Bemühungen zur Rettung des PKW mit Verbrennungsmotor, Teil 1

 

Die Kolumne von Hans-Jochen Luhmann

Die Debatte um das Ende des PKW mit Verbrennungsmotor schlägt zunehmend hohe Wellen. Nicht die Fahrzeug-Industrie oder hilfsweise deren Gewerkschaften lobbyieren, hier ist es an vorderster Front die Wissenschaft – Vertreter der Ingenieurswissenschaften -, die sich engagiert im Überlebenskampf. Und die konservative Variante des Populismus greift erneut zu dem marktradikalen liberalen Petitum, man solle „technologieneutral“ regulieren, um den Markt die Entscheidung über die relative Vorteilhaftigkeit verschiedener Fahrzeugkonzepte zu überlassen.



 

Die Debatte um das Ende des PKW mit Verbrennungsmotor schlägt zunehmend hohe Wellen. Es ist eben kurz vor Toresschluss. Die Konstellation ist anders als üblich: Nicht die Fahrzeug-Industrie (OEM) oder hilfsweise deren Gewerkschaften lobbyieren, hier ist es an vorderster Front die Wissenschaft ‑ Vertreter der Ingenieurswissenschaften ‑, die sich engagiert im Überlebenskampf. Im Hinblick auf eine demokratische Debattenkultur im Austausch mit der Wissenschaft empfinde ich das als methodisches Lehrstück. Deswegen greife ich diese Debatte hier erneut auf nach meiner Kolumne von Dezember 2017.

Anlass war damals das Clean-Mobility-Paket der EU vom 8. November 2017, damals noch von der Juncker-Kommission konzipiert. Darin wurden Entscheidungen dazu getroffen, welche klimafreundlichen Endenergieträger die EU für welche Verkehrsarten priorisiert. Den PKW-Bereich hatte sie damals, für den EU-Markt, faktisch auf den Weg zu rein batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) gesetzt. Methodisch ist das etwas schräg konzipiert, doch die OEM opponieren nicht. Im Gegenteil: Es wird kolportiert, nachdem China entschieden habe, dem Westen die Wettbewerbsvorteil mit seiner hundertjährigen Geschichte im Umgang mit dem höchst komplexen-Verbrenner-Technologie zu nehmen, indem es auf den weit einfacheren Elektromotor setzt, seien insbesondere die deutschen OEM nach Hause gekommen und hätten in Brüssel um einen Heimatmarkt in E-Mobility gebeten. Druck einer Regierung war entscheidend, nicht eigene Einsicht – pikanterweise war es die Regierung Chinas, die die deutschen OEM auf den Pfad eines klimagerechten PKW-Typs gesetzt hat. Die deutsche Regierung hatte die PKW-Hersteller immer weiter auf den Abgrund, das nicht zukunftsgerechte Diesel-Geschäftsmodell, zutreiben lassen.

Realpolitisch hat sich seit 2017 nichts geändert. Nur ist in Deutschland eine Debatte dazu aufgekommen – eine Debatte der Zu-Spät-Gekommenen, die vor der Entscheidung im November 2017 dran gewesen wäre. Immerhin besteht prinzipiell eine Chance, die Revisionsvorstellungen, die hierzulande gehegt werden, in die anstehende Überarbeitung im Geiste des European Green Deal der vdL-Kommission einzubringen.

Priorisierungs-Entscheidungen der Politik, wie sie im Clean-Mobility-Paket getroffen wurden, sind vor dem Hintergrund unausweichlich, dass Antriebsarten mit Motorkonzepten und Tank-Infrastrukturen samt der logistischen Kette dahinter fast unabänderlich verbunden sind. Die komplementären Infrastrukturen kann der Staat nicht in beliebiger Variationsbreite zur Verfügung stellen lassen. Die Priorisierungs-Entscheidung von November 2017 ist auch recht präzise, mit entsprechenden Untersuchungen der relativen Kosten, vorbereitet gewesen – bei den Infrastrukturkosten allerdings findet sich da eine Leerstelle. Man kann an dem Stand der Entscheidungen auch heute nur schwer etwas aussetzen.

Doch diese Entscheidungen sind allein mit Fokus auf den EU-Markt gefällt worden. Es gibt aber auch einen Weltmarkt. Und nicht überall sind die Voraussetzungen gegeben, dass die anspruchsvolle komplementäre Infrastruktur-Logistik für BEV zeitnah aufbaubar ist. Die EU-Entscheidungen, die bislang getroffen worden sind, werden der Tatsache und Verantwortung, dass Europa einer der drei Technologie-Vorreiter und Export-Zentren für PKW-Flotten im Rest der Welt ist, nur schwer gerecht. Das Zeitalter für PKW mit einem Kraftstoff, der chemisch gespeicherte Energie ist und mitgeführt wird, dürfte nicht zu Ende sein.

Zudem gilt: Der Populismus ist im Aufstieg. Die konservative Variante des Populismus greift erneut zu dem marktradikalen liberalen Petitum, man solle „technologieneutral“ regulieren, um den Markt die Entscheidung über die relative Vorteilhaftigkeit verschiedener Fahrzeugkonzepte zu überlassen. „Technologieneutral“ hieße, dass alles angeboten wird, an Fahrzeug-Antriebstypen und dazu passenden Tankinfrastrukturen – nur in dieser Kombination kann ein Angebot entstehen, welches auch nachgefragt wird. Nur so käme es zu einem Markttest. Kennzeichen des Marktradikalismus ist, dass man im Grundsätzlichen verbleibt.

Hinzu kommt, dass die heute hochentwickelten Verbrennungsmotorprozesse auf Basis von Kraftstoffen fossiler Herkunft mit charakteristischen Formen der Luftverschmutzung einhergehen – die sind zwar mit aufwändiger Technik zum Teil wieder einzufangen, doch der Diesel-Skandal hat gezeigt, dass die OEM dabei nicht kooperationswillig sind. Der Abschied vom Prinzip „PKW mit Verbrennungsmotor“ brächte somit auch bei diesem Komplement Erhebliches an Entlastungen.

Dem Petitum nach „technologieneutraler“ Regulierung in Reinform zu entsprechen, ist offenkundig ein Ding der Unmöglichkeit. Dennoch kommt diese Forderung an. Wieso? Woher der verführerische Charme einer Forderung aus dem Wolkenkuckucksheim?

Mittel sind zwei begriffliche Ambivalenzen, mit denen in dieser Verbrenner-Debatte gespielt wird. Es sind unverändert dieselben wie in 2017. Im Zentrum stehen zwei Begriffe: einmal der Begriff der Klimaneutralität beziehungsweise Null-Emissions-PKW – darauf wird in Teil 2 eingegangen; zweitens der chemische Begriff „Verbrennung“. Zu Letzterem mehr im Folgendem.

Teekesselchen „Verbrennung“

„Verbrennung“ ist chemisch definiert als Anlagerung von Sauerstoff (O) an das zu Verbrennende, hier Kohlenwasserstoffe (CxHy) fossilen Ursprungs. Es entstehen zwei Sauerstoffverbindungen, CO2 und H2O. In etlichen Sektoren des Transports ist als Ergebnis einer mehr als hundertjährigen Entwicklung eine spezielle Form der Verbrennung etabliert, die explosionsanalog ist – so arbeiten der Otto- wie der Dieselmotor. Es geht um die „selbsttransportierten Verbrennungskraftmaschienen“, vulgo „Automobile“. Verständlicherweise ist die Beherrschung von solcherart Verbrennungsprozessen, auf engstem Raum, in kleinen Maschinen zudem, eine hohe Kunst. Ihr Ursprung liegt in Deutschland. Kommt es zum Abschied von dieser Technologie, so wird hier, an deutschsprachigen Technischen Universitäten, der Abschiedsschmerz am höchsten sein.

Mit „Ende des PKW mit Verbrennungsmotor“ ist lediglich das Ende dieses speziellen Verbrennungsprinzips gemeint. Andere Formen der Anlagerung von Sauerstoff an Kohlenwasserstoffe, zum Beispiel durch die Brennstoffzelle, sind nicht gemeint. Auch ist nicht gemeint zu verbieten, den batterieelektrischen PKW (BEV) mit einem Einfach-Hilfsmotor (Range Extender) ergänzend auszurüsten. Mit „Ende des PKW mit Verbrennungsmotor“ wird zudem gemeint, dass Kohlenwasserstoffe fossilen Ursprungs nicht mehr zum Einsatz kommen.

Da ist eine Differenz zu beachten, die sprachlich meist nicht ausgedrückt wird, aber sehr erhebliche Konsequenzen hat. Werden zum Beispiel in einem Plug-in-Hybrid (PIHV) beziehungsweise einem Range Extender bislang Kohlenwasserstoffe fossilen Ursprungs eingesetzt und werden die durch Kohlenwasserstoffe erneuerbaren Ursprungs, also durch e-Fuels, ersetzt, so wird ein Stoffgemisch durch einen präzise definierten, weil produzierten, Kohlenwasserstoff ersetzt. Fossile Brennstoffe sind lediglich Produkte der Destillation des geförderten Rohöls, sie sind deshalb Gemische; bei Bio-Fuels ist das ebenso. E-Fuels und re-Fuels sind deshalb bei ihrem Abgas etwas deutlich Unterschiedliches. Bei deren Verbrennung (= Anlagerung von O) werden die verbliebenen Nebenelemente des Stoffgemischs mit oxidiert – so entstehen SO2, NOx und andere Verbrennungsabprodukte. Bei einem Übergang zu e-Fuels entfallen all diese schmutzigen Begleiterscheinungen der Verbrennung, die heute üblich sind – allein bei N-Verbindungen sind verbrennungstypische Abprodukte weiterhin zu erwarten, da NOx weit überwiegend bei den Hochtemperaturprozessen, welche die Verbrennung darstellt, aus dem Stickstoff der Luft gebildet wird.

Ankündigungen von Verbrenner-Beendigungen

Ein „Ende der Verbrenner“ wird von zwei unterschiedlichen Subjekten angekündigt – ich sage ausdrücklich nicht „verfügt“. Der relevante staatliche Regulierer ist die EU; und die verfügt das ausdrücklich beziehungsweise explizit nicht. Angeblich implizit aber schon, so wird ihr vorgehalten – und das mit gewissem Recht.

  1. Da sind einmal europäische Staaten. Einen Überblick über deren Beschlusslagen gibt die Tabelle. Das Motiv hinter diesen nationalstaatlichen Vorgaben dürfte sein, Festlegungen zu treffen, damit die komplementären Aufgaben, die die Mitgliedstaaten der EU zu erfüllen haben, besser planbar werden. EU-rechtlich problematisch sind diese Vorgaben prinzipiell, weil sie gegen die Regeln des gemeinsamen Binnenmarktes verstoßen dürften – aber das müsste erst in einem langwierigen Rechtsverfahren geklärt werden. Darauf verzichtet die Kommission bislang – was anzeigt, dass diese Vorgaben inhaltlich nicht grundsätzlich strittig sind.
  2. Ankündigungen von PKW-Herstellern. Die sind selbstverständlich frei in der Gestaltung ihrer Produktpalette. Hier sind sie von Interesse, weil sie zeigen, welche strategischen Vorstellungen sie davon haben, welche Antriebsformen für sie aussichtsreich sind.
    Von 2026 an wird zum Beispiel Audi, so die Ankündigung Mitte Juni 2021, keine neuen Modelle mit Verbrennungsmotor mehr in den Markt bringen, auch keine Plug-in-Hybrids. Nach Ablauf des üblichen Lebenszyklus, also etwa Mitte 2035, wird Audi keine Verbrenner mehr verkaufen. Der Altwagenmarkt, die Service-Leistungs-Infrastruktur – beides wird entsprechend zeitverzögert abgebaut werden. Wie lange man noch Leistungen für Verbrenner-PKW erhalten wird, ist also gegen Ende, ab Beginn der 2040er Jahre, ein Vabanque-Spiel. Es kann leicht zu einer „Rette-sich-wer-kann“-Stimmung kommen. Mit einem geordneten Ausstieg ist es dann nichts. Den letzten beißen dann vielmehr die Hunde.
LandZeitpunktGegenstand des Verbots
Dänemark2030 / 2035neue Benziner und Diesel / neue Hybrid-Pkw
Finnland2035neue Benziner und Diesel
Frankreich2040neue Benziner und Diesel
Irland2030 /2045neue Benziner, Diesel und neue Hybrid-Pkw / alle Verbrenner
Niederlande2030neue Benziner und Diesel
Norwegen2025neue Benziner und Diesel sowie Leichte Nutzfahrzeuge
Lettland    2040neue Benziner und Diesel
Schottland2032neue Benziner und Diesel
Schweden2030neue Benziner und Diesel
Slowenien2030Neuwagen > 50g CO2/km
Spanien2040 / 2050neue Benziner und Diesel / alle Verbrenner
Vereinigtes Königreich2035neue Benziner, Diesel und neue Hybrid-Pkw sowie Lkw

Quelle: Tab. 36 (S. 310) der Stellungnahme zum achten Monitoring-Bericht der Bundesregierung für die Berichtsjahre 2018 und 2019 der Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“

Vorstöße, den Verbrenner zu retten

Vor diesem Hintergrund fallen mehrere Initiativen auf, den Verbrenner zu retten.

Initiative von 23 Lehrstuhlinhabern für Verbrennungstechnik beziehungsweise Fahrzeugantriebe

Ich beginne mit der Initiative von 23 Lehrstuhlinhabern für Verbrennungstechnik beziehungsweise Fahrzeugantriebe im deutschsprachigen Raum. Die haben ein Positionspapier der WKM Wissenschaftliche Gesellschaft für Kraftfahrzeug- und Motorentechnik e.V. vom 24. März 2021 unterzeichnet. Der Arbeitstitel des Papieres lautet „CO2-neutrale Mobilität der Zukunft“. Gemeint ist anscheinend mindestens der Aufruf „Rettet die drop-in-Lösung!“

Da haben die Lehrstuhlinhaber für Verbrennungstechnologie einen validen Punkt. Schließlich sind CO2-Emissionen zu vermeiden auch im hohen Bestand an Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor in Europa aber insbesondere auch außerhalb Europas, in den typischen Export-Destinationen für Alt-PKW aus Europa. Kraftstoffwechsel bietet ein Potenzial, welches „schnell umsetzbar“ ist. Da geht es nicht schlagartig von Hundert auf Null, wie es mit dem Wechsel von dem Verbrenner-PKW (Internal Combustion Vehicle – ICV) zum BEV der Fall ist. Bei der drop-in-Lösung ist der Komparativ „niedriger“ vor „CO2-Fußabdruck“ angemessen. Sie bietet einen Lösungsbeitrag im Bestand von Fahrzeugen.

Doch diesen Punkt formulieren die Professoren in irritierender Weise, sehr abstrakt und verklausuliert. Im Wortlaut heißt es bei ihnen:

„Der Verbrennungsmotor ist ein … Energiewandler mit deutlichem Weiterentwicklungspotential, der … durch CO2-neutrale Kraftstoffe („reFuels) … großes Potenzial für einen schnell umsetzbaren, niedrigen CO2-Fußabdruck aufweist.“

Irritierend ist zunächst die einschränkende Formulierung „CO2-neutrale Kraftstoffe“ statt „treibhausgasneutrale Kraftstoffe“. Das ist aber lediglich ein Lapsus. Ich habe mich vergewissert: Die übrigen Treibhausgase sollen nicht ausgeschlossen werden. Das ist wichtig, weil insbesondere Emissionen von CH4 und N2O bei der Föderung beziehungsweise der Ernte von Kraftstoffen sowohl fossilen als auch biogenen Ursprungs von erheblicher Größenordnung sind. Doch da ist ein zweites Irritierendes: Das Zitierte ist nicht auf ein Ende des Verbrennungsmotors hin formuliert, wie es der Fall wäre, wenn die Autoren allein auf das Potenzial der drop-in-Lösung abstellen wollten. Sie scheinen den Verbrenner auf Dauer erhalten sehen wollen, und das im Kleintransportmittel-Segment. Wie begründen sie dies?

Des Rätsels Lösung findet sich in diesem Zitat:

„Mit dem aktuellen deutschen Bundesklimaschutzgesetz wird das Reduzierungspotenzial nicht ausgeschöpft. … Wesentlich begründet ist dies in der bislang vorliegenden CO2-Regulierung des Transportsektors, die verbrennungsmotorische Lösungen auf Basis von Kohlenwasserstoff-Kraftstoffen für die Zukunft de facto nicht toleriert, obwohl der verbrennungsmotorische Antrieb beim Betrieb mit CO2-neutralen Kohlenwasserstoffen, reFuels, in der Zukunft faktisch CO2-neutral wird.

Mit „in der bislang vorliegenden CO2-Regulierung des Transportsektors“, meinen sie die EU-Verordnung 2019/631 zu sogenannten CO2-Flottengrenzwerten für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Die Professoren stellen korrekt fest, dass darin eine Anrechnung von Kraftstoffen mit reduzierten CO2-Gehalten fossilen Ursprungs nicht vorgesehen ist – es ist, so die fachlich übliche Charakterisierung, eine „tank-to-wheel“-Regelung, keine „well-to-wheel“-Regelung. Das ist methodisch wie entstehungsgeschichtlich verständlich.

Die Regulierung war ursprünglich als Energie-Effizienz-Regulierung für PKW konzipiert, es wurde ein unveränderter Kraftstoff als Input unterstellt – gemessen wird der Flottenverbrauch gemäß Zertifizierung für die Typ-Zulassung von Fahrzeugen, also am Auspuff. Der Wechsel zu batterieelektrischen Fahrzeugen führt in der Flotten-Regulierung zu Emissionen an CO2 in Höhe von Null, weil da kein Auspuff mehr ist. Der Wechsel zu e-Fuels hingegen ändert nichts an der CO2-Bilanz in der Fahrzeugflotte, dessen veränderte Prozesseigenschaft, in der Vorleistungskette, wird im dafür blinden Meßverfahren nicht wahrgenommen. Dass es so kommen werde, wenn man ein Effizienzmaß an die Flottenwerte von CO2-Ausstößen bindet, war lange vorherzusehen (die Regelung ist aus dem Jahre 2009, mit Vorläufer-Regelungen als „freiwillige Selbstverpflichtungen“,) – die Automobilindustrie hat nie einen Vorstoß unternommen, diese offenkundige Asymmetrie einer „tank-to-wheel“-Regelung, welche die Professoren auch erst heute, gut 15 Jahre nach Einführung, bemängeln, beseitigen zu lassen.

Korrekt ist somit, dass die Flotten-Regulierung an dieser Stelle eine Asymmetrie aufweist. Die offene Frage ist, ob diese Asymmetrie relevant ist, ob sie eine blockierende Wirkung für den Verbrenner hat. Die Professoren behaupten eben dies – zeigen es jedoch nicht. Es ist auch unwahrscheinlich. Dafür sprechen zwei Gründe.

  1. Der Wechsel von Benzin und Diesel fossilen Ursprungs zu Elektrizität als Kraftstoff führt erstens zu einem weit besseren Wirkungsgrad am Motor gemessen, er ist zweitens ein Wechsel zu einem weit günstigeren Kraftstoff, weil er die hohe Rentenabschöpfung der (ehemaligen) Mineralölsteuer entfallen lässt; würde man zu e-Fuels wechseln, die aus Elektrizität produziert sind, so kämen drittens die hohen Elektrizitäts-Verbräuche dieses Herstellungsvorgangs als kostenträchtiges Hindernis hinzu. Unter Bedingungen wie in Europa vorfindlich, ist es perspektivisch ökonomisch praktisch aussichtslos, im PKW-Bereich mit einem eFuel-Verbrenner gegen einen BEV konkurrieren zu wollen – man hat allerdings den Vorbehalt anzubringen, dass die Gestehungskosten von Strom aus erneuerbaren Quellen in Europa deutlich höher sein könnten als in Regionen, in denen e-Fuels aus Strom hergestellt werden und dann wie weiland fossile Kraftstoffe nach Europa per Schiff gebracht werden. Da die Kostendifferenz so enorm hoch ist, gibt es seitens der PKW-Hersteller (OEM) auch keine Unterstützung für das Anliegen der Professoren; wohl aber seitens der Automobil-Zuliefer-Industrie.
  2. e-Fuels sind schlicht im nächsten Jahrzehnt kaum verfügbar für den PKW-Markt – was produziert wird, wird prioritär in Sektoren wie Luftfahrt und Seeschiffahrt eingesetzt werden, wo es keine Alternativen gibt. Eine Änderung der EU-Flottenverbrauchs-Verordnung hätte, sofern die unter 1. aufgeführte Argumentation nicht gälte, bis 2030 schon aus diesem simplen Grund keine Wirkung. Dann aber sind die Marktanteile vergeben.

Entschließungsanträge der Opposition im Bundestag

Ein zweiter Vorstoß ist von der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag. Die hat am 22. Juni 2021 ihre Vorstellungen, mit denen sie in Koalitionsverhandlungen für eine Regierungsbildung für die 20. Legislaturperiode gehen würde, in einem Antrag unter dem Titel „Mit Marktwirtschaft und Innovation das Klima schützen und unseren Wohlstand sichern“ formuliert. Da finden sich zu „B) im Bereich Verkehr“ ähnliche Forderungen – nur wenigstens präzise formuliert:

4. auf europäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass im Zuge der Ausweitung des Europäischen Emissionshandelssystems auf den Verkehr die EU-Flottengrenzwerte abgeschafft werden,

5. auf eine technologieoffene Ausgestaltung der CO2-Regulierung im Verkehrssektor (z. B. Flottengrenzwerte für Pkw und Lkw, Clean Vehicle Directive, RED II) hinzuwirken, in der die CO2-Vermeidung durch den Einsatz alternativer Kraftstoffe ebenso Berücksichtigung findet wie die Elektromobilität,

Die Regulierung zu EU-Flottengrenzwerten soll also am liebsten abgeschafft werden, hilfsweise, wenn diese Radikalität keine Gefolgschaft findet, soll CO2-Vermeidung durch den Einsatz „alternativer“ Kraftstoffe dem Einsatz von Elektrizität gleichgestellt werden. Die FDP will, dass rechtlich eine Option eröffnet wird. Wenn diese Option dann auch seitens des deutschen Staates aktiv angeboten würde, so wäre das ein Milliardenprogramm. Dazu schweigen die FDP-Autoren sich klugerweise aus. Die Position der FDP ist lediglich eine Wahlkampf-Position, die so klingt, als ob sie sich auf der Seite der Kämpfer zur Rettung des Verbrenner-Motors stelle.

Die AfD hat den Braten natürlich gerochen. Am 22. Juni 2021 hat sie im Deutschen Bundestag einen Entschließungsantrag mit dem Titel

Well-To-Wheel-Prinzip bei der Bewertung der Flottenemissionen einführen

eingebracht.

Stand in Brüssel, unter dem European Green Deal

Drittens ein Blick auf den Stand der Vorbereitung der Entscheidungen zum Green Deal auf EU-Ebene. Die Idee, die CO2-Vermeidung durch den Einsatz alternativer lagerfähiger Kraftstoffe, also mit chemischer Bindung der Energie, ebenso zu berücksichtigen wie den Einsatz von Elektrizität als Kraftstoff, also die Elektromobilität, wird dort geprüft. Am 14. Juli wird der Vorhang gelüftet werden vor dem „Fit für 55”-Paket.

Zur Vorbereitung hat die Kommission ein Papier verfasst, welches Gegenstand einer öffentlichen Konsultation war. Es war das „Inception Impact Assessment“ zur Initiative „Amendment of the Regulation setting CO2 emission standards for cars and vans“. Die Lektüre erweist, dass der Fokus korrekt und allgemein mit „zero-emission vehicles“ benannt wird, dass dann jedoch im wesentlichen auf die batterieelektrischen PKW geblickt wird, auf die flächendeckende Verfügbarkeit deren Tank-Systeme und auf deren besondere Ökonomie, die eine Option zur besonders starken „economies of scale“-Dynamik bereithält, wie sie die Mikroelektronik generell charakterisiert. Wenn die Sprache auf Bio-Kraftstoffe kommt, dann ist deren begrenzte Verfügbarkeit vor Augen und damit die Notwendigkeit, deren Einsatz zu priorisieren, d.h. sie für den Einsatz in Sektoren zu reservieren, wo es keine Alternativen gibt, zuvörderst in der Luftfahrt. Für PKW sind Bio-Kraftstoffe als Substitut schlicht zu schade.

Auf politischer Ebene scheint die Entscheidung gefällt worden zu sein. Auf Basis der jüngsten durchgesickerten Entwürfe für die kommende Regulierung bleibt „well-to-wheel“ dort ein Fremdwort.


Es wird vom Lion Air Flug am Tag zuvor (28. Oktober 2018) berichtet, dass die Piloten mit demselben Problem zu kämpfen hatten, zufällig aber ein nicht-diensthabender erfahrener Pilot mit im Cockpit war und sagen konnte „Ich kenne das Problem, Ihr müsst den Hebel X drücken.“

Die Untersuchungen in Seattle haben inzwischen etwas weit Ärgeres herausgebracht: Für die gesamte 737-Serie wurde das Duplizitätsprinzip für die Computersteuerung an Bord zwar hardwareseite eingebaut – dann aber wurden die faktisch nicht sinngemäß laufen gelassen, also einer aktiv, éiner im Stand-by, um im Fall des Ausfalls übernehmen zu können. Die beiden Bordcomputer waren vielmehr so eingestellt, dass die pro Flug abwechselnd nur einzeln eingeschaltet wurden.

Vgl. dazu die folgende Meldung vom 6.6.14 (Interfax Ukraine):
<<Interior Minister Arsen Avakov has said. „I have decided that a hundred percent of combat and patrol units of the Interior Ministry will take part in the antiterrorism operation. This is not only a necessity but also a test of their proficiency, spirit and patriotism. The tempering of units with real threats and challenges is a factor of the creation of a new police force which will be trusted by the public,“ … Avakov reported that 21 officers of the Chernihiv special-purpose patrol battalion comprising volunteers refused to go on a patrol mission in Luhansk region. „The battalion was assigned a patrolling mission in Luhansk region the day before yesterday. Eighty-six men departed to the designated sector to do a man’s job and to accomplish a combat mission in the regime of antiterrorism patrols. Twenty-one persons refused to go and submitted their resignations… They were dismissed immediately,„>>