Ungleichheit reduzieren, sozial-ökologischen Umbau finanzieren: Attac präsentiert umfassendes Steuerkonzept

 

Seit den 1980er-Jahren wächst die Ungleichheit in Deutschland. Der Anteil der ärmeren Hälfte der Bevölkerung am Gesamtvermögen ist von fünf auf unter zwei Prozent zusammengeschrumpft, gleichzeitig ist das Vermögen von Milliardär*innen allein im Corona-Jahr 2020 um 40 Prozent gewachsen. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac legt ein Diskussionspapier für ein Steuersystem vor, mit dem Ungleichheit abnehmen und die Finanzierung einer sozialen, ökologischen und zukunftsfähigen demokratischen Gesellschaft möglich werden soll.

(Frankfurt am Main, 6. Oktober 2022) Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat ein umfassendes Diskussionspapier für ein gerechtes Steuersystem veröffentlicht. Das Konzept, mit dem Ungleichheit abnehmen und die Finanzierung einer sozialen, ökologischen und demokratischen Gesellschaft möglich werden soll, wurde von der bundesweiten Arbeitsgruppe Finanzmärkte und Steuern anknüpfend an Vorschläge von internationalen Ökonom*innen wie Piketty, Saez und Zucman verfasst. Es berücksichtigt auch die aktuellen Diskussionen über eine Übergewinnsteuer.

Seit den 1980er-Jahren wächst die Ungleichheit in Deutschland. So ist der Anteil der ärmeren Hälfte der Bevölkerung am Gesamtvermögen von fünf auf unter zwei Prozent zusammengeschrumpft. Gleichzeitig ist das Vermögen von Milliardär*innen allein im Corona-Jahr 2020 um 40 Prozent gewachsen. „Wenn nur noch 17 Prozent der Deutschen glauben, es gäbe Verteilungsgerechtigkeit in Deutschland, dann ist es Zeit zu handeln“, kommentiert Karl-Martin Hentschel, Mitautor des Konzepts.

„Während sich viele Menschen Gedanken machen, wie sie über den Winter kommen sollen, fahren Konzerne und deren Vorstände Rekordgewinne ein. Das ist auch eine Gefahr für unsere Demokratie!“, so Alfred Eibl, Mitglied des Attac Koordinierungskreises. Um der wachsenden Ungleichheit etwas entgegenzusetzen, fordert Attac Ziele für die maximal zulässige Ungleichheit im Grundgesetz zu verankern. Weiterhin schlagen die Autor*innen mittelfristige Ziele für die Begrenzung der Höchsteinkommen nach Steuern auf das Hundertfache des Mindestlohnes sowie die Begrenzung des maximalen Vermögens auf 20 Millionen Euro pro Person vor.

Um diese Ziele zu erreichen, sind nach den Rechnungen der Autor*innen ein Spitzensteuersatz von 90 Prozent für Jahreseinkommen ab 40 Millionen Euro und von 20 Prozent für Vermögen ab einer Milliarde Euro erforderlich. Das Papier macht dazu Vorschläge, wie diese Ziele ohne Beeinträchtigung der Finanzstruktur von Firmen erreicht werden kann.

Darüber hinaus enthält das Konzept Vorschläge für eine Dezentralisierung des Steuersystems, eine Neuordnung der Steuerverwaltung, eine Neuordnung der Steuern und Abgaben für Umwelt, Klima und Verkehr, eine einheitliche Finanzierung der Abgaben für das Sozialsystem und eine Weiterentwicklung des Steuerstrafrechts.

Beispiele: Steuern und Abgaben auf Umsätze und Verbrauch

  • Mehrwertsteuer: Die Mehrwertsteuer soll beibehalten werden. Wie bisher soll die Miete und künftig auch die pflanzlichen Grundnahrungsmittel mehrwertsteuerfrei sein. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz wird abgeschafft.
  • Finanztransaktionssteuer: Es soll eine Finanztransaktionssteuer von 0,5 Prozent auf alle Finanztransaktionen im Handel mit Aktien, Anleihen und Devisen sowie von 0,1 Prozent auf den Nominalwert von Derivaten eingeführt werden.
  • Klimaabgaben: Klimaabgaben sollen auf alle Treibhausgase entsprechend ihrer Treibhauswirkung erhoben werden mit einem Basiswert für 2020 von 50 Euro pro Tonne CO2-Äquivalent und einer jährlichen Steigerung von 10 Euro. Die Steigerung kann aufgrund einer jährlichen Evaluation variiert werden. Die Einnahmen aus der Klimaabgabe sollen pro Kopf in Form eines Bürgergeldes zurückgezahlt werden.
  • Luxussteuern: Echte Luxussteuern auf Waren, die fast ausschließlich von der Oberschicht gekauft werden (teurer Schmuck, teure Wagen, teure Yachten, Kunstwerke und so weiter oberhalb einer Luxusschranke) sollten eingeführt werden, gegebenenfalls als erhöhter Mehrwertsteuersatz.

Das vollständige Diskussionspapier „Steuern, Abgaben und Umverteilung“ steht über diesen Link zum Download als PDF bereit.