Statt Wertschöpfung durch Kredite zu ermöglichen, schöpft die Finanzwelt zu oft Mehrwert aus der Wirtschaft ab

 

Lediglich rund 30 Prozent der europäischen Bankbilanzen sind noch der Kreditvergabe an Privathaushalte oder Nicht-Finanzunternehmen zuzurechnen; der Finanzsektor befasst sich immer mehr mit Geschäften innerhalb der eigenen Branche. In der aktuellen Studie „Der Finanzsektor ist zu groß“ legt Finanzwende Recherche anhand von zahlreichen Beispielen dar, inwieweit ein zu großer Finanzmarkt schädlich für Wirtschaft und Gesellschaft ist. Auch das Eindringen von Finanzakteuren in Bereiche wie die Pflege greift die Studie auf, wo Private-Equity-Firmen laut Finanzwende mitunter hohe Renditen auf Kosten von Pflegebedürftigen und Beschäftigten erzielen.



(Berlin, 15. Dezember 2021) In der aktuellen Studie „Der Finanzsektor ist zu groß“ legt Finanzwende Recherche anhand von zahlreichen Beispielen dar, inwieweit ein zu großer Finanzmarkt schädlich für Wirtschaft und Gesellschaft ist. Daten des Statistischen Amts der Europäischen Union zeigen, dass der Sektor in der Eurozone im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung heute doppelt so groß ist wie vor 20 Jahren. Gegenwärtig ist der Sektor nach Darstellung von Finanzwende unter anderem zu sehr mit sektorinternen Geschäften befasst, zu oft in illegale Aktivitäten verwickelt und sorge für Instabilität.

Die Organisation führt unter anderem aus, dass nur rund 30 Prozent der europäischen Bankbilanzen noch der Kreditvergabe an Privathaushalte oder Nicht-Finanzunternehmen zuzurechnen sind. Dagegen befasse sich der Finanzsektor immer mehr mit Geschäften innerhalb der eigenen Branche. Besonders eindrücklich wird dies laut Finanzwende bei der Betrachtung von Geschäften mit Derivaten. Fast 95 Prozent aller ausstehenden Verträge betreffen Geschäfte nur zwischen Finanzakteuren.

Auch das Eindringen von Finanzakteuren in Bereiche wie die Pflege greift die Studie auf, wo Private-Equity-Firmen laut Finanzwende mitunter hohe Renditen auf Kosten von Pflegebedürftigen und Beschäftigten erzielen. „Statt Wertschöpfung durch Kredite zu ermöglichen, schöpft die Finanzwelt zu oft Mehrwert aus der Wirtschaft ab“, erklärt Gerhard Schick, Geschäftsführer von Finanzwende Recherche dazu.

Unter anderem anhand der zunehmenden Bedeutung von Schattenbanken zeigt Finanzwende auch auf, dass der Finanzsektor noch immer schnell zu einer Gefahr für die Stabilität werden kann. Die Organisation weist zudem auf die ineffizienten Vertriebsstrukturen für Finanzprodukte hin, die mitunter zu hohen Kosten für Sparerinnen und Sparer führen. So arbeiten in Deutschland fast 300.000 Menschen im Vertrieb von Finanzprodukten wie Versicherungen oder Hypotheken.

Gerhard Schick meint angesichts der Entwicklung des Finanzsektors: „Es gibt zu viele illegale, unproduktive oder schädliche Finanztransaktionen. Der Finanzsektor ist der Gesellschaft und Wirtschaft an vielen Stellen über den Kopf gewachsen, um nicht zu sagen: Er schadet.“

Laut der Organisation liegen zahlreiche Vorschläge auf dem Tisch, wie ein Austrocknen von Schattenfinanzzentren, höhere Kapitalanforderungen an Finanzinstitute oder eine Finanztransaktionssteuer, damit der Sektor schrumpft. Dadurch könne sich der Finanzsektor wieder auf seine wesentlichen Aufgaben wie die Kreditvergabe konzentrieren. 

Finanzwende Recherche ist eine gemeinnützige Tochtergesellschaft der Bürgerbewegung Finanzwende. Die Organisation verwirklicht ihre Ziele wie Aufklärung und Verbraucherschutz, indem sie Informationen sammelt und für die Öffentlichkeit aufbereitet.


Gerhard Schick ist Geschäftsführer von Finanzwende Recherche.


Die Studie „Der Finanzsektor ist zu groß“ steht über diesen Link zum Download als PDF bereit.