Trump-Verteidigungsminister blockierte Einsatz der Nationalgarde am 6. Januar 2021 für fast dreieinhalb Stunden

 

Die Eroberung des Capitols in Washington ist eine Katastrophe. Die Aufarbeitung folgt den üblichen Wegen. Die Fallen sind immer dieselben. Ein solches Ereignis hat immer mehrere Ursachen. Politisch und medial üblich ist regelmäßig, unter den mehreren Ursachen lediglich eine hervorzuheben.

Diesem Schematismus gemäß ist bislang das Narrativ befördert worden, Schuld am Desaster trage Präsident Trump, und zwar wegen seines Aufrufes zum gewaltsamen Vorgehen in Richtung Congress. Das ist die Suche nach dem Schuldigen am Angriff. Mit diesem (verkürzten) Narrativ wurde das Impeachment-Verfahren gegen Trump geführt.

Erst nach dessen Abschluss nimmt der Congress die Ursache „unzureichender Schutz“ in den Blick. Da geht es um Zweierlei.

  1. Unzureichende Lageeinschätzung mit der Folge unzureichender Schutz-Vorbereitung;
  2. Verweigerung der Hilfe durch bereitstehende „Rapid Response“-Kräfte der DC Nationalgarde, welche dem Verteidigungsministerium untersteht.

Der Chef der Nationalgarde und damit dieser Kräfte, General Walker, war am 3. März 2021 geladen auszusagen. Mit seiner Aussage ist geklärt, dass die Entsendung der Kräfte nach dem Notruf aus dem Capitol willentlich verzögert worden ist. Und das vorbereitet, durch Regularien.

Die Verantwortung dafür liegt auf den beiden Stufen über ihm – zwei Stufen höher fungierte der von Trump als „Acting Chief“ ins Amt gehobene Verteidungsminister Miller, nachdem der noch regulär vom Senat bestätigte Verteidigungsminister Esper im Dezember noch fix aus dem Amt gejagt worden war. Dieser Amtswechsel kurz vor dem Ende war damals Anlass für die Frage, welchem Zweck dieser Amtswechsel so kurz vor dem Ablauf der Regierungszeit der Trump-Administration wohl dienen sollte. Die verbreitete Antwort war damals: Um einen Militärschlag gegen den Iran möglich zu machen. Die Frage hat nun eine andere Antwort erhalten.

Walkers Aussage besagt im Kern Zweierlei.

1) die Kompetenzen des Chefs der Nationalgarde wurden – in willkürlicher Weise – beschnitten, um ihm eine selbständige Entscheidung im Notfall zu entziehen. Das beweist die Intention.

A standard component of such support is the stand up of an offsite Quick Reaction Force (QRF), an element of guardsmen held in reserve equipped with civil disturbance response equipment (helmets, shields, batons, etc..) and postured to quickly respond to an urgent and immediate need for assistance by civilian authorities. The Secretary of the Army’s Jan. 5th letter withheld authority for me to employ the Quick Reaction Force.

In addition, the Secretary of the Army’s memorandum to me required that a “concept of operation” (CONOP) be submitted to him before any employment of the QRF. I found that requirement to be unusual as was the requirement to seek approval to move Guardsmen supporting MPD to move from one traffic control point to another.”

2) Als der Notfall eingetreten war, als die Spitze des Verteidigungsministeriums die Not im Fernsehen mitverfolgen konnte, nahm sich die Amtsspitze fast dreieinhalb Stunden Zeit, bis sie den Einsatz der Quick Reaction Force der Nationalgarde freigab. Aus Walkers Aussage:

At 1:49pm I received a frantic call from then Chief of U.S. Capitol Police, Steven Sund, …. Chief Sund, his voice cracking with emotion, indicated that there was a dire emergency on Capitol Hill and requested the immediate assistance of as many Guardsmen as I could muster.

Immediately after the 1:49pm call with Chief Sund, I alerted the Army Senior Leadership of the request. The approval for Chief Sund’s request would eventually come from the Acting Secretary of Defense and be relayed to me by Army Senior Leaders at 5:08pm – 3 hours and 19 minutes later.

Amtschef Miller ist Trump-Anhänger, und Trump war Oberbefehlshaber der Armee, kann sich somit die Freigabe vorbehalten haben. Was da genau gelaufen ist, steht zur weiteren Klärung an. Es gibt Berichte, nach denen die für Walker hinsichtlich ihres Zeitpunktes unerklärlich späte Freigabe erst erteilt wurde nach einem gemeinsamen Anruf des Vize-Präsidenten Mike Pence und der beiden Führer von Senat und Abgeordnetenhaus im Congress bei Miller, bei dem Pence schließlich Miller angewiesen habe.

Dr. Hans-Jochen Luhmann ist Senior Expert am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH.