Klimaschutz-Ranking: Die Welt macht Fortschritte, Petrostaaten um USA stemmen sich gegen Wandel

Der von Germanwatch und NewClimate Institute veröffentlichte Klimaschutz-Index (Climate Change Performance Index, CCPI) ist eine Rangliste von 63 Ländern plus EU gesamt, die zusammen für mehr als 90 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Fortschritte im Klimaschutz sind zehn Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen deutlich sichtbar, jedoch ist das Tempo zu langsam. Deutschland steht mit schwächster Platzierung seit sechs Jahren auf Rang 22 und Russland, die USA, Saudi-Arabien und Iran stehen ganz unten.

(Belém, 18. November 2025) Leicht sinkende globale Emissionen pro Kopf, massiv wachsende Erneuerbare Energien sowie Investitionen in Elektrifizierung und mittlerweile über 100 Länder mit Klimazielen für Netto-Null-Emissionen: Zehn Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen sind viele Fortschritte zu verzeichnen – dennoch reichen sie noch längst nicht. Auch der heute veröffentliche Klimaschutz-Index (Climate Change Performance Index, CCPI) von Germanwatch und NewClimate Institute zeigt dieses ambivalente Bild. „Fortschritte sind über die Jahre unübersehbar. Unser Index zeigt in einzelnen Kategorien wie Emissionen oder Erneuerbare Energien deutlich mehr Länder als früher mit guten oder sogar sehr guten Ergebnissen. Wir sehen aber gerade auch bei den Großemittenten – den G20-Staaten – dass die positiven Tendenzen für Erneuerbare Energien und Elektrifizierung zu spät begannen, um bereits die notwendigen Emissionsreduktionen zu erreichen“, sagt Thea Uhlich von Germanwatch, eine der Autor:innen des Index.

Einen besonders bemerkenswerten Absturz haben die USA in diesem Jahr hinter sich – in der Gesamtwertung sind sie nun Drittletzter – knapp hinter Russland und unterboten nur noch von Saudi-Arabien und dem Iran. Damit sind die größten Petrostaaten unter sich. Auch Deutschland rutscht ab und schafft mit Rang 22 nur noch eine mittelmäßige Gesamtplatzierung – zehn EU-Staaten schneiden besser ab. Dänemark hingegen untermauert seine Ausnahmeposition und liegt das fünfte Jahr in Folge an der Spitze. Uhlich: „Dänemark ist mittlerweile so eine Art FC Bayern München des internationalen Klimaschutzes.“

Kein Land tut genug: Plätze 1 bis 3 unbesetzt

„Spitze“ bedeutet beim CCPI aber auch in diesem Jahr Platz vier. Die „Medaillen-Plätze“ 1 bis 3 bleiben frei, da insgesamt weiterhin kein Land genug zum Erreichen der Pariser Klimaziele tut. In einzelnen Kategorien – Emissionen, Erneuerbare Energien, Energienutzung und Klimapolitik – gibt es jedoch überraschende Vorreiter. „Während wir insgesamt noch keinem Land sehr guten Klimaschutz attestieren können, gibt es in einigen Kategorien Länder mit positiven Entwicklungen. Überraschend zum Beispiel Pakistan bei Emissionen und Energienutzung dank sehr niedriger Pro-Kopf-Werte“, erklärt Co-Autor Prof. Niklas Höhne vom NewClimate Institute.

In der Gesamtwertung folgen hinter Dänemark auf den Plätzen 5 und 6 Großbritannien und Marokko. Letzteres sorgt im Klimaschutz seit einigen Jahren für Aufsehen. Marokko erreicht in allen Kategorien außer Erneuerbaren Energien die Bewertung „gut“; bei den Erneuerbaren zeigt sich immerhin ein positiver Trend. Höhne: „Marokko hat mit 2,6 Tonnen pro Kopf noch immer sehr niedrige Emissionen und überzeugt mit großen Investitionen in den öffentlichen Verkehr sowie einem relativ ambitionierten neuen Klimaziel für 2035.“

Deutschland: „Gut“ nur noch bei Energienutzung

Deutschland bekommt mit Rang 22 die schlechteste Platzierung seit sechs Jahren. In fast allen Kategorien ist das Land ins Mittelmaß abgerutscht und wird somit von fast der Hälfte der EU-Staaten überholt. Jan Burck (Germanwatch), Co-Autor des CCPI: „Besonders enttäuschend ist die gesunkene Platzierung von Deutschland bei der Klimapolitik, die nun als „mäßig“ eingestuft wird, die Unterkategorie nationale Klimapolitik wird von den Experten sogar als „schlecht“ bewertet. Gründe dafür sind die angekündigten Rückschritte in Teilen der Klimapolitik, der starke Fokus auf Gas und die Tatsache, dass in den Problemsektoren Verkehr und Gebäude noch immer Maßnahmen zur Emissionssenkung fehlen. Mit dem Klimaschutzprogramm muss die Bunderegierung in den kommenden Wochen entscheidende Weichen stellen, um wieder auf Kurs zu kommen.“

Hinzu kamen neue Daten zu Emissionen aus Wäldern, die eine schlechtere Bilanz aufweisen als bisher verzeichnet. Unter anderem sorgte dies für eine deutlich verschlechterte Platzierung bei den Emissionen (Rang 32).

Nur bei der Energienutzung schneidet Deutschland mit Platz 13 noch relativ gut ab. Burck: „Wir beobachten einen positiven Trend bei der Energienutzung pro Person, da liegt Deutschland auf Rang 4 und vor allem dies sorgt für die bessere Platzierung in der Kategorie. Wichtig war vor allem, dass die Ampel-Koalition den Ausbau der Erneuerbaren Energien deutlich beschleunigt hat. Die aktuelle Bundesregierung muss jetzt dafür sorgen, dass diese Dynamik weitergeht und der Strom durch Elektrifizierung und Flexibilisierung bestmöglich genutzt wird.“

G20-Staaten: Nur einer gut – zehn sehr schwach

Bei den G20-Staaten zeigt sich ein besorgniserregendes Bild. Zwar gibt es mit Großbritannien ein G20-Land in der Spitzengruppe (5.) – aber im Gegensatz dazu sind zehn G20-Staaten im untersten Bereich als „sehr schlecht“ eingestuft (Ränge 52-67). Dass hier die positive Dynamik für Erneuerbare und Elektrifizierung zu spät eingesetzt hat, ist besonders gravierend, da die Staaten für mehr als drei Viertel der globalen Emissionen verantwortlich sind. Burck: „Bei den G20 zeigt sich der Konflikt um das Ende des fossilen Zeitalters wie unter dem Brennglas. Wir haben eine Gruppe der Petrostaaten, die das fossile Zeitalter um jeden Preis fortsetzen will: arabische Staaten, die USA, Russland, teilweise auch Kanada und Australien. Die Mehrheit der G20 will das nicht – dennoch sind nicht alle entschieden genug beim Abbau der Emissionen, dem Ausbau der Erneuerbaren sowie Elektrifizierung und progressiver Klimapolitik.“ Immerhin: In der Spitzengruppe der Kategorie Klimapolitik sind drei der fünf Plätze G20-Länder: COP-Gastgeber Brasilien, Großbritannien und China (alle mit der Bewertung „gut“). Bei den Erneuerbaren liegen Brasilien (9.) und China (15.) immerhin im obersten Mittel-Bereich.

Österreich größter Absteiger unter den EU-Staaten

Die Europäische Union zeigt ein uneinheitliches Bild. Die EU als Ganzes (20.) sowie die beiden größten Länder Deutschland (22.) und Frankreich (21.) liegen nebeneinander im Bereich „mäßig“, in dem sich auch weitere sieben finden. „Das ist kein gutes Bild für die EU, die doch als Zugpferd für die Umsetzung des Pariser Abkommens so dringend gebraucht wird“, konstatiert Thea Uhlich. Insgesamt acht EU-Staaten werden als „gut“ bewertet, zehn als „schlecht“, darunter der größte Absteiger der EU-Länder, Österreich (35.). Wien erhält von den österreichischen Expert:innen eine deutlich verschlechterte Politikbewertung (44. Rang, minus 30) für eine rückwärtsgewandte Klimapolitik der neuen Regierung – unter anderem wurden Budgets für Erneuerbare gekürzt und im Gegenzug fossile Subventionen erhöht. Eine positive Überraschung ist Rumänien, das auf Rang 16 hochrückt und erstmals im Bereich „gut“ landet. Rumänien hat unter anderem im neuen Klimaplan relativ ambitionierte Ziele für einige Sektoren gesetzt, den Windkraft-Ausbau im Schwarzen Meer erleichtert und einen Kohleausstieg eingeleitet, loben die rumänischen Expert:innen.

China: Vorreiter bei grünen Technologien – aber bisher nur Rang 54

Der weltgrößte CO2-Emittent China verharrt noch im Bereich „sehr schlecht“ auf Rang 54 – trotz des beispiellosen chinesischen Booms bei E-Autos, Akkus und Erneuerbaren Energien. Während China gute Noten in der Klimapolitik bekommt – unter anderem wegen eines nationalen Klimaziels, das erstmals eine absolute Emissionssenkung vorsieht und alle Emissionen abdeckt – liegt China noch bei „sehr schlecht“ bei Emissionen und Energienutzung. Dank eines sehr guten Trends bei Erneuerbaren Energien – China führt da die Rangliste an – reicht es in der Erneuerbaren-Kategorie insgesamt für ein „mittelmäßig“. Höhne: „Wir sehen klare Anzeichen, dass der Emissionshöhepunkt in China bald erreicht sein könnte. Nun ist entscheidend, dass China nicht nur weiter in Rekordzeit grüne Technologien ausbaut, sondern dabei auch zügig aus den Fossilen aussteigt. Letzteres passiert bisher noch zu wenig.“

Hintergrund zum Klimaschutz-Index

Der von Germanwatch und NewClimate Institute veröffentlichte Klimaschutz-Index (Climate Change Performance Index, CCPI) ist eine Rangliste von 63 Ländern plus EU gesamt, die zusammen für mehr als 90 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Die vier bewerteten Kategorien sind:

  • Treibhausgasemissionen (40 Prozent),
  • Erneuerbare Energien (20 Prozent),
  • Energieverbrauch (20 Prozent) und
  • Klimapolitik (20 Prozent

Letztere basiert auf Expert:innen-Bewertungen von Organisationen und Think Tanks aus den jeweiligen Ländern. In diesem Jahr haben den Index etwa 450 Expert:innen unterstützt. Innerhalb der Kategorien Emissionen, Erneuerbare Energien und Energieverbrauch bewertet der Index auch, inwieweit die Länder angemessene Maßnahmen ergreifen, um auf einen Pfad zu gelangen, der mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar ist. Damit ist der Klimaschutz-Index ein wichtiges wissenschaftliches Instrument, das die Transparenz in der internationalen Klimapolitik erhöht und einen Vergleich der Klimaschutzbemühungen der einzelnen Länder ermöglicht. Er wird seit 20 Jahren jährlich veröffentlicht und ist ein viel genutztes Analysetool in Politik, Wissenschaft und am Finanzmarkt. Wegen zum Teil größeren nachträglichen Veränderungen von Daten aus früheren Jahren bei einigen Ländern ist der neue CCPI nur eingeschränkt mit denen der Vorjahre vergleichbar.

Thea Uhlich ist Referentin für Klimaschutz und Energie bei Germanwatch.

Der vollständige „Climate Change Performance Index 2026“ (36 Seiten) in englischer Sprache steht über diesen Link zum Download als PDF-Datei bereit.