EU-Agrarpolitik menschenrechtlich ausrichten!

 

Kleinbäuerliche Organisationen wehren sich gegen die bisherigen EU-Förderkriterien, die einseitig große Betriebe bevorzugen und soziale und ökologische Kriterien außer Acht lassen. Freihandelsabkommen begünstigen aktuell die Agrarindustrie, die zum Beispiel durch Soja-Importe Fleisch kostengünstiger produzieren kann als kleinbäuerliche Höfe. Durch Landgrabbing für Plantagen werden ländliche Gemeinden in Ländern des globalen Südens oftmals ihrer Existenz beraubt und durch die Abholzung von Wäldern, die Zerstörung von Mooren sowie die Emissionen beim Transport wird die Klimaerhitzung zusätzlich verstärkt; diese führt für viele kleinbäuerliche Betriebe in Europa zu Ernteverlusten und bringt Höfe in Existenznot.



 

(Köln, 16. April 2020) Anlässlich des Internationalen Tags des kleinbäuerlichen Widerstands am 17. April unterstützt FIAN Deutschland die Forderung des Europäischen Verbands kleinbäuerlicher Organisationen (ECVC), die durch den SARS-CoV-2-Virus ausgelöste Krise dafür zu nutzen, die Diskriminierung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft zu beseitigen. 49 Organisationen und Wissenschaftler haben sich heute mit diesem Anliegen in einem Offenen Brief an die EU-Kommission gewendet. FIAN fordert darüber hinaus Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf, das Anliegen der Organisationen im EU-Rat zu unterstützen. Insbesondere fordern die Organisationen die Umsetzung der UN-Kleinbauernerklärung (UNDROP) sowie eine darauf basierende Änderung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU.

Deutschland wird im Juli 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Dann steht auch die Entscheidung über die Strukturen in der nächsten Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik an. Kleinbäuerliche Organisationen wehren sich gegen die bisherigen Förderkriterien, welche einseitig große Betriebe bevorzugen und soziale und ökologische Kriterien außer Acht lassen. „Die künftige Agrarförderung der EU muss sich an der UN-Erklärung der Rechte von Kleinbauern ausrichten, um deren strukturelle Benachteiligung gegenüber der Agrarindustrie zu beseitigen. Die aktuelle Krise zeigt, dass wir lokale und regionale Lebensmittelerzeuger stärken müssen, um auch in Zukunft die Versorgung mit frischen und nährstoffreichen Lebensmitteln sicherzustellen“, fordert FIAN-Referentin Gertrud Falk. „Deutschland muss seinen menschenrechtlichen Pflichten auch bei der Gestaltung der EU-Agrarpolitik gerecht werden.“

Freihandelsabkommen begünstigen aktuell die Agrarindustrie, die zum Beispiel durch Soja-Importe Fleisch kostengünstiger produzieren kann als kleinbäuerliche Höfe. Durch Landgrabbing für Plantagen werden ländliche Gemeinden in Ländern des globalen Südens oftmals ihrer Existenz beraubt. Durch die Abholzung von Wäldern, die Zerstörung von Mooren und die Emissionen beim Transport wird die Klimaerhitzung zusätzlich verstärkt; diese führt für viele kleinbäuerliche Betriebe in Europa zu Ernteverlusten und bringt Höfe in Existenznot. „Mit Rohstoffen wie Soja oder Mais importieren wir indirekt auch riesige Mengen Wasser. Dieses wird dem dortigen Wasserkreislauf entzogen, was zum Wasserstress der Länder beiträgt. Häufig nutzen die Plantagenbetreiber es auf Kosten kleinbäuerlicher Gemeinden, die dann zu wenig Wasser für den Anbau haben“, ergänzt Gertrud Falk. „Die UN-Erklärung der Rechte von Kleinbauern muss daher von der EU auch in der Handelspolitik ohne Wenn und Aber umgesetzt werden.“

Schon vor der Corona-Krise verschlechterte sich die globale Ernährungssituation. Nun könnte sich die Situation dramatisch verschärfen: Laut der Expertengruppe des UN-Welternährungsrats (CFS) gibt es deutliche Anzeichen dafür, dass sich die Corona-Pandemie zu einer Welternährungskrise ausweitet. FIAN setzt sich für global koordinierte Gegenmaßnahmen ein, insbesondere um ärmere Bevölkerungsgruppen in Ländern des Südens zu schützen.

Der Offene Brief an die EU-Kommission ist hier abzurufen, die deutsche Version hier.

Hintergrund:

  • UN-Kleinbauernerklärung: www.undocs.org/en/A/RES/73/165
  • Der Internationale Tag des kleinbäuerlichen Widerstands/Tag der Landlosen: Am 17. April solidarisieren sich weltweit Menschen mit den lokalen und globalen Kämpfen von La Via Campesina, einer weltweit organisierten Bewegung der Bauern und Bäuerinnen, ländlichen Bevölkerung, Landlosen und Indigenen. Hintergrund ist die Ermordung von 19 AktivistInnen der Landlosenbewegung MST (Movimiento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra) durch die brasilianische Polizei am 17. April 1996. La Via Campesina rief den 17. April zum internationalen Tag des Widerstands und der Aktion gegen alle Formen von Unterdrückung der ländlichen Bevölkerung aus.
Gertrud Falk ist Referentin bei FIAN.