Investoren und Banken halten weiter an Wintershall Dea fest, obwohl das Unternehmen immer noch in Russland tätig ist und sein fossiles Geschäftsmodell fortführt

 

Eine Recherche von urgewald und der Deutschen Umwelthilfe gemeinsam mit der ukrainischen NGO Razom We Stand benennt Banken und Investoren, die hinter Deutschlands größten Öl- und Gasproduzenten Wintershall Dea stehen. Trotz des Krieges in der Ukraine fördert die BASF-Tochter Wintershall Dea weiterhin Öl und Gas in und außerhalb Russlands in Joint Ventures mit Gazprom und Lukoil. Wintershall Dea heizt mit seinem rein fossilen Geschäftsmodell den ungebremsten Klimawandel an.

(Berlin, 20. Dezember 2022) Die Umweltverbände Deutsche Umwelthilfe und urgewald haben heute gemeinsam mit der ukrainischen NGO Razom We Stand eine Recherche zu Wintershall Dea veröffentlicht. Sie benennt Banken und Investoren, die hinter Deutschlands größten Öl- und Gasproduzenten stehen.

Die BASF-Tochter Wintershall Dea ignoriert nicht nur die Klimakrise. Trotz des Krieges in der Ukraine fördert sie auch weiterhin Öl und Gas in und außerhalb Russlands in Joint Ventures mit Gazprom und Lukoil. Gerade erst ist Wintershall Dea in die Schlagzeilen geraten, weil ein investigativer Bericht von Der Spiegel und ZDF frontal die russische Gasförderung des Unternehmens mit Kriegsverbrechen russischer Kampfflugzeuge in Verbindung gebracht hat.

„Wintershall Dea heizt mit seinem rein fossilen Geschäftsmodell den ungebremsten Klimawandel an. Damit missachtet der Öl- und Gaskonzern das Pariser Klimalimit und ignoriert das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts. Wintershall Dea ist tief verstrickt in Geschäfte mit dem russischen Staatskonzern Gazprom, betreibt zudem umweltzerstörerisches Fracking und fördert Gas in der Arktis. Management und Aufsichtsrat versäumen es, angemessen auf die Klimakrise und die Aggression Russlands zu reagieren – diese ‚business as usual‘-Einstellung ist geradezu fahrlässig. Aus menschenrechtlicher und ökologischer Sicht ist Wintershall Dea ein Totalausfall“, kommentiert Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der Deutschen Umwelthilfe.

Die klimaschädlichen Geschäfte von Wintershall Dea werden von einer Reihe von Finanzinstituten möglich gemacht, die an den schmutzigen Geschäften mitverdienen. Die heute von den NGOs veröffentlichte Recherche zeigt, welche Banken Wintershall Dea von 2019 bis Juni 2022 insgesamt 14,1 Milliarden US-Dollar in Form von Konsortialkrediten und Underwriting-Mandaten zur Verfügung gestellt haben. Die wichtigsten Kreditgeber und/oder Underwriter für Wintershall Dea waren im betrachteten Zeitraum:

  • die Commerzbank,
  • Citigroup,
  • HSBC und
  • UniCredit

mit jeweils 1.034 Millionen US-Dollar. 2021 waren die Deutsche Bank sowie die US-Banken Morgan Stanley und Goldman Sachs an der Vorbereitung eines Börsengangs von Wintershall Dea beteiligt, der dann allerdings verschoben wurde und bis heute noch nicht stattgefunden hat. Alle drei Banken waren im Untersuchungszeitraum auch Kreditgeber und Underwriter des Unternehmens mit jeweils 732 Millionen US-Dollar.

Darüber hinaus zeigt die Recherche, welche Investoren 1,1 Milliarden US-Dollar in Anleihen des deutschen Öl- und Gasriesen halten (Stand: September 2022):

  • Der größte Investor in Wintershall Dea-Anleihen ist der Norwegian Government Pension Fund Global mit 127 Millionen US-Dollar. Es folgen
  • Crédit Agricole (Frankreich) mit 75 Millionen US-Dollar,
  • Morgan Stanley (USA) mit 70 Millionen US-Dollar,
  • BNP Paribas (Frankreich) mit 65 Millionen US-Dollar und
  • BlackRock mit 65 Millionen US-Dollar.

Der größte deutsche Investor ist die DZ Bank/Union Investment mit 28 Millionen US-Dollar, gefolgt von der Deutschen Bank/ DWS (18 Millionen US-Dollar) und der Deka Group (13 Millionen US-Dollar).

„Es ist ein Skandal, dass sich Investoren und Banken nicht von Wintershall Dea distanzieren. Sie machen sich damit an möglichen Kriegsverbrechen und Klimazerstörung mitschuldig. Der Expansionspfad des Unternehmens ist mit einer 1,5-Grad-Begrenzung der Erderwärmung unvereinbar. Die Investitionen werden sich in der Zukunft als Investitionsruinen entpuppen. Welche Bank oder welcher Investor würde sich ernsthaft unter diesen Bedingungen an einem Börsengang von Wintershall Dea beteiligen wollen? BlackRock, Deutsche Bank/DWS, UniCredit, Commerzbank und andere Finanzinstitute müssen endgültig Abstand von Wintershall Dea nehmen. Sonst sind ihre Net-Zero-Alliance-Mitgliedschaften nichts weiter als Greenwashing“, kommentiert Sonja Meister, Energiekampaignerin bei urgewald.

Wintershall Dea hat bisher erklärt, dass das Unternehmen die Aktivitäten in Russland nicht aufgeben will, sondern eine rechtliche Abspaltung des Russlandgeschäfts prüft. Diesbezüglich betonen die NGOs: Wenn dies bedeute, dass in Zukunft eine rechtlich abgespaltene Einheit der Wintershall Dea weiterhin Öl, Gas und Gaskondensat an Gazprom verkaufe, während der Rest des Unternehmens an die Börse gebracht werde, werde dies den mutmaßlichen Kriegsverbrechen kein Ende setzen.

Svitlana Romanko, Gründerin von Razom We Stand, kommentiert: „Die schweren Vorwürfe aus der Presse lassen Wintershall Dea nur eine Option: Das Unternehmen muss Russland sofort verlassen und seine russischen Vermögenswerte aufgeben. Andernfalls unterstützt es weiter den Angriffskrieg Russlands. Doch ukrainisches Blut klebt nicht nur an den Händen von Wintershall Dea und ihrem Eigentümer BASF, sondern auch an den Händen aller Investoren und Banken, die das Unternehmen weiterhin unterstützen.“

Sonja Meister ist Energiekampaignerin bei urgewald.

Constantin Zerger ist Leiter Energie und Klimaschutz der Deutschen Umwelthilfe.

Das Briefing-Papier „Die Banken und Investoren hinter Wintershall Dea“ steht über diesen Link zum Download als PDF bereit.