Und was ist mit den Menschenrechten? Wie deutsche Unternehmen im Geschäft mit China ihren Sorgfaltspflichten nachkommen können

 

Je bedeutender die Produktion in China für globale Wertschöpfungsketten wird, desto relevanter wird die Frage nach den menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten von deutschen und europäischen Unternehmen, die Produkte aus China beziehen oder dort fertigen lassen. Die Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten stößt bei Zulieferern oder Tochterfirmen in China durch das autoritäre Umfeld und die weggebrochenen Handlungsspielräume für Beschäftigte sowie Arbeitsrechtsorganisationen auf enge Grenzen. Das Südwind-Institut für Ökonomie und Ökumene hat sich mit der Problematik in einer ausführlichen Studie auseinandergesetzt.

(Bonn, 17. September 2024) Ob Solarmodule, E-Autos, Computer oder Textilien – kaum ein Wirtschaftszweig ist weltweit inzwischen nicht von China dominiert. Ohne den Rohstoffbezug aus China und chinesische Produktentwicklung steht das westliche Konsum- und Wirtschaftsmodell still. Gleichzeitig erscheinen regelmäßig Nachrichten über erhebliche Menschenrechtsverletzungen in China. Die Arbeitsbedingungen sind für viele Beschäftigte in China miserabel. Die Tatsache ist auch den vielen deutschen Unternehmen, die in China tätig sind, bekannt. Wie aber passt das zusammen mit den Anforderungen des geltenden deutschen und bald in Kraft tretenden europäischen Lieferkettengesetzes?

Dieser Frage geht SÜDWIND in einer Studie nach, die soeben veröffentlicht wurde. „In der Studie gehen wir auf die Entwicklungen in China und beispielhaft auf drei wichtige Wirtschaftssektoren ein“, so Dr. Sabine Ferenschild, Autorin der Studie. „Im Fokus stehen die Produktion von Polysilicium – essenziell für die boomende Solarbranche – sowie die Produktion von Textilien und Containern für die internationale Handelsschifffahrt. Dabei gehen wir auf die eklatanten Menschenrechtsverletzungen in diesen Wirtschaftssektoren ein – wie Zwangsarbeit, fehlende Vereinigungsfreiheit und Armutslöhne.“

Die Studie betont: „Je bedeutender die Produktion in China für globale Wertschöpfungsketten wird, desto relevanter wird die Frage nach den menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten von deutschen und europäischen Unternehmen, die Produkte aus China beziehen oder dort fertigen lassen.“ Jedoch stoße die Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten bei Zulieferern oder Tochterfirmen in China durch das autoritäre Umfeld und die weggebrochenen Handlungsspielräume für Beschäftigte sowie Arbeitsrechtsorganisationen auf enge Grenzen. Arbeitsrechtsverletzungen wie die fehlende Gewerkschaftsfreiheit oder staatlich angeordnete Zwangsarbeit seien in China systematisch. Zugleich konnte die Studie allerdings auch Anknüpfungsmöglichkeiten für die Umsetzung von Sorgfaltspflichten im chinesischen Arbeitsrecht, in den chinesischen Aktionsplänen für Menschenrechte sowie in der Beteiligung Chinas an UN-Prozessen zu sozial verantwortlichem Unternehmenshandeln benennen.

SÜDWIND teile die Kritik vieler, vor allem zivilgesellschaftlicher Stimmen an der autoritären Entwicklung und den massiven Menschenrechtsverletzungen in China, so Ferenschild. „Dennoch muss man der Tatsache ins Auge blicken, dass globalen Herausforderungen, wie die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens sowie das Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele für Entwicklung, nicht ohne Kooperation mit China begegnet werden kann. Eine Abkopplung von China ist unrealistisch.“

Es gehe im Blick auf die menschenrechtlichen Herausforderungen bei China-Geschäften nicht um pauschale Antworten, stellt die Studie klar, sondern aus menschenrechtlicher Perspektive um eine differenzierte Überprüfung, an welchen Punkten Kooperation mit China sinnvoll und notwendig sei und wo sie sich verbiete. Diese Überprüfung müsse ein laufender Prozess sein, der kontinuierlich die weitere Entwicklung in China berücksichtige.

Dr. Sabine Ferenschild ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Südwind-Institut für Ökonomie und Ökumene.

Die Studie „Und was ist mit den Menschenrechten?“ steht über diesen Link zum Download als PDF-Datei bereit.