Die EU kann den Sprengsatz im östlichen Mittelmeer leicht entschärfen: Sie braucht nur ihre eigene Klimapolitik ernst zu nehmen

 

Die Kolumne von Hans-Jochen Luhmann

In der Konfliktsituation um die Vorkommen von Erdgas im östlichen Mittelmeer steckt die EU in einer unhaltbaren Position: als sei sie in einen Baum geklettert und in den Bereich unstabiler Äste geraten. Einen Schlüssel, der einen Ausweg aus der festgefahrenen Situation bieten könnte, hat kürzlich Sofía Lopez Piqueres vom European Policy Centre in Brüssel publiziert. Sie setzt bei den Energie-Interessen der beteiligten Länder an.



 

In der Konfliktsituation um die Vorkommen von Erdgas im östlichen Mittelmeer steckt die EU in einer unhaltbaren Position: als sei sie in einen Baum geklettert und in den Bereich unstabiler Äste geraten. Um den Konflikt entschärfen zu können, muss sie von dort wieder zurück. Wie ist ihr dabei Hilfestellung zu leisten?

Aktuelle Konfliktpartner dort im Südosten, am Nordrand des Mittelmeeres, sind die Türkei, Griechenland und Zypern. Die geographische Lage ist wichtig. Griechenland und Zypern, beide Mitglieder der EU, können gemäß Art. 42 Abs. 7 Lissabon-Vertrag (EUV) militärischen Beistand ihrer 26 EU-Partner in Anspruch nehmen – allerdings nur im Falle eines „bewaffneten Angriffs“. Über die NATO sind 21 EU-Mitglieder der Türkei und Griechenland verbunden und zu entsprechendem Beistand nach Art. 5 NATO-Vertrag verpflichtet – da ist Zypern außen vor. Wir erleben einen Konflikt mit „überlappenden Bündnisverpflichtungen“.

Es gibt weitere Konfliktpartner: neben Griechenland und Zypern sind dies Israel und Ägypten. Die Vier, im Verbund mit dem Libanon und den Palestinensern, haben sich im East Mediterranean Gas Forum (EMGF) mit Sitz in Kairo zusammengeschlossen – und präzise die Türkei ausgeschlossen.

Man stelle sich die Position Ägyptens vor Augen im Konflikt in seinem Nachbarland Libyen sowie dessen Allianz mit Saudi-Arabien, speziell im Jemen-Krieg, sowie die neue Quasi-Bündnis-Konstellation, die Israel im Abraham-Abkommen eingegangen ist. All das zeigt, dass die gegenwärtig übliche Stilisierung, es ginge lediglich um einen Konflikt der drei Staaten Griechenland, Zypern und Türkei, der Wirklichkeit nicht voll gerecht wird. Zum Bild hinzu gehören zudem die beiden folgenden Nachrichten: Zypern erhält neuerdings von den USA Waffen; auf Kreta haben die USA sich den zentralen Tiefwasserhafen gesichert und bauen ihn gegenwärtig massiv aus.

Hinaufbegeben in die Äste hatte die EU sich, um ihren EU-Partnern Solidarität zu zeigen. Aus diesem Motiv heraus hatte die EU seerechtlich eine Maximal-Position bezogen. Die USA haben das anders gehalten, zumindest lange Zeit. Erst neuerdings haben die USA ihre rechtliche Einschätzung geändert, haben sich entschieden, Partei zu ergreifen gegen die Türkei. Die Motive dafür sind unklar. Strategische Entscheidungen mag man den USA kaum mehr zutrauen, vielleicht geht es ihnen allein darum, Griechenland und Zypern als Absatzmarkt für die US-Waffenindustrie zu erschließen. Vielleicht geht es aber auch um die Abwehr Russlands.

Zur Legitimität der türkischen Position

Die Position der Türkei ist seerechtlich legitim. Sie will, ihrer langen Küste und folglich Küstensockel gemäß, einen fairen Anteil an den Nutzungsrechten, wie es dem Geist des UN-Seerechtsabkommens entspricht und in Ausnahmeklauseln auch zu Papier gebracht ist. Die türkische Position ist auch im Falle Zyperns legitim. Die Insel ist gespalten, in einen griechischen Teil, der der international anerkannten Regierung untersteht; und in einen türkisch besiedelten Nordteil, der international unvertreten ist, was die türkische Regierung übernimmt. Die Regierung Zyperns hat die Erdgas-Prospektion begonnen. Ist sie erfolgreich, so das Kalkül, fließen dem zypriotischen Staat Erträge zu – aber eben nur der legitimierten Regierung und damit nur dem südlichen, dem nicht-türkischen Teil der Bevölkerung.

Die Regierung Zyperns verfolgt ein einseitiges und ausgrenzendes Konzept, bietet dem Norden der geteilten Insel keine Mitbeteiligung an dem (unverdienten) Schatz an – wenn er denn einer ist. Stattdessen blockiert sie die Türkei, die in Regionen prospektiert, die zu Nordzypern gehören würden, wenn die faktische Teilung der Insel völkerrechtlich nachvollzogen würde. Die Maximalposition der international anerkannten Regierung Zyperns ist legalistisch. Sie ist faktisch diskriminierend, deshalb verdient sie keine Unterstützung. Dazu aber müsste die EU ihrerseits sich über eine rein rechtliche Argumentation hinausbegeben. Die jüngste Äußerung von EU-Seite, die Resolution des Europäischen Parlaments vom 17. September 2020, spricht eine andere Sprache, ist das Angebot einer Leiter, um sicher hinabzusteigen.

Es gibt einen weiteren Konfliktpunkt, diesmal zwischen der Türkei einerseits und den Mitgliedsstaaten des East Mediterranean Gas Forum andererseits. In diesem Falle geht es um die konzipierte Pipeline EastMed, mit der Gas aus den Funden, diesmal insbesondere vor Israel und Ägypten, nach Europa transportiert werden soll. Der geplante Verlauf der Pipeline: von den genannten Förder-Feldern gen Zypern, von dort westlich gen Kreta, dann quer, in nordwestlicher Richtung, durch die südliche Ägäis zum Pelepones. Dann auf griechischem Festland gen Mazedonien. Und kurz vor der Grenze Mazedoniens wieder westwärts über die Adria nach Italien.

Für diesen Verlauf hat die türkisch-libysche konsensuale Festlegung von Ausschließlichen Wirtschaftzzonen (AWZ) quer über das Mittelmeer von Dezember 2019 einen Riegel gelegt – so der Anspruch dieser beiden Staaten. Soll es zum Bau der Pipeline kommen, so haben die Bauherren, die die Türkei ausdrücklich ausgeschlossen haben, mit den Widerstand der Türkei umzugehen. Voraussichtlich würde der Bau der Pipeline nur unter dem Schutz von Kanonenbooten möglich sein.

Der Schlüssel zur Lösung

Einen Schlüssel, der einen Ausweg aus der festgefahrenen Situation bieten könnte, hat kürzlich Sofía Lopez Piqueres vom European Policy Centre in Brüssel publiziert. Sie setzt bei den Energie-Interessen aller drei Länder an. Es kommt eben Zweierlei zusammen.

  1. Die fossilen Gas-Vorkommen im Meeresboden sind extrem tief gelagert und deswegen nur sehr aufwändig zu fördern; zudem will die EU spätestens 2050 kein Erdgas-Molekül mehr auf ihrem Territorium, auch nicht in Griechenland und auf Zypern, in Verkehr gebracht und verbrannt sehen. Dass die – erst noch zu prospektierenden – Erdgas-Vorkommen tatsächlich den immensen Aufwand für Förderung und Ferntransport wert seien, ist deswegen eher unwahrscheinlich; die Zeit rennt den Erdgas-Vorkommen zudem davon.
  2. Die drei Staaten liegen in einer extrem solarstrahlungsreichen Region, auch seenah, deswegen besonders wind-höffig. Die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Ausbeutbarkeit von Sonne und Wind sind hier, in allen drei am Konflikt um das Auslaufmodell „Erdgas“ beteiligten Staaten, in höchstem Maße gegeben – zudem hat die EU für dieserart Energieträger ein hohes und extrem steigerbares Interesse an Importen.

Vergleicht man diese beiden Optionen, so liegt es nahe, dass die drei Staaten sich eines Besseren besinnen könnten hinsichtlich ihrer wirklichen energiewirtschaftlichen Interessen. Eine Arbeitsgruppe, in der eine Abwägung dieserart stattfindet, könnte zum Ergebnis haben, dass die Kanonenboote wieder eingemottet werden.


Es wird vom Lion Air Flug am Tag zuvor (28. Oktober 2018) berichtet, dass die Piloten mit demselben Problem zu kämpfen hatten, zufällig aber ein nicht-diensthabender erfahrener Pilot mit im Cockpit war und sagen konnte „Ich kenne das Problem, Ihr müsst den Hebel X drücken.“

Die Untersuchungen in Seattle haben inzwischen etwas weit Ärgeres herausgebracht: Für die gesamte 737-Serie wurde das Duplizitätsprinzip für die Computersteuerung an Bord zwar hardwareseite eingebaut – dann aber wurden die faktisch nicht sinngemäß laufen gelassen, also einer aktiv, éiner im Stand-by, um im Fall des Ausfalls übernehmen zu können. Die beiden Bordcomputer waren vielmehr so eingestellt, dass die pro Flug abwechselnd nur einzeln eingeschaltet wurden.

Vgl. dazu die folgende Meldung vom 6.6.14 (Interfax Ukraine):
<<Interior Minister Arsen Avakov has said. „I have decided that a hundred percent of combat and patrol units of the Interior Ministry will take part in the antiterrorism operation. This is not only a necessity but also a test of their proficiency, spirit and patriotism. The tempering of units with real threats and challenges is a factor of the creation of a new police force which will be trusted by the public,“ … Avakov reported that 21 officers of the Chernihiv special-purpose patrol battalion comprising volunteers refused to go on a patrol mission in Luhansk region. „The battalion was assigned a patrolling mission in Luhansk region the day before yesterday. Eighty-six men departed to the designated sector to do a man’s job and to accomplish a combat mission in the regime of antiterrorism patrols. Twenty-one persons refused to go and submitted their resignations… They were dismissed immediately,„>>