Verbände fordern klima- und naturverträgliche Infrastrukturplanung

 

Forderungspapier von Verbändebündnis drängt auf ernsthafte Überarbeitung des aktuellen Bundesverkehrswegeplans

Ein breites gesellschaftliches Bündnis aus Gewerkschaften, Umwelt-, Verkehrs- und Wirtschaftsverbänden sowie Initiativen richtet sich an den Bundesverkehrsminister und die Bundesregierung: Mit dem aktuellen Bundesverkehrswegeplan als Bremsklotz bleibe die Mobilitätswende auf der Strecke. Klima-, Naturschutz und Verkehrsverlagerung müssten im Bundesverkehrswegeplan eine deutlich höhere Gewichtung bekommen; auch der Artenschutz dürfe nicht länger bagatellisiert werden. Unter dem Strich würde dies eine deutliche Reduzierung von Neubauprojekten, insbesondere im Bereich des Straßenbaus, bedeuten.

(Berlin, 13. Juni 2023) Wenig Transparenz und noch viel weniger Dialog – der von Bundesverkehrsminister Volker Wissing ins Leben gerufene Infrastrukturdialog zur Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans nimmt keine Fahrt auf. Nach zwei Sitzungen sind Mandat, Ziel und Ablauf noch immer nicht klar. Die Ungeduld der beteiligten Verbände wächst: Der Beteiligungsprozess darf nicht zu einem Feigenblatt für Wissing werden. Aus diesem Grund richtet ein breites gesellschaftliches Bündnis aus Gewerkschaften, Umwelt-, Verkehrs- und Wirtschaftsverbänden sowie Initiativen ein Forderungspapier an den Bundesverkehrsminister und die Bundesregierung, den Prozess ernsthaft fortzusetzen. Mit dem aktuellen Bundesverkehrswegeplan als Bremsklotz bleibt die Mobilitätswende auf der Strecke.

Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied: „Der DGB erwartet, dass Minister Wissing den Infrastrukturdialog strategisch ausrichtet: Es muss eine klare Priorität auf Erhalt und Sanierung gelegt werden, damit sich ein Desaster wie bei der Rahmedetalbrücke nicht wiederholt. Der Wirtschaftsstandort braucht einen entschlossenen Umbau zu einem klimaverträglichen Verkehrssystem, damit Beschäftigung in Deutschland gesichert und ausgebaut wird.“

Maßnahmen gegen die Klima-, und Naturkrise dulden keinen Aufschub. Besonders im Verkehrsbereich stagnieren die CO2-Emissionen seit Jahren auf hohem Niveau, werden große Flächen versiegelt und Naturgebiete zerschnitten. Klima-, Naturschutz und Verkehrsverlagerung müssen im Bundesverkehrswegeplan eine deutlich höhere Gewichtung bekommen. Auch der Artenschutz darf nicht länger bagatellisiert werden. Unter dem Strich würde dies eine deutliche Reduzierung von Neubauprojekten, insbesondere im Bereich des Straßenbaus, bedeuten. Der Fokus sollte stattdessen auf dem Erhalt beziehungsweise der Instandsetzung kritischer Infrastruktur wie etwa Brücken liegen. Eine Kapazitätserweiterung würde dann weitestgehend nur noch für Infrastrukturvorhaben klimafreundlicher Verkehrsträger wie Rad- und Schienenwege in Frage kommen.

Mit der Festlegung auf die Planungsbeschleunigung von 148 Autobahnausbauprojekten hatte der Bundesverkehrsminister im März 2023 ein deutliches Zeichen gesetzt, dass Klima- und Naturschutz eine untergeordnete Rolle für ihn und die Bundesregierung spielen. Der Fokus auf Straßenprojekte führt in eine Sackgasse.

Wenn der Infrastrukturdialog nicht vollends zu einer Farce verkommen soll, muss Bundesverkehrsminister Volker Wissing sich persönlich einbringen und den aktuellen Bundesverkehrswegeplan auf Klima- und Naturverträglichkeit überprüfen und überarbeiten lassen. Damit die Verlagerungsziele der Bundesregierung erreicht werden, muss die Verknüpfung der Verkehrsträger ins Zentrum rücken. Die laufende Bedarfsplanüberprüfung bietet dafür den passenden Anlass.

Stefan Körzell ist Mitglied im Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes.