Neuer Fall Change.org: Attac warnt vor schrumpfenden Spielräumen für kritische Zivilgesellschaft

 

Der Kampagnenplattform Change.org ist nach Attac, dem Demokratischen Zentrum Ludwigsburg, Campact und der antifaschistischen Vereinigung VVN-BDA ebenfalls die Gemeinnützigkeit aberkannt worden: Sie belege den Start von Petitionen an Konzerne wie Nestlé, Amazon oder Shell nicht mit Gebühren oder verhindere sie; der gemeinnützige Vereinszweck „Förderung des demokratischen Staatswesens“ decke nur Petitionen an staatliche Stellen ab, nicht aber an Unternehmen. „Das Engagement gegen die Macht von transnationalen Konzernen, die ganz real demokratische Gestaltungsspielräume einschränken, soll angeblich nicht gemeinnützig sein – Lobbying von Wirtschaftsverbänden wie der Stiftung Familienunternehmen aber schon?“, fragt Maria Wahle vom Attac-Koordinierungskreis.



 

(Frankfurt am Main, 19. März 2021) „Demokratie geschwächt, Konzernmacht gestärkt“ – so kommentiert das globalisierungskritische Netzwerk Attac den erneuten Fall des Entzugs der Gemeinnützigkeit einer zivilgesellschaftlichen Organisation. Wie die Kampagnenplattform Change.org am Donnerstag, den 18. März 2021 mitteilte, ist ihr nach Attac, dem Demokratischen Zentrum Ludwigsburg, Campact und der antifaschistischen Vereinigung VVN-BDA nun ebenfalls die Gemeinnützigkeit aberkannt worden.

Das Finanzamt Berlin begründet die Aberkennung laut Change.org damit, dass die Kampagnenplattform den Start von Petitionen an Konzerne wie Nestlé, Amazon oder Shell nicht mit Gebühren belegt oder verhindert. Der gemeinnützige Vereinszweck “Förderung des demokratischen Staatswesens” decke nur Petitionen an staatliche Stellen ab, nicht aber an Unternehmen, meint das Finanzamt.

„Das Engagement gegen die Macht von transnationalen Konzernen, die ganz real demokratische Gestaltungsspielräume einschränken, soll angeblich nicht gemeinnützig sein – Lobbying von Wirtschaftsverbänden wie der Stiftung Familienunternehmen aber schon?“, fragt Maria Wahle vom Attac-Koordinierungskreis. „Das verstärkt die Schieflage zwischen Konzernmacht und Zivilgesellschaft. Die Spielräume für kritisches bürgerschaftliches Engagement schrumpfen weiter.“

Dirk Friedrichs, ebenfalls aktiv im Attac-Koordinierungskreis sagt weiter: „Erneut zeigt sich: Der Entzug der Gemeinnützigkeit von Attac war der Auftakt. Mit ihm ist ein Präzedenzfall geschaffen worden, der die ganze demokratische Zivilgesellschaft bedroht. Auch darum haben wir kürzlich Verfassungsbeschwerde eingereicht.“

Das Frankfurter Finanzamt entzog Attac 2014 die Gemeinnützigkeit mit der Begründung, das Netzwerk sei zu politisch. Der Einsatz etwa für eine Finanztransaktionssteuer oder eine Vermögensabgabe diene keinem gemeinnützigen Zweck. Einen ersten Prozess 2016 gewann Attac. Im Revisionsverfahren sprach der Bundesfinanzhof (BHF) Attac jedoch 2019 die Gemeinnützigkeit ab. In einem zweiten Urteil im Januar 2021 bestätigte der BFH diese Sicht. Gegen diese letztinstanzliche Entscheidung hat Attac am 26. Februar 2021 Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht.