplanten Kürzungen der Bundesregierung bei der Humanitären Hilfe seien angesichts der aktuellen Lage rückwärtsgewandt und kurzsichtig, kritisiert die Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe; in Anbetracht der Klimakrise brauche es mehr Bereitschaft für umfangreiche und vorausschauende Hilfe. Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Diakonie Katastrophenhilfe befürworten 51 Prozent der Menschen in Deutschland, dass Verursacherländer für klimabedingte Schäden und Verluste bei ärmeren Ländern finanziell aufkommen, lediglich ein Drittel lehnt das ab.

(Berlin, 27. Juli 2023) Erstmals in der Geschichte des evangelischen Hilfswerks Diakonie Katastrophenhilfe haben die Gesamtausgaben für Hilfsprojekte die Marke von 100 Millionen Euro überschritten. Ausschlaggebend für das Ergebnis waren die Solidarität und Spendenbereitschaft im Zuge des Ukrainekriegs. „Es bestätigt das Vertrauen in die Diakonie Katastrophenhilfe, aber auch die vielfältigen humanitären Aufgaben, die uns weltweit fordern. Dazu gehören auch Katastrophen infolge des Klimawandels“, sagt Dagmar Pruin, Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe. Deutliche Kritik übt sie an den geplanten Haushaltskürzungen für Humanitäre Hilfe.

Die hohe Zahl hungernder Menschen und die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels machen mehr humanitäre Hilfe nötig. „Die geplanten Kürzungen der Bundesregierung bei der Humanitären Hilfe sind in Anbetracht der aktuellen Lage rückwärtsgewandt und kurzsichtig“, kritisiert Dagmar Pruin bei der Jahrespressekonferenz der Diakonie Katastrophenhilfe in Berlin. Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2024 sieht Kürzungen bei humanitären Hilfsmaßnahmen im Ausland um fast eine Milliarde Euro vor. „Wer ein so wichtiges Budget um ein Drittel reduziert, kürzt nicht, sondern betreibt Kahlschlag“, sagt Dagmar Pruin.

Stattdessen brauche es in Anbetracht der Klimakrise mehr Bereitschaft für umfangreiche und vorausschauende Hilfe. „Auf dem letzten Klimagipfel haben die Verursacher der Klimakrise ihre Verantwortung eingeräumt und einen Fonds für Schäden und Verluste beschlossen. Dieser muss zügig und verlässlich finanziert werden“, so Dagmar Pruin. Auch eine Mehrheit der Menschen in Deutschland sieht die Verantwortung:

„Es braucht zusätzliche Mittel, um die Folgen klimabedingter Katastrophen zu bewältigen. Dieses Geld darf nicht aus bestehenden Töpfen genommen werden, die schon heute zu wenig enthalten, um den humanitären Hilfsbedarf weltweit zu decken“, sagt Dagmar Pruin.

Allein bei Erdbeben im Februar dieses Jahres starben in der Türkei und Syrien mehr als 56.000 Menschen. Die Katastrophe war eine von vielen, welche die Arbeit der Diakonie Katastrophenhilfe in den vergangenen Jahren bestimmt haben. Vor allem der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine war einschneidend: Fast die Hälfte der knapp 68 Millionen Euro Spenden für die Ukraine wurden im Jahr 2022 für mehr als 30 Hilfsprojekte in der Ukraine und zwölf Nachbarländern ausgegeben.

Als besorgniserregend stuft Martin Keßler, Direktor der Diakonie Katastrophenhilfe, die Situation in zahlreichen Konflikt- und Krisenländern ein. „In Afghanistan oder Somalia treffen klimabedingte Katastrophen auf bestehende Krisen und Konflikte. Sie verstärken Not und Leid in einem enormen Ausmaß.“ Nach über drei Jahren Dürre haben laut UN-Angaben in Ostafrika mehr als 30 Millionen Menschen nicht genug zu essen. In Afghanistan haben die Taliban den Handlungsspielraum für internationale humanitäre Hilfsorganisationen weiter eingeschränkt – auf Kosten der leidenden Bevölkerung.

Partnerorganisationen sind das Rückgrat für die Arbeit der Diakonie Katastrophenhilfe. 116 lokale und nationale Partner haben die weltweite Hilfe im vergangenen Jahr umgesetzt. Besonders in der Katastrophenvorsorge und der vorausschauenden Hilfe sei ihre Präsenz fundamental. „Zusammen mit lokalen Partnern in Somalia, der Demokratischen Republik Kongo und Mosambik haben wir innerhalb eines schwierigen Kontexts wegweisende Erfahrungen gemacht. Die Lokalisierung der Hilfe wollen wir in den kommenden Jahren ausbauen, um klimabedingte Schäden auch in komplexen Krisenregionen bewältigen zu können“, sagt Martin Keßler.

Einnahmen und Ausgaben im Jahr 2022

Die Diakonie Katastrophenhilfe hat ihre Spendeneinnahmen mit 97,4 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr um fast die Hälfte gesteigert. Die Gesamteinnahmen der Diakonie Katastrophenhilfe lagen mit 134,8 Millionen Euro um rund ein Drittel höher als im Vorjahr. Die Gesamtausgaben lagen bei 114 Millionen Euro, von denen 91,3 Prozent auf Projektausgaben entfielen. Auch die zweckungebundenen Spenden, die flexibel für schnelle Nothilfe oder in sogenannten „vergessenen Katastrophen“ wichtig sind, stiegen um mehr als 20 Prozent auf 18,1 Millionen Euro. Freie Eigenmittel ermöglichten 2022 ein spezielles Hilfsprogramm gegen den Hunger im Umfang von sieben Millionen Euro in sieben Ländern. 125 Hilfsprojekte in Höhe von 104,2 Millionen Euro konnten in 41 Ländern finanziell unterstützt werden. Der Anteil von Werbung, Verwaltung und satzungsgemäße Öffentlichkeitsarbeit an den Gesamtausgaben ist auf 6,9 Prozent gesunken.

Der Jahresbericht 2022 der Diakonie Katastrophenhilfe steht über diesen Link zum Download als PDF bereit.