EnBW reizt Russlandgeschäft bis zum Schluss aus, RWE verzeichnet obszöne Krisengewinne: urgewald fordert Ende der schmutzigen Geschäfte

 

EnBW hat insbesondere das zweite Quartal 2022 genutzt, um noch möglichst viel russische Kohle vor Inkrafttreten des EU-weiten Embargos zu bunkern. Die wegfallenden Mengen russischer Kohle sollen im zweiten Halbjahr 2022 vor allem durch Lieferungen aus Kolumbien, den USA und Südafrika ersetzt werden – seit mehr als zehn Jahren ist bekannt, dass die kolumbianischen Kohleproduzenten Umwelt und Menschenrechte mit Füßen treten. RWE profitiert stark von gestiegenen Energiepreisen und investiert trotz der fortschreitenden Klimakrise in den Kauf des niederländischen Gaskraftwerks Magnum und listet fossiles Gas weiterhin als grüne Erzeugungskapazität.



(Berlin, 12. August 2022) Zur Präsentation der Halbjahreszahlen von EnBW und RWE nimmt die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald Stellung.

Trotz des brutalen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine habe die EnBW im ersten Halbjahr 2022 weiterhin gute Geschäfte mit Russland gemacht. So habe der Konzern im ersten Halbjahr 1,54 Millionen Tonnen (Mt) Steinkohle aus Russland importiert im Vergleich zu 1,57 Mt im Vorjahreszeitraum. „Statt die Importe zu stoppen oder zumindest auf ein Minimum zu begrenzen, um dem verbrecherischen Regime in Moskau möglichst kein Geld mehr zu überweisen, hat die EnBW insbesondere das zweite Quartal genutzt, um noch möglichst viel Kohle vor Inkrafttreten des EU-weiten Embargos zu bunkern“, sagte Sebastian Rötters, Energie-Campaigner bei urgewald. Auch beim Gas ging die Importmenge aus Russland nur deshalb zurück, weil Gazprom die Verträge nicht eingehalten hat.

„Die EnBW sieht offensichtlich kein Problem darin, die Geschäfte mit einem Konzern in Diensten des Kremls aufrecht zu erhalten. Wie viele Menschen müssen in der Ukraine noch sterben, bevor dies endlich aufhört?“ fragt Kostiantyn Krynytskyi von der ukrainischen Umweltorganisation Ecoaction. „Gleichzeitig verwundert es sehr, dass sich die EnBW weiterhin der Willkür Gazproms ausliefern will“, so Krynytskyi weiter.

Die Problemlösungsstrategie der EnBW scheint des weiteren darin zu bestehen, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben zu wollen. So sollen die wegfallenden Mengen russischer Kohle im zweiten Halbjahr vor allem durch Lieferungen aus Kolumbien, den USA und Südafrika ersetzt werden. „Es ist seit mehr als zehn Jahren bekannt, dass die kolumbianischen Kohleproduzenten Umwelt und Menschenrechte mit Füßen treten. Davon können Indigene, Kleinbauern und Betroffene paramilitärischer Gewalt viele Lieder singen. Aber warum sollte sich ein Konzern, der trotz des barbarischen Kriegs noch monatelang Kohle aus Russland importiert hat, daran auch stören?“, kommentiert Sebastian Rötters,. Auch in Südafrika sorgt der Kohleabbau für große Umweltprobleme.

Kritisch muss auch die Gas-Strategie des Konzerns bewertet werden, denn Fragen bleiben offen: Wie will die EnBW beispielsweise die selbst gesteckten Klimaziele erreichen, wenn der Konzern nun einen LNG-Liefervertrag über 20 Jahre ab 2026 mit Venture Global LNG abschließt. „Ein solcher Vertrag hilft kurzfristig überhaupt nicht weiter, führt aber zu langfristigen Lock-in-Effekten, die die notwendige Klimaneutralität spätestens 2035 unmöglich machen. Da Deutschland aktuell höhere Emissionen in Kauf nimmt, um die russischen Gas-Lieferungen zu ersetzen, ist eigentlich sogar ein umso steilerer Ausstiegspfad notwendig. Die Klimakrise wartet schließlich nicht“, so Rötters.

Die Halbjahreszahlen von RWE

RWE profitiert stark von gestiegenen Energiepreisen und somit vom brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Darüber hinaus präsentiert sich der Essener Konzern zwar gern grün und auf erneuerbare Energie ausgerichtet, doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Noch immer werden 68,6 Prozent des Stroms aus fossilen Energieträgern erzeugt. RWE hat zwar die eigenen Risiken in Bezug auf Russland minimiert, aber noch immer hat sich das Unternehmen nicht vom Geschäft mit russischem Gas verabschiedet.

„Die hohen Gewinne fallen RWE förmlich in den Schoß. Vor dem Hintergrund von zehntausenden Toten in der Ukraine und einer Energiekrise, die Millionen Menschen in die Energiearmut treibt, sind diese Milliarden geradezu obszön. Trotz der fortschreitenden Klimakrise investiert RWE in den Kauf des niederländischen Gaskraftwerks Magnum und listet fossiles Gas weiterhin als grüne Erzeugungskapazität. Das ist absurd“, sagt Sonja Meister, Energie-Campaignerin bei urgewald.

In dieser kritischen Situation müssen Investoren Verantwortung übernehmen und von RWE verlangen, alle Geschäfte mit Russland sofort einzustellen, dem Zukauf und Bau neuer Gaskraftwerke endgültig eine Absage zu erteilen und den Ausbau der Erneuerbaren stärker zu forcieren. „RWEs Profite basieren auf Russlands Angriffskrieg und das auf Kohle und Gas ausgerichtete Geschäftsmodell verstärkt die Klimakrise. So darf es nicht weiter gehen“, so Meister.

Klage gegen Kohleausstieg läuft noch immer

Ähnlich wie der strauchelnde Energiekonzern Uniper klagt RWE gegen den Kohleausstieg der Niederlande auf Basis des umstrittenen Energiecharta-Vertrags. Dort sieht RWE Investitionen in Kohlekraftwerke gefährdet. Auf Druck der Bundesregierung und im Gegenzug für Staatshilfen nimmt Uniper nun die Klage zurück. „Die Essener sollten dem Beispiel Unipers folgen und ihrerseits die Klage fallen lassen, um die Energiewende in den Niederlanden nicht weiter zu erschweren“, fordert Meister.

Sebastian Rötters ist Energie-Campaigner bei urgewald.

Sonja Meister ist Energie-Campaignerin bei urgewald.