Deutschland braucht bessere Finanzmärkte – Bürgerbewegung Finanzwende

 

Zehn Jahre nach der letzten Finanzkrise durch den Untergang der Lehman Brothers Investmentbank stellt die Finanzbranche neue Forderungen für eine Deregulierung unter dem Mantel der Wettbewerbsfähigkeit. Die neu gegründete Bürgerbewegung Finanzwende will diesen Forderungen entgegenwirken. Das Ziel der Finanzmarktpolitik sollte nicht einfach mehr Wettbewerbsfähigkeit sein, wie sie zunehmend gefordert wird, sondern ein Finanzsektor, der sich dem Gemeinwohl verpflichtet; Deutschland braucht funktionierende Finanzmärkte, aber solche, die der Realwirtschaft dienen.



(Berlin/Bonn, 12. September 2018) Mit der „Bürgerbewegung Finanzwende” geht heute ein neues Bündnis mit dem Ziel einer nachhaltigen Finanzwende an den Start. Eine Finanzwende, die die internationalen Finanzmärkte wieder in den Dienst der Menschen stellen soll.

Zehn Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise durch den Untergang der Lehman Brothers Investmentbank stellt die Finanzbranche neue Forderungen für eine Deregulierung unter dem Mantel der Wettbewerbsfähigkeit. Die neu gegründete Bürgerbewegung Finanzwende will diesen Forderungen entgegenwirken. Das Ziel der Finanzmarktpolitik sollte nicht einfach mehr Wettbewerbsfähigkeit sein, wie sie zunehmend gefordert wird, sondern ein Finanzsektor, der sich dem Gemeinwohl verpflichtet. Deutschland braucht funktionierende Finanzmärkte ‑ aber solche, die der Realwirtschaft dienen. Dazu braucht es eine Regulierung, nicht als Selbstzweck, sondern als Antwort auf weiterhin bestehende Missstände.

Seit der Finanzmarktkrise vor zehn Jahren leben Menschen auf der ganzen Welt unter dem Eindruck, die Folgen dieser Krise und die mit ihr eingetretenen Veränderungen bewältigen zu müssen. Kurzfristige Arbeitsverträge, Arbeitslosigkeit, schlechtere Arbeitsbedingungen und schwerere Finanzierungsmöglichkeiten für kleine Unternehmen sind Herausforderungen, mit denen Menschen auf allen Kontinenten zu kämpfen haben.

Reiner Hoffmann ist Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

„Wir wollen ein stabiles, widerstandsfähiges und sozial gerechtes Finanzsystem, das nicht auf staatliche Rettungspakete angewiesen ist. Die Leidtragenden von solchen Rettungsaktionen sind oftmals Beschäftigte sowie Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Regulierung gehört vielmehr weiterentwickelt und nicht zurückgedreht. Das sollte eine Lehre aus der Lehman-Pleite und der Krise von vor zehn Jahren sein“, sagt Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist Gründungsmitglied des Vereins Bürgerbewegung Finanzwende. Die Gründungsmitglieder repräsentieren ein breites gesellschaftliches Bündnis aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft.

Hoffmann sieht als größte Herausforderung der Finanzwirtschaft wieder das Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern zu gewinnen. „Weniger Regulierung ist hier nicht die richtige Antwort. Die Wirtschaft benötigt verantwortungsvolle Banken mit einer klugen strategischen Geschäftsausrichtung, mit guten Produkten für Sparer, für die Altersvorsorge und um Risiken abzusichern.“

Die Finanzkrise und die Länder des Globalen Südens

Im Bewusstsein sind zumeist nur die Auswirkungen der Finanzkrise auf Europa und Nordamerika. Das Südwind-Institut für Ökonomie und Ökumene (SÜDWIND) nimmt in einem aktuellen Projekt beispielhaft die gesellschaftliche und politische Situation einiger Länder des Globalen Südens in den Blick. „Mit unserer Arbeit haben wir aufgezeigt, dass unregulierte Finanzmärkte im Norden die Armutssituation der Menschen im Globalen Süden erheblich verschärft haben – eine Entwicklung, die für viele Menschen in diesen Ländern bis heute andauert“ so SÜDWIND-Finanzexpertin Antje Schneeweiß.

SÜDWIND unterstützt das in Berlin gegründete Bündnis aus ExpertInnen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft und BürgerInnen mit der Mitarbeit von SÜDWIND-Finanzexpertin Antje Schneeweiß in deren Aufsichtsrat. Zehn Jahre nach dem Kollaps von Lehman Brothers beobachtet sie wieder gravierende Fehlentwicklungen auf den Finanzmärkten. Erneut führten steigende Zinsen zu Schieflagen ganzer Volkswirtschaften wie derzeit in Argentinien. Die Bündelung zivilgesellschaftlicher Kräfte gegen eine Politik, die Banken rettet und über eine Niedrigzinspolitik Schieflagen erzeugt und damit Menschen in aller Welt in Bedrängnis bringt, sei dringend nötig.

Antje Schneeweiss ist Finanzexpertin beim Südwind-Institut für Ökonomie und Ökumene (SÜDWIND).

Finanzmarktgeschäfte enden nicht an Ländergrenzen

Die „Bürgerbewegung Finanzwende“ wird in enger Zusammenarbeit mit der Brüsseler Organisation „Finance Watch“ eine Lobbyorganisation für Menschen sein, die den großen Gefahren, die von immer wiederkehrende Finanzkrisen für unsere Gesellschaft ausgeht, entgegentreten.

Auch in anderen Ländern Europas gibt es Bürgerinitiativen für mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit im Finanzsystem. Es ist wichtig, dass es solche breiten Bündnisse auch in anderen Volkswirtschaften gibt, denn Finanzmarktgeschäfte enden nicht an Ländergrenzen. Eine Regulierung stellt deswegen zunehmend eine gesamteuropäische Herausforderung dar.