Urteil zu linksunten.indymedia.org: Verpasste Gelegenheit für die Pressefreiheit

 

Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klagen des mutmaßlichen Betreiberteams der Internetplattform linksunten.indymedia.org gegen das Verbot der Plattform aus formalen Gründen ab. Die grundrechtliche Abwägung, ob die inkriminierten Inhalte ein pauschales Verbot der ganzen Plattform rechtfertigen, bleibt offen. Insgesamt handelte es sich bei linksunten.indymedia.org aus Sicht von Reporter ohne Grenzen, auch strafrechtlich relevanten Inhalten zum Trotz, um ein informationelles Online-Angebot, das dem hohen Schutzstandard der Pressefreiheit unterliegt.



 

(Berlin, 30. Januar 2020) Reporter ohne Grenzen bedauert das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Verbot der Internetplattform linksunten.indymedia.org. Der zuständige Senat wies die Klagen des mutmaßlichen Betreiberteams gegen das Verbot am Mittwochabend Medienberichten zufolge aus formalen Gründen ab.

„Das Gericht hat eine gute Gelegenheit verstreichen lassen, den hohen Stellenwert der Pressefreiheit zu verdeutlichen“, sagte Reporter-ohne-Grenzen -Vorstandssprecher Michael Rediske. „Leider hat sich der Senat weitgehend auf die formale Frage beschränkt, ob die mutmaßlichen Betreiber als Einzelpersonen überhaupt berechtigt waren, gegen das Vereinsverbot zu klagen. Die grundrechtliche Abwägung, ob die inkriminierten Inhalte ein pauschales Verbot der ganzen Plattform rechtfertigen, bleibt damit offen. Selbstverständlich gab es inakzeptable, strafwürdige Inhalte auf linksunten.indymedia.org. Aber Pressefreiheit muss weiterhin auch für unbequeme, ja selbst für schwer erträgliche Veröffentlichungen gelten.“

Verfassungsfeindlicher Verein oder schutzwürdiges Medium?

Das Bundesinnenministerium hatte linksunten.indymedia.org im August 2017 als Teil eines mutmaßlichen Vereins verboten, der strafbare Zwecke verfolge und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte.

Reporter ohne Grenzen hat dies als rechtsstaatlich fragwürdig kritisiert – unter anderem, weil das Ministerium den Weg über das Vereinsrecht wählte und damit die rechtlich gebotene Abwägung mit dem Grundrecht auf Pressefreiheit umging. Denn das Verbot wurde nicht mit Vereinsaktivitäten, sondern ausschließlich mit Beiträgen auf der Internetplattform begründet. Insgesamt handelte es sich bei linksunten.indymedia.org aus Sicht von Reporter ohne Grenzen, auch strafrechtlich relevanten Inhalten zum Trotz, um ein informationelles Online-Angebot, das dem hohen Schutzstandard der Pressefreiheit unterliegt.

Deutschland steht auf Platz 13 von 180 Ländern auf der Rangliste der Pressefreiheit.

Dr. Michael Rediske ist Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen.