Schöne neue Medienwelt

 

Der Medienwissenschaftler Dr Wolfgang Pensold, Kurator des Bereichs Massenmedien des Technischen Museums Wien, schafft mit berufenem Munde hier eine gute Übersicht über die Entwicklung der letzten Jahrzehnte der Entwicklung im Bereich der Computer und Internetkommunikation:

Wolfgang Pensold, Schöne neue Medienwelt ‑ Zur Geschichte der Mediengesellschaft im digitalen Zeitalter, Böhlau Verlag Wien, 1. Auflage 2023, 222 Seiten, 35,00 Euro.

Das Buch beginnt ganz spannend: mit einer Einführung in die Entwicklung der technologischen Produkte, die es überhaupt erst möglich machen, dass wir heute über Digitalisierung und über Medien sprechen. Sehr interessant vor allem deshalb, weil erst eine sehr kurze Zeitspanne vergangen ist, seit es überhaupt die Computer-Technologie gibt, ‑ und eine noch kürzere Zeitspanne, seit es die mittlerweile zum täglichen Gebrauch gehörenden Handys gibt, die mehr und mehr das Leben eines jeden von uns mitgestalten.

Wolfgang Pensold hat die einzelnen Kapitel sauber strukturiert. Dass er sehr akademisch daherkommt, ist für Leser leichter Kost sicherlich eine Herausforderung. Die ständigen Verweise machen deutlich: Das ist das Werk eines Wissenschaftlers.

Beispielhaft herausgegriffene Kapitel verschaffen dennoch eine wirklich beeindruckende, gut reflektierte Übersicht über die Entwicklungen in verschiedenen Bereichen. Das Kapitel „Smartphone und Selfie, also bin ich“ zeigt deutlich, wie sehr die neuen Produkte und Möglichkeiten durch ihre Omnipräsenz die soziokulturellen Beziehungen der Menschen verändern. Die konkreten Beispiele sind plastisch und zeigen auf ganz unterschiedlichen Ebenen die Entwicklungen auf. Von der sich verändernden Geschwindigkeit der Informationsverteilung, bis hin zur persönlichen Bedrohung durch Cybermobbing werden Themen ausführlich besprochen und geben Einblicke in die sich aus den technologischen Sprüngen entwickelnden Veränderungen.

Im Kapitel „Das Konsumparadies Amazonien und Big Google, oder die Macht der Daten“ beleuchtet Wolfgang Pensold anschaulich die Entwicklung von Software und Algorithmen und kritisch die skrupellose Ausnutzung von Daten durch die beiden genannten Konzerne. Die Chancen, die darin stecken, lässt Pensold nicht außer Acht, eine mal erfrischend aus der Perspektive des Nutzers geschriebener Teil des Buches.

Auch die folgenden Kapitel stellen wieder anschaulich verschiedenste Entwicklungen und Entwicklungsstadien dar. Keiner der Großen bleibt außen vor und man bekommt einen querschittsmäßigen Einblick in die Software- und Algorithmenwelt. Auch wenn Namenswechsel oder anderes Brandig schon zur Struktur der Großen zu gehören scheint, um Kritik an dem alten Namen vergessen zu machen, werden alle betrachtet: Alphabeth/Google über X/Twittter bis Facebook/Meta, alles wird aus Perspektive des Nutzers durchaus fundiert kritisch gesehen, mit wichtigen Ansätzen zum selbstständigen Weiterdenken.

Natürlich sind auch Entwicklungen wie das Entstehen von Wikipedia oder etwa Wikileaks beschrieben: Hintergründe von Veröffentlichung und Interesse, die sich widerstreben, seien es die staatlicher Institutionen oder jene der Öffentlichkeit. Auch die Macht der Datenkraken beleuchtet das Buch von allen Seiten. Ob es die Aktionen von Julian Assange oder Eduard Snowden zu staatlichen Interessen oder die von Fances Haugen zu Facebook sind, sie finden ausführlich Platz, mit ihren zum Teil schockierenden, Veröffentlichungen.

Das Buch bietet einen umfassenden Überblick über die technischen Fortschritte und die gesellschaftlichen Entwicklungen, die mit diesen technologischen Veränderungen einhergegangen sind. Der Autor beschreibt die Technologien sehr wissenschaftlich und hat sich in die technologischen Folgen für gesellschaftliche Entwicklungen intensiv vertieft und diese ebenso detailliert und umfassend kritisch beschrieben.

Meine klare und deutliche Empfehlung: ein Buch, was in keiner Sammlung fehlen darf.

Michael Detjen.