Mit JEFTA bekommen Konzernlobbys direkten Einfluss auf geplante EU-Gesetze

 

Eine Auswertung von Corporate Europe Observatory (CEO) und der österreichischen Bundesarbeitskammer zeigt, dass 89 Prozent der Treffen von EU-Verhandlern zu JEFTA mit Konzernlobbyisten stattfanden. Die EU-Kommission hatte zwischen Januar 2014 und 2017 190 Treffen mit Konzernlobbyisten, dagegen kein einziges mit Gewerkschaften oder Klein- und Mittelständlern. Mit der „Regulatorischen Kooperation“ soll vorab geprüft werden, inwieweit geplante Gesetze „handelshemmend“ wirken; japanische und europäische Konzernlobbys bekommen damit direkten Einfluss auf geplante Gesetze – noch bevor diese überhaupt Parlamenten vorgelegt werden.



(Frankfurt am Main, Berlin 17. Juli 2018) Die Vertreter der EU und Japans haben heute in Tokio das Handelsabkommen zwischen der EU und Japan (JEFTA) unterzeichnet. Auch bei JEFTA geht es nicht nur um Zollabbau, also Handel im engeren Sinn. Mit der – auch aus dem europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen CETA bekannten – „Regulatorischen Kooperation“ soll vorab geprüft werden, inwieweit geplante Gesetze „handelshemmend“ wirken. Japanische und europäische Konzernlobbys bekommen damit direkten Einfluss auf geplante Gesetze – noch bevor diese überhaupt Regierungen oder Parlamenten vorgelegt werden, kritisiert Attac Deutschland.

„Konzerne werden mitentscheiden, welche Regeln zwischen der EU und Japan ‚harmonisiert‘ werden sollen. Das stellt ihre Profitinteressen über soziale und ökologische Erwägungen“, kritisiert Roland Süß, Mitglied des Koordinierungskreises von Attac Deutschland.

89 Prozent der Treffen der EU-Verhandler fanden mit Konzernlobbyisten statt

Mitgeschrieben haben JEFTA fast ausschließlich Lobbyisten von Großkonzernen. Eine Auswertung von Corporate Europe Observatory (CEO) und der österreichischen Bundesarbeitskammer zeigt, dass 89 Prozent der Treffen der EU-Verhandler mit Konzernlobbyisten stattfanden. Die EU-Kommission hatte zwischen Januar 2014 und 2017 190 Treffen mit Konzernlobbyisten, dagegen kein einziges mit Gewerkschaften oder Klein- und Mittelständlern. Für Attac zeigt dies, dass JEFTA ein Abkommen von Konzernen für Konzerne ist.

Roland Süß ist Mitglied im bundesweiten Koordinierungskreis von attac.

„JEFTA wurde an der Öffentlichkeit vorbei durchgewunken, als hätte es nie massive Kritik an deren Intransparenz und deren sozialen und ökologischen Blindheit gegeben“, sagt Roland Süß. Nach der Unterzeichnung von JEFTA durch die EU-Regierungschefs muss nur noch das EU-Parlament abstimmen. Da die EU die umstrittenen Sonderklagerechte für Konzerne in einem separaten Abkommen nachreichen will, braucht es bei JEFTA keine Zustimmung der nationalen Parlamente.

DGB: Nicht viel aus TTIP und CETA gelernt

Bereits vor der Unterzeichnung des EU-Japan-Handelsabkommens (Jefta) nahm DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell am Montag Stellung:

„Die verantwortlichen Akteure haben offensichtlich wenig aus den gesellschaftlichen Debatten rund um TTIP und CETA gelernt. Viele unserer damaligen Kritikpunkte treffen auch auf das Japan-Abkommen zu, beispielsweise die unzureichende Ausnahme von Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge und das zahnlose Nachhaltigkeitskapitel. Investitionsschutzbestimmungen wurden in ein separates Abkommen ausgegliedert – was dabei herauskommt, ist noch offen.

Im Kerntext des Japan-Abkommens findet sich kein vollständiger und rechtssicherer Schutz für die Daseinsvorsorge. Vorgesehen sind lediglich diverse partielle Ausnahmen auf Negativlisten, die unnötige Schlupflöcher lassen. Auch beim Nachhaltigkeitskapitel weist das Japan-Abkommen die gleichen Probleme auf wie CETA – unter anderem sind Verstöße gegen dieses Kapitel erneut von der allgemeinen Streitbeilegung ausgenommen und nicht sanktionsbewehrt.

In den Zusatzerklärungen des CETA-Abkommens war eine Überprüfung des Nachhaltigkeitskapitels angekündigt worden, die auch eine ergebnisoffene Diskussion zum Thema wirtschaftlicher Konsequenzen bei Verstößen gegen Arbeitnehmerrechte beinhalten sollte. Diese Debatte um die Ausgestaltung von Nachhaltigkeitskapiteln ist aus unserer Sicht längst nicht abgeschlossen. Deren Ergebnisse sollten nicht nur für CETA, sondern für alle zukünftigen Handelsabkommen der EU gelten.

Wir werden nun in der neuen Domestic Advisory Group des CETA-Abkommens darauf drängen, dass diese Themen weiter diskutiert werden. Aus unserer Sicht gehört es zum Auftrag des Gremiums, auch dafür zu sorgen, dass Verstöße mit angemessenen Mitteln geahndet werden können.“

Stefan Körzell ist Mitglied im Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

In der Domestic Advisory Group (DAG) sollen Vertreter der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft die Umsetzung des Nachhaltigkeitskapitels des CETA-Abkommens überwachen. Gemeinsam mit anderen europäischen Gewerkschaften ist der Deutsche Gewerkschaftsbund in der DAG vertreten. Sie hat sich am 13. Juli zum ersten Mal in Brüssel getroffen.