Finanztransaktionssteuer: Der Weg aus der Krise ohne Sparpolitik

 

Eine vom Brüsseler Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Auftrag gegebene Studie hat erstmals systematisch die Auswirkungen einer Finanztransaktionssteuer auf Finanzstabilität, Marktliquidität und Wirtschaftswachstum analysiert. Die jährlichen Einnahmen einer umfassenden gerechten Finanztransaktionssteuer würden 30 Prozent des jährlichen Haushaltes der EU ausmachen. Mit dieser Erhöhung der Eigenmittel wäre die EU in die Lage versetzt, die Kosten für die Wiederbelebung nach der Coronakrise mit den nötigen Eigenmitteln finanzieren zu können; so könne kein Mitgliedstaat wieder gezwungen werden, unter die Spar- und Kürzungspolitik zurückzufallen.



 

(Berlin, 17. Dezember 2020) Angesichts der gegenwärtigen Wirtschafts- und Gesundheitskrise ist die Debatte um die Finanztransaktionssteuer (FTS) aktueller denn je. In dem Bericht „The impact of a Financial Transaction Tax (FTT) on economic recovery and financial stability“, der vom Brüsseler Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Auftrag gegeben wurde, werden erstmals systematisch die Auswirkungen einer Finanztransaktionssteuer auf Finanzstabilität, Marktliquidität und Wirtschaftswachstum analysiert.

„Wir leisten damit einen wichtigen Beitrag in der aktuellen Debatte der Eigenmittelausgestaltung in der EU. Erstmals liegen nun fundierte wissenschaftliche Erhebungen zur Berechnung einer Finanztransaktionssteuer für die EU vor, die über eine reine Aktiensteuer hinausgeht“, so Andreas Thomsen, Büroleiter des Büros Brüssel der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

„Die Studie zeigt, dass trotz des Austritts des Vereinigten Königreichs ein sehr hoher Betrag im Hochfrequenz -und Derivatehandel umgesetzt wird. Die EU könnte hier jährlich zig Milliarden Euro abschöpfen, die rein gar nichts zur Entwicklung der Volkswirtschaft beitragen, sondern alleine der Spekulation dienen und die Profite der Geldhäuser erhöhen“, erklärt Thomsen weiter.

Der Bericht, verfasst von dem Wirtschaftsjournalisten Yago Álvarez Barba, befasst sich mit Frankreich und Italien. Dort wird der deutsch-französische Vorschlag bereits angewandt, hat sich aber bei der Bekämpfung hoher Risiken, etwa bezüglich Hochfrequenzhandel und Schattenbanken, als erfolglos erwiesen.

Martin Schirdewan, Ko-Vorsitzender der EP-Linksfraktion THE LEFT, betont: „THE LEFT möchte neben dem Aktienhandel vor allem den Derivathandel und den spekulativen Hochfrequenzhandel besteuern, die den Großteil aller Transaktionen ausmachen. Finanzminister Olaf Scholz blockierte erst jahrelang eine Finanztransaktionssteuer und nun er will er ausschließlich Aktionäre zur Kasse bitten und traut sich nicht an die Spekulanten ran.“

Während in vielen europäischen Ländern aufgrund der Austeritätspolitik das öffentliche Gesundheitswesen abgebaut wurde und die Bürger*innen massiv unter den Auswirkungen der Corona-Krise leiden, ist der Wert der Banken bereits wieder auf das Vorkrisenniveau gestiegen. Das macht deutlich, wie dringend der Finanzsektor durch spezifische Steuern auf Finanzaktivitäten zur wirtschaftlichen Erholung von dieser Krise beitragen muss.

„Die jährlichen Einnahmen einer umfassenden gerechten FTS machten 30 Prozent des jährlichen Haushaltes der EU oder das 13-fache der geplanten Plastikabgabe aus. Mit dieser Erhöhung der Eigenmittel wäre die EU in die Lage versetzt, die Kosten für die Wiederbelebung nach der Coronakrise mit den nötigen Eigenmitteln finanzieren zu können. So kann kein Mitgliedstaat wieder gezwungen werden, unter die Spar- und Kürzungspolitik zurückzufallen“, erläutert Schirdewan.

Die Europäische Union muss diese globale Debatte maßgeblich führen. Denn in Krisen wie der jetzigen sind Mechanismen, die die Volatilität der Märkte reduzieren und Kapital in langfristige Investitionen umleiten wichtiger denn je.

Andreas Thomsen ist Leiter des Büros Brüssel, Regionalbüro Europäische Union bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Die Studie „The impact of a Financial Transaction Tax (FTT) on economic recovery and financial stability“ steht über diesen Link zum Download als PDF bereit.