Climate Engineering

 

von Wolfgang Osterhage

Climate-Engineering-Maßnahmen sind – thermodynamisch gesehen – irreversible Prozesse, sie können die empfindliche Feinabstimmung unseres Lebensraumes stören und eine chaotische Dynamik entwickeln. Am Ende könnte das Ergebnis stehen, was durch Climate Engineering verhindert werden soll: die Gefährdung des Lebens auf diesem Planeten. Dem gegenüber steht die einfache Überlegung, dass wir kein geeignetes Testsystem besitzen, um alle Auswirkungen vor der Scharfschaltung zu prüfen, wie das zum Beispiel bei der Einführung neuer Software standardmäßig der Fall ist. Wir haben immer nur einen Schuss. Wenn der daneben geht, gibt es keinen Weg mehr zurück.



 
Im Rahmen der Klimadiskussion sind Befürchtungen entstanden, dass die bisher eingeleiteten und zukünftig vielleicht noch zu verschärfenden Reduzierungen von so genannten Treibhausgasen möglicherweise nicht ausreichen werden, um die gewünschten Effekte einer Klimastabilisierung zu erreichen. Deshalb werden jetzt Maßnahmen vorgeschlagen, die durch ein pro-aktives, massives Eingreifen im Rahmen eines Climate Engineering das Erdklima nachhaltig verändern sollen.

Um die allgemeine Diskussion einzuengen, ist es erforderlich, sich auf einen Konsens zu einigen, auf dessen Basis die weiteren Betrachtungen stattfinden. Andererseits wollen wir hier keine Grundsatzdebatte über den Klimawandel führen. Das ist nicht Gegenstand dieses Beitrags. Also nehmen wir zur Kenntnis:

  • Kurzfristige Wahrnehmungen (im Rahmen von einigen Dekaden, zumindest seit systematischer Datenerhebung mit akzeptabler Qualität) lassen darauf schließen, dass das planetare Klima sich verändert.
  • Vergleiche mit groben Daten aus der Vergangenheit, die weiter zurückliegen, unterstützen diese Trendanalyse.
  • Auf Basis dieser Entwicklungen wurden umfangreiche Modellrechnungen angestellt, die die weitere klimatische Entwicklung in die Zukunft hinein zu projizieren versuchen.
  • Man kann jetzt hingehen – wie es auch gemacht wird ‑ und theoretisch zwischen natürlichen Zyklen und dem Einfluss menschlicher Tätigkeiten unterscheiden. Diese Gewichtung steht hier allerdings nicht im Vordergrund. Die Basis für die folgenden Ausführungen ist: Es gibt einen Klimawandel, und es gibt Überlegungen, ihn bewusst und künstlich zu beeinflussen. Was sind die Konsequenzen solchen Handelns? Welche Möglichkeiten gibt es überhaupt mit welchen Risiken? Wie sehen die physikalischen Vorgänge in diesem Zusammenhang aus?

Problemstellung       

Die Frage, die sich stellt, lautet ganz banal: Was ist zu tun vor dem oben beschriebenem Hintergrund? Dazu gibt es drei mögliche Antworten:

  1. Nichts tun und abwarten, ob sich das Problem von alleine löst und zum Beispiel hoffen, dass die Vorteile für die Einen (geografisch gesehen) die Nachteile der Anderen aufwiegen.
  2. Maßnahmen zur Reduzierung von zum Beispiel Treibhausgasen weiterführen, gegebenenfalls beschleunigen, in der Hoffnung, dass diese Maßnahmen ausreichen, sofern sich eine Verstärkung dieser Maßnahmen politisch durchsetzen lässt.
  3. Pro-aktive Eingriffe in die Klimadynamik durchführen; dies ist Gegenstand der Erörterungen in diesem Beitrag.

Alle drei, aber insbesondere die letzteren Maßnahmen müssen einer Risikoanalyse unterzogen werden mit Blick auf zu erwartende Erfolge.

Gezielte Eingriffe in das Klimasystem

Wir wollen uns weiter beschäftigen mit den pro-aktiven Eingriffen in das Klimasystem, um die es ja hier geht. Es gibt in diesem Zusammenhang zwei grundsätzlich verschiedene technologische Ansätze, die erläutert werden sollen:

  • Technologien zur ursächlichen Rückführung und
  • Technologien zur symptomatischen Kompensation des Klimawandels.

Technologien zur ursächlichen Rückführung:

Wie auch die Technologien zur Kompensation werden diese Maßnahmen im Einzelnen noch angesprochen. Hier nur ein kurzer Überblick. Der Hauptansatz ist der so genannte CDR-Ansatz. CDR steht für „Carbon Dioxide Removal“ – also dem Eliminieren beziehungsweise Entfernen von Kohlendioxid. Dieses Ziel soll erreicht werden durch unterschiedliche

  • biologische,
  • chemische und
  • physikalische Prozesse,

mit deren Hilfe versucht wird, CO2 von den Ozeanen und der Biosphäre aufnehmen zu lassen.

Technologien zur symptomatischen Kompensation des Klimawandels:

Die Technologien zur Kompensation lassen sich unter dem Begriff „Radiation Management“ (RM) zusammenfassen. Gemeint ist damit die Einflussnahme auf die Sonneneinstrahlung auf die Erde. Das könnte über drei Ansätze erreicht werden:

  • die Reduzierung des kurzwelligen Sonnenlichtes,
  • einer Erhöhung der Reflexion in der Atmosphäre oder von der Erdoberfläche aus,
  • einer Erhöhung langwelliger thermischer Abstrahlung zurück in den Weltraum.

Die öffentliche Diskussion, aber auch die Fachdiskussion befindet sich noch in einem frühen Stadium. Weite Teile der Öffentlichkeit sind mit der Thematik überhaupt nicht vertraut. Man findet nur gelegentlich Berichte in den einschlägigen Medien. Die eigentliche Debatte spielt sich in einem kleinen Kreis von Experten ab. Zu den Stakeholdern gehören bisher Teilnehmer aus der Forschung, einige NGOs, interessierte Unternehmen, aus der Politik.

Die Forschung beschäftigt sich zum Einen mit allgemeinen Betrachtungen zur Strahlungsbilanz, zum anderen mit der Entwicklung konkreter Technologien. Das bedeutet, dass die erwarteten Wirkungsweisen, deren Effizienz vor dem genannten Ziel und die dadurch resultierenden gesellschaftlichen Auswirkungen – seien es während der Vorbereitungsphase durch Akzeptanzprobleme oder durch klimatische Veränderungen nach dem Einsatz – von den Beteiligten völlig unterschiedlich bewertet werden.

In Deutschland herrscht zurzeit (2016) eine weitgehende Intransparenz, was Planungen und Ziele angeht. Die damit verbundene Unsicherheit, die sich noch nicht hörbar artikuliert, ist möglicherweise konfliktträchtig und birgt in sich ein Potential zur Polarisierung. Es ist zu erwarten, dass ein gesamtgesellschaftlicher Konsens eher unwahrscheinlich ist. Auf jeden Fall ist eine komplexe Debatte zu erwarten. Obwohl wir uns diesbezüglich noch im Frühstadium befinden, gibt es bereits Befürworter und Gegner.

Bei den Gegnern spielt unter anderem die Sorge eine Rolle, dass durch die Akzeptanz von Climate Engineering die aktuell forcierte Emissionskontrolle nicht mehr ernst genommen wird. Deshalb meinen einige Leute, Climate Engineering durch eine Verschärfung der Emissionskontrolle überflüssig machen zu können. Außerdem bezweifelt man die Wirksamkeit von Climate Engineering-Maßnahmen und hat Bedenken bezüglich der ökonomischen Effizienz. Man befürchtet zudem hohe Risiken durch unerwünschte Nebenwirkungen (dieses Argument wird weiter unten ausführlicher behandelt). Und schließlich spielen ethische Einwände in der Ablehnung von Climate Engineering eine wichtige Rolle.

Die Befürworter argumentieren, dass Climate Engineering auf jeden Fall effizienter sein würde als Emissionskontrolle. Weiterhin wird angeführt, dass die Klimaziele, die sich die Welt gesteckt hat, ohne Climate Engineering niemals zu erreichen sein werden. Auf jeden Fall sollte man sich Climate Engineering als Notfalloption vorbehalten, wenn es zu einer Klimakatastrophe kommen würde (da manche Climate Engineering -Ansätze aber lange Zeiträume benötigen, bevor sie wirksam werden, erscheint dieses Argument unplausibel).

Die wichtigste Frage, die beantwortet werden will, lautet: Was soll überhaupt kompensiert werden? Dazu muss man sich die beiden Technologie-Ansätze im Einzelnen ansehen. Radiation Management-Technologien ermöglichen theoretisch eine rasche Absenkung der globalen Temperatur, sind allerdings wenig wirkungsvoll zur Absenkung von zum Beispiel Niederschlagsverteilungen. Außerdem müssten sie aus Gründen der Nachhaltigkeit für lange Zeiträume im Einsatz bleiben.

Soll das Ziel aber darin bestehen, den bereits erfahrenen beziehungsweise noch zu erfahrenden Klimawandel zu einem noch zu definierenden Zustand zurückzuführen, so ist das nur erreichbar durch den Einsatz von Carbon Dioxide Removal-Technologien. Dabei ist allerdings keine schnelle Absenkung der globalen Durchschnittstemperatur zu erwarten.

In die Gesamtbetrachtung aller möglichen Szenarien werden grundsätzlich immer alle beteiligten Stoff- und Energieströme einbezogen. Diese Kreisläufe reagieren von Natur aus umso sensibler, je großkalibriger der technologische Einsatz ist.

Radiation Management-Technologien greifen in die globale Strahlungsbilanz ein. Noch völlig unbekannt ist dabei die Rückkopplung zum übrigen Erdsystem, genauso wie mögliche Auswirkungen auf die Biosphäre. Rückkopplungen auf biologische Kreisläufe sind ebenfalls denkbar durch Carbon Dioxide Removal-Technologien. Dazu sind durch Letztere ausgelöste meteorologische Nebeneffekte noch unvorhersehbar.

Das Erdsystem ist so komplex, dass Erkenntnisse, die auf regionaler Ebene gewonnen werden, keine spezifischen Aussagen über die tatsächlich global zu erwartenden Wirkungen und Nebeneffekte gemacht werden können. Schon aus diesem Grunde ist ein Risiko freies Climate Engineering nicht denkbar. Wir hätten es also mit einer weiteren anthropogenen Qualität bei der Klimagestaltung zu tun. Natürlich macht man sich Gedanken über großflächige Feldversuche. Solche Versuche benötigen allerdings – je nach eingebrachter Technologie – lange Beobachtungszeiträume, teilweise bis zu Jahrzehnten. Das damit einhergehende groß angelegte Monitoring muss in der Lage sein, zwischen natürlichen und künstlichen Langzeitwirkungen zu unterscheiden. Dazu müssen insbesondere die natürlichen Klimazyklen genau bekannt sein, was bisher noch nicht der Fall ist. Auf jeden Fall kämen auf die Gesellschaften in den beteiligten Ländern gewaltige Belastungen zu. Die damit einhergehenden Diskussionen wären vergleichbar mit denen über Kernenergie oder Gentechnik.

Konfliktpotential

Kaum begann man das Nachdenken über Climate Engineering, gingen bereits Überlegungen in eine ganz andere Richtung – das übliche dual use Potential: Kann man Climate Engineering-Technologien auch militärisch einsetzen. Die Idee der Klima-Waffe war geboren. Dazu hat die Bundeswehr bereits Machbarkeitsanalysen durchgeführt. Die Militärs sind zu folgenden vorläufigen Ergebnissen gekommen:

Der Einsatz einer Klimawaffe ist nicht völlig unwahrscheinlich, insbesondere, wenn man glaubt, im Gefechtsfeld lokal begrenzte Wettermodifikationen zu erreichen, die dem Gegner nachteilig sein könnten. Gleichzeitig wird jedoch der militärische Nutzen als vernachlässigbar eingestuft. Außerdem ist, wie bereits oben angedeutet, eine regionale Begrenzung schwierig bis unmöglich. Da es sich beim Einsatz einer Klimawaffe um einen Bruch des Völkerrechts handeln würde, sind die einhergehenden politischen Kosten hoch, sodass eigentlich nur irrationale nicht-staatliche Akteure potentiell infrage kommen. Da heutzutage die meisten internationalen Konflikte von Letzteren bestimmt werden, ist eine solche Gefahr doch nicht zu unterschätzen.

Konkrete technologische Maßnahmen

Die Energiebilanz des Erdsystems wird bestimmt durch zwei Größen: Solarkonstante (einfallende kurzwellige Strahlung) und Albedo (Gesamtreflektion von Sonnenstrahlung durch das Erdsystem. Wie kann man nun die Strahlungsbilanz beeinflussen? Dafür sind grundsätzlich drei Ansätze denkbar:

  • die Verringerung der Solarkonstante oder
  • Erhöhung der Albedo
  • Erhöhung der thermischen Ausstrahlung des Erdsystems.

Und daraus ergeben sich dann die beiden Methodenklassen, die diskutiert werden:

  • Solar Radiation Management (SRM)
  • Thermal Radiation Management (TMR).

Um die Reduktion der Einstrahlung auf die Erde zu erreichen, werden folgende Ansätze diskutiert:

  • Installation von Millionen von Spiegeln am Lagrange-Punkt zwischen Sonnen und Erde (1,6 Millionen Kilometer entfernt) über mehrere Jahrzehnte. Der Lagrange-Punkt ist die Stelle in unserem Sonnensystem, an dem sich Erd- und Sonnenanziehung aufheben. Diese Maßnahme würde eine spiegelnde Wolke 100.000 mal 13.000 km2
  • Installation von reflektierenden Schirmen auf der Erdumlaufbahn
  • Erzeugung einer feinen Staubschicht mit einer Gesamtmasse eines mittleren Asteroiden im erdnahen Bereich.

Für all diese Maßnahmen gibt es Modellrechnungen, die jedoch die unterschiedlichsten Effekte in allen Richtungen aufweisen – je nach Wahl der zur Verfügung stehenden Parameter.

Alternativ (oder in Kombination?) dazu stehen Ansätze zur Erhöhung der Albedo. Das soll durch gezielte Oberflächenänderungen erreicht werden.

Die Erhöhung der Albedo kann durch unterschiedliche Maßnahmen erreicht werden:

  • Erhöhung der Albedo durch reflektierende Staubpartikel: Eine Methode besteht darin, Schwefeldioxid in die Stratosphäre einzubringen. Neben den erwarteten Folgen bezüglich der Albedo gibt es aber ernsthafte Warnungen. So wird die Entstehung von Schwefelsäuretröpfchen befürchtet. Das kann zu einer möglichen Erwärmung der Stratosphäre führen sowie zu einer Azidität von Niederschlägen mit zugehörigen negativen Effekten auf den globalen
  • Modifikation mariner Schichtwolken: Als marine Schichtwolken werden solche Wolken benannt, die sich niedrig über den Ozeanoberflächen lagern. Um den geplanten Effekt zu erzielen, ist vorgesehen, dass Schiffe eingesetzt werden, die Seewasser durch Pumpen aufnehmen und dieses Wasser über besondere Syphone in die niedrig gelagerten Wolken versprühen. Dabei sollen die Salze als Konzentrationskerne für die Bildung von Wassertröpfchen in den Wolken diesen. Das würde schließlich zu einer Erhöhung der Wolkenalbedo führen.
  • Albedoerhöhung durch reflektierende Landoberflächen: Um die Albendo von reflektierenden Landoberflächen zu erhöhen, sind zwei Methoden denkbar: die Veränderung des landwirtschaftlichen Kulturlandes und die bewusste Veränderung von urbanen Flächen. Während die letztere Option technisch relativ einfach umsetzbar wäre (abgesehen von den Kosten und den Konsequenzen für die Bewohner von Städten), birgt der zweite Ansatz andere Schwierigkeiten. Um die Albedo zu erhöhen, ist die Verwendung von Pflanzen mit höherem Blattglanz notwendig. Mit herkömmlichen Nutzpflanzen ist dieser Effekt nicht erreichbar, deshalb geht das nur über die Ausweitung unfruchtbarer Flächen. Das hätte als Konsequenzen zum einen die Gefährdung der Biodiversität und zum anderen einen entsprechenden, schwer kalkulierbaren Einfluss auf den Kohlenstoffkreislauf.

Der nächste größere Methodenkomplex zielt ganz allgemein auf die Erhöhung der thermischen Ausstrahlung. Dazu bieten sich folgenden Varianten an:

  • Modifikation dieses Mal von Zirruswolken: Für diesen Zweck sollen dieses Mal Flugzeuge eingesetzt werden. Von diesen aus sollen Eiskerne in die kalten hohen Eiswolken eingesät werden. Das hätte eine Veränderung des Ausstrahlungseffektes zur Folge. Heutige Kenntnisse deuten an, dass eine erhebliche Unsicherheit bezüglich der Dynamik zwischen Eiskerneigenschaften und Eiswolken besteht. Da Zirruswolken aber nicht stabil und an einem Ort bleiben, wäre eine häufige Wiederholung dieses Einsäens erforderlich.
  • Beschleunigung der physikalischen Kohlenstoffpumpe im Ozean: Ozeane gelten als CO2-Senken. Man plant nun, durch diverse Technologien absinkende Meeresströmungen so zu modifizieren, dass die Aufnahme von CO2 in die Tiefsee verstärkt wird.
  • Beschleunigung der physikochemischen Kohlenstoffpumpe im Ozean: Bei der physikochemischen Kohlenstoffpumpe soll die Ausnutzung der Löslichkeit von CO2 in Wasser ins Spiel gebracht werden. Das soll gewährleistet werden durch das Einbringen von Kalkmineralien in die Meere, um deren Alkalität zu erhöhen und somit eine Verstärkung der Löslichkeit zu erreichen.
  • Beschleunigung der biologischen Kohlenstoffpumpe im Ozean: Mit diesem Ansatz wird direkt in die Nahrungskette eingegriffen. Zunächst möchte man die Bakterien- und Algenmassen erhöhen, was in direkter Folge ebenfalls eine Erhöhung der globalen Photosynthese nach sich zöge. Eine weitere Komponente ist dann die Einbringung von Eisen und Stickstoff in die Ozeane, um das Planktonwachstum zu steigern. Durch beide Maßnahmen würde die natürliche Nahrungskette modifiziert. Es ist auch nicht auszuschließen, dass die Anzahl von toxischen Mikroorganismen ebenfalls anwächst.
  • Erhöhung der Kohlenstoffbindung: Im Grunde genommen geht es bei diesen Vorhaben um nichts anderes als Verbrennung von Holz. Zunächst ist geplant, die Sahara aufzuforsten. Ist das einmal gelungen, möchte man das dann zu erntende Holz durch Pyrolyse zu Holzkohle verarbeiten, um somit das CO2 zu binden. Die Produkte des Pyrolyse-Prozessen müssten sodann in Langzeitendlager verbracht und gehortet werden.
  • Beschleunigung von Verwitterung: Der natürliche Verwitterungsprozess soll vorangetrieben werden. Diese Ideen beruht auf der Erkenntnis, dass auch Kohlesäureverwitterung auf der geologischen Zeitskala als CO2-Senke eine wichtige Rolle spielt. Die Silikatverwitterung, die hier gemeint ist, könnte verstärkt werden durch das Einbringen von Olivinpulver in tropische Wälder oder in Küstengewässer. Eine erste Schätzung bezüglich der erforderlichen Menge beziffert diese als Äquivalent zur gegenwärtigen Weltkohleproduktion. Eine andere Möglichkeit wäre der Einsatz von Salzsäure an Land, um die Verwitterung zu beeinflussen. Die erforderliche Menge an Salzsäure erhofft man sich durch elktrochemische Entnahme dieses Stoffs aus den Weltmeeren.
  • kontrolliertes Entfernung von CO2: das so genannte Air Capture Verfahren sieht zunächst vor, das Luft über einen Absorber geleitet wird (in diesem Falle Natriumhydroxid), sodass reines CO2 als Rückstand verbleibt. Dieses CO2 müsste dann wiederum in entsprechende Endlager verbracht und gehortet werden.

Nebenwirkungen

Angesichts der teilweise abenteuerlich anmutenden Vorschläge stellt sich natürlich die Frage nach den möglichen Begleiterscheinungen beim Einsatz der angedachten Technologien. Diese Nebenwirkungen können selbstverständlich unterschiedlich sein entsprechend der Art der Maßnahmen. Die folgende Liste gibt nur einen Aufriss der Möglichkeiten wieder, ohne in die Details zu gehen:

  • Abkühlung der Tropen (Albedo-Maßnahmen)
  • Erwärmung des Meerwassers (Kombination unterschiedlicher Ansätze)
  • Abschwächung von Wasserkreisläufen generell
  • Beeinflussung des gesamten Energiehaushalts der Erde (Albedo- und Abstrahlungsmaßnahmen)
  • erhöhte Azidität (Verwitterungsbeschleunigung)
  • Einfluss auf den Kohlenstoffkreislauf (CO2-Maßnahmen)
  • Meeresversauerung (Kombination unterschiedlicher Ansätze)
  • Beeinflussung der Nahrungskette (praktisch durch alle Maßnahmen)
  • Beeinträchtigung von Landwirtschaft und Fischerei
  • Erhöhung der Alkalinität (Kohlenstoffpumpe)

Die Kombination von unterschiedlichen Climate Engineering-Maßnahmen kann zu Kompensationen, gegenläufigen Effekten oder Übersteuerung führen. Bei einem tatsächlichen großflächigen Einsatz ist das gesamte Problem der Überwachung und Gegensteuerung vorab zu lösen.

Fazit

Climate-Engineering-Maßnahmen sind – thermodynamisch gesehen – irreversible Prozesse, können die empfindliche Feinabstimmung unseres Lebensraumes (quasi-chaotischer Zustand) stören und eine chaotische Dynamik entwickeln. Am Ende könnte das Ergebnis stehen, was durch Climate Engineering verhindert werden soll: die Gefährdung des Lebens auf diesem Planeten. Dem gegenüber steht die einfache Überlegung, dass wir kein geeignetes Testsystem besitzen, um alle Auswirkungen vor der Scharfschaltung zu prüfen, wie das zum Beispiel bei der Einführung neuer Software standardmäßig der Fall ist. Wir haben immer nur einen Schuss. Wenn der daneben geht, gibt es keinen Weg mehr zurück.

Dr. Dr. Wolfgang Osterhage war bis Ende 2017 Mitglied im Redaktionsteam von proprium | sinn schaffen – horizonte öffnen. Dieser Beitrag ist eine Zusammenfassung von W. Osterhage: „Climate Enginering“, Springer Spektrum, Wiesbaden, 2016.