Europas 20 größte Fleisch- und Molkereikonzerne emittieren mehr Treibhausgase als die Niederlande

 

Das Institute for Agriculture and Trade Policy (IATP) hat die Emissionen der 35 größten Fleisch- und Milchkonzerne mit Hauptsitz in der Europäischen Union (EU) und der Schweiz berechnet. Anstatt die Emissionen aus der Tierhaltung zu reduzieren, wenden die großen Fleisch- und Milchkonzerne Narrative und Strategien an, die den erheblichen Beitrag der Branche zum Klimawandel verschleiern. Lediglich zehn der 20 größten Fleisch- und Milchkonzerne haben überhaupt Klimaziele verkündet, einige wenige legten Klimaneutralitätspläne vor; tatsächlich nutzen sie in ihren Plänen verschiedene Strategien, um ihre Klimamaßnahmen ansehnlicher aussehen zu lassen, als sie tatsächlich sind.



(Berlin, Minneapolis, 13. November 2021) Die Treibhausgas-Emissionen der 20 größten europäischen Fleisch- und Molkereikonzerne ‑ darunter Danish Crown, Nestlé, Danone, Tönnies, FrieslandCampina und Coren ‑- übertreffen die Emissionen von Ländern wie den Niederlanden und Dänemark. Dennoch haben sich EU-weit nur drei Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Gesamtemissionen aus der Tierhaltung zu reduzieren. Das zeigt eine heute veröffentlichte neue Studie „Emissions Impossible Europe“ des Institute for Agriculture and Trade Policy (IATP), die von der Heinrich-Böll-Stiftung mitfinanziert wurde.

Die Studie hat die Emissionen der 35 größten Fleisch- und Milchkonzerne mit Hauptsitz in der Europäischen Union (EU) und der Schweiz berechnet. Die meisten dieser Konzerne berichten nicht über ihre Treibhausgasemissionen. Von 20 Unternehmen, die genauer unter die Lupe genommen wurden, haben sich nur drei dazu verpflichtet, die Gesamtemissionen aus der Tierhaltung zu reduzieren. Keines der untersuchten Unternehmen hat die Absicht geäußert, die Viehbestände in ihren Lieferketten zu reduzieren, obwohl dort 90 Prozent ihrer Emissionen entstehen.

Bereits 2018 hat das Institute for Agriculture and Trade Policy (IATP) in einem gemeinsamen Bericht mit der NGO GRAIN aufgezeigt, dass sich die Emissionen aus der industriellen Milch- und Fleischproduktion in derselben Größenordnung bewegen wie jene großer Ölkonzerne. 2020 deckte der IATP-Bericht Milking the Planet die kontinuierlich steigenden Emissionen der großen Molkereikonzerne auf. Nun konzentriert sich das IATP auf Unternehmen mit Sitz in Europa und zeigt, wie die großen Fleisch- und Milchkonzerne — anstatt die Emissionen aus der Tierhaltung zu reduzieren — Narrative und Strategien anwenden, die den Beitrag der Branche zum Klimawandel verschleiern. Der aktuelle Bericht „Emissions Impossible Europe“ erörtert, warum sie innerhalb der nächsten zehn Jahre dringend zur Emissionssenkung beitragen und zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Nur 10 der 20 größten Fleisch- und Milchkonzerne haben Klimaziele verkündet, einige wenige legten Klimaneutralitätspläne vor. Tatsächlich nutzen sie in ihren Plänen verschiedene Strategien, um ihre Klimamaßnahmen ansehnlicher aussehen zu lassen:

  • die Übernahme des Narrativs der regenerativen und agrarökologischen Landwirtschaft; ohne diese umfassend in der Lieferkette zu verankern;
  • der Fokus auf die Emissionssenkung pro Kilogramm Fleisch oder Liter Milch (Reduktion der Emissionsintensität), die allerdings durch das schiere Wachstum ihrer Produktion auf Konzernebene ‚aufgefressen‘ wird;
  • die Entwicklung und der geplante Einsatz von unbeständigen CO2-Kompensationen auf Acker- und Grünland, die auf dem Kohlenstoffmarkt verkauft werden;
  • der Einsatz von Futterzusätzen, die angeblich Methan reduzieren sollen; und
  • staatliche Anreize, die die Massentierhaltung durch die Gewinnung von Methan für „Biogas“ aus Viehhaltung auf perverse Weise aufwerten.

Kompensationsmaßnahmen und Effizienzverbesserungen werden hauptsächlich von Landwirten bezahlt und umgesetzt, obwohl die Konzerne die Produktionsbedingungen bestimmen. Kompensationen basieren zudem auf vagen Versprechungen, anderswo Emissionen einzusparen, statt sie tatsächlich selbst zu reduzieren.

„Emissions Impossible Europe“ zieht den Schluss: „Es ist eindeutig: Die großen Fleisch- und Milchkonzerne in der EU, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich entwickeln sich in die falsche Richtung. Bisher zieht keine der europäischen Regierungen diese Konzerne für die Emissionen entlang ihrer Lieferketten zur Rechenschaft, obwohl die Emissionen aus dem Landwirtschaftssektor in den letzten zehn Jahren weiter gestiegen sind. In einer Zeit, in der die EU im Rahmen des Green Deals eine Carbon Farming Initiative plant, um Kohlenstoff zu reduzieren, sowie Regeln im Bereich Klima und Landwirtschaft festlegt, müssen die Regierungen die großen Fleisch- und Milchkonzerne dazu verpflichten, ihre absoluten Emissionen zu senken. Die EU darf keine unbeständigen und unzuverlässigen CO2-Kompensationsmaßnahmen zertifizieren, mit denen Klimasünder echte Klimamaßnahmen hinauszögern und Emissionen verbergen wollen.“

Einige Zahlen aus der Studie

Die Studie „Emissions Impossible Europe: How Europe’s Big Meat and Dairy are heating up the planet“ berechnet, dass die Emissionen der 35 größten Fleisch- und Molkereikonzerne fast sieben Prozent der Gesamtemissionen der EU im Jahr 2018 ausmachen. Die Studie zeigt:

  • Die 20 größten Fleisch- und Molkereiunternehmen produzieren fast ein Drittel (131 Prozent) mehr Treibhausgasemissionen als die Niederlande, die sechstgrößte Volkswirtschaft in Europa, und fast fünfmal so viel wie Dänemark (492 Prozent).
  • Die kombinierten Emissionen der 20 größten Unternehmen entsprechen fast den gesamten Emissionen des italienischen Ölgiganten Eni und 60 Prozent der Emissionen des französischen Unternehmens Total, das fossile Brennstoffe herstellt.
  • Bei sieben von zehn Unternehmen, die über einen längeren Zeitraum beobachtet wurden, hat deren Klima-Fußabdruck zwischen 2016 und 2018 zugenommen. Die Emissionen des irischen Rindfleischproduzenten ABP stiegen um 45 Prozent und die des deutschen Unternehmens Tönnies, das unter anderem Aldi beliefert, um 30 Prozent.

Die Studie „Emissions Impossible Europe“ in englischer Sprache (60 Seiten) steht über diesen Link zum Download als PDF bereit.

Eine Zusammenfassung der Studie „Emissions Impossible Europe“ in deutscher Sprache (7 Seiten) steht über diesen Link zum Download als PDF bereit.

Eine Darstellung zur Methodologie der Studie „Emissions Impossible Europe“ steht über diesen Link zum Download als PDF bereit.

Die Studie „Milking The Planet“ steht über diesen Link zum Download als PDF bereit.