51 Akteur*innen aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft fordern ein Umdenken der Politik im Kampf gegen Kinderarmut

 

Ein Aufwachsen in Armut wirkt sich auf die Teilhabe an der Gesellschaft aus und prägt Menschen für ihr gesamtes Leben. Seit Jahrzehnten verharrt die Kinder- und Jugendarmut in unserem reichen Land auf einem viel zu hohen Niveau von 20 Prozent. Diese Lage ist zu ernst, um es bei warmen Worten und kleinen Verbesserungen zu belassen: Bund, Länder, Kommunen – alle müssen sich gemeinsam zuständig fühlen und alle Ebenen auch tatsächlich Verantwortung übernehmen.

(Berlin, 5. September 2024) Der Ratschlag Kinderarmut, ein Zusammenschluss aus 51 Akteur*innen aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft, fordert ein konsequentes Umdenken der Politik im Kampf gegen die Armut von Kindern und Jugendlichen. Bund, Länder und Kommunen müssen endlich gemeinsam an einem Strang ziehen ‑ weg von einem Kooperationsverbot zwischen den föderalen Ebenen und hin zu einem Kooperationsgebot.

Ein Aufwachsen in Armut wirkt sich auf die Teilhabe an der Gesellschaft aus und prägt Menschen für ihr gesamtes Leben. Seit Jahrzehnten verharrt die Kinder- und Jugendarmut in unserem reichen Land auf einem viel zu hohen Niveau von 20 Prozent. Die Dauer, die Kinder und Jugendliche in Armut leben, verlängert sich sogar seit Jahren. Vor dem Hintergrund einer Sparpolitik, die auch vor Angeboten für Kinder, Jugendliche und ihre Familien nicht haltmacht, fordert der Ratschlag Kinderarmut ein Umdenken im Zusammenspiel von Bund, Ländern und Kommunen. Nicht die Frage, wer welche Maßnahmen bezahlt, sollte im Vordergrund stehen, sondern die Förderung eines guten Aufwachsens für alle. Dafür braucht es eine Stärkung der Infrastruktur vor Ort. Das wird aber nur funktionieren, wenn Kommunen, Länder und der Bund sich gemeinsam zuständig fühlen und alle Ebenen auch tatsächlich Verantwortung übernehmen.

Eric Großhaus, Advocacy Manager für Kinderarmut und soziale Ungleichheit bei Save the Children, kommentiert: „Eine gute Kindheit und gesundes Aufwachsen für alle Kinder zu garantieren, muss eine der obersten Prioritäten aller staatlichen Ebenen sein. Mit der Europäischen Garantie für Kinder und dem dazugehörigen Nationalen Aktionsplan „Neue Chancen für Kinder in Deutschland“ gibt es eine Plattform für ein gemeinsames Handeln, die noch nicht entschlossen genug genutzt wird. Wir fordern die Bundesregierung und alle beteiligten staatlichen Ebenen auf, diese Chance nicht zu vergeben. Das bedeutet auch, dass der Bund mehr Geld in die Hand nehmen muss. Die Lage der Kinder in Deutschland ist zu ernst, um es bei warmen Worten und kleinen Verbesserungen zu belassen. Bund, Länder, Kommunen – alle müssen zusammen anpacken, um jedem Kind gute Zukunftschancen zu garantieren.“

Nicole Trieloff, Referentin für Kinderarmut und soziale Ungleichheit bei Save the Children, ergänzt: „Alle Kinder und Jugendlichen brauchen die gleichen Chancen auf Teilhabe, um ihre Lebenswelt aktiv zu gestalten, sich als gleichwertiger Teil der Gesellschaft zu fühlen und demokratisch mitzuwirken. Dies stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und wirkt antidemokratischen Tendenzen entgegen. Die Kommunen sind auf die Unterstützung von Bund und Ländern angewiesen, denn sie sehen die Armut vor Ort. Sie können die Folgen der Armut zwar mildern, aber nicht die tieferliegenden Ursachen beseitigen. Armut ist ein komplexes Problem, das ein gemeinsames, ebenenübergreifendes und entschlossenes Handeln von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft erfordert. Statt Zuständigkeitsgerangel brauchen wir eine gelebte Verantwortungsgemeinschaft, in der Infrastruktur- und finanzielle Leistungen Hand in Hand gehen.“

Nicole Trieloff ist Referentin für Kinderarmut und soziale Ungleichheit bei Save the Children.

Der gemeinsame Appell 2024 „Vom Kooperationsverbot zum Kooperationsgebot!“ des Ratschlag Kinderarmut steht über diesen Link zum Download als PDF-Datei bereit.