Der Drohnenschlag gegen die Ölaufarbeitungsanlagen in Saudi-Arabien

 

Die ertragreichen Ölfelder Saudi-Arabiens liegen an der Golf-Seite, weit entfernt vom Jemen, nahe an Irak und Iran. Gegen die Verarbeitungs-Anlagen des saudischen staatlichen Ölmonopolisten Aramco haben die Huthis aus dem Jemen am 14. September, in den frühen Morgenstunden, einen höchst „erfolgreichen“ Luftschlag gelandet – sie nehmen die Urheberschaft für sich in Anspruch. Der Außenminister der USA, Mike Pompeo, von dem man nicht weiß, ob er für die Regierung in Washington spricht, behauptet,

Iran has now launched an unprecedented attack on the world’s energy supply,

Das heißt der Außenminister verhält sich exakt so, wie es dem „Drehbuch“ entspricht, welches Heinz Gärtner dargestellt hat. Der US-Präsident hat seinem Außenminister umgehend die Unterstützung verweigert, indem er den saudischen Kronprinzen angerufen hat und sich nach dem Stand der Ermittlungen zum Urheber des Angriffs erkundigt habe. Die EU zeigte dieselbe nüchterne Besonnenheit:

It is important to clearly establish the facts and determine responsibility for this deplorable attack.

Die Europäer haben aus dem Irak-Krieg gelernt, wie die USA vorzugehen vermögen. Sie sind entschieden, dass ihnen dies im Iran-Fall nicht ein zweites Mal unterläuft.

Der „Erfolg“ des Schlags besteht, quantitativ, in der Halbierung der saudischen Verarbeitungsfähigkeit des geförderten Rohöls – folglich war die Förderung entsprechend zurückzufahren. Die Brände wurden umgehend gelöscht, Aramco verfügt über erhebliche Reserven verarbeiteten Rohöls, um seine Lieferverpflichtungen einzuhalten. „The world’s energy supply“ ist nicht wirklich tangiert – eine Pompeo-Äußerung lediglich.

Es handelt sich bei dem Angriffsszenario um ein Szenario mit Ansage – wie erwartet, wenn auch waffentechnisch anders als erwartet. Der US-Think Tank CSIS hatte kurz zuvor in einer Publikation die Verletzlichkeit der saudischen Ölanlagen gecheckt – mit einem desillusionierenden Ergebnis auch als Video erhältlich.

Zurück zur Frage des mutmaßlichen Start-Ortes des Drohnen-Schwarms, möglicherweise ergänzt um Klein-Cruise-Missiles. Mir am meisten leuchtet eine Version ein, die beiden Seiten in ihren Behauptungen halb recht gibt. Wahrscheinlich ist ein Anflug des Geschossschwarms, wenn es denn nur einer war, aus dem Süd-Irak. Der Irak ist ein Gebiet mit zerborstener zentraler Herrschaft. Dort im Süden unterhält eine (angeblich) vom Iran unterstützte Gruppierung Stellungen, die kurz zuvor Gegenstand eines Militärschlags waren, der (angeblich) von Israel ausging.

Dass es in regulären wie irregulären Kriegen Unterstützungsleistungen aus allen möglichen Quellen dritter Seite gibt, ist nicht überraschend – daraus eine hochzuziehen, um einen Urheber zu beschuldigen, den man aus anderen Motiven eh auf dem Schirm hat, ist eine bekannte Eskalationsstrategie.

Neu an dem erfolgreichen Schlag ist, dass die wohlvorbereiteten Luftabwehr-Systeme für diese Produktionsanlagen in der Golf-Region nicht in der Lage waren, diesen Schlag zu neutralisieren. Drohnenschwärme sind eine Technologie von wirtschaftlich Unterlegenen in asymmetrischen Kriegen. Diese Erfahrung, gar noch auf andere Regionen projiziert, sollte zu denken geben. Aber auch in der Golf-Region selbst, wo die USA (und UK) mit militärischen Basen und etlichen Schiffen präsent – und also verletzlich – sind, dürfte nun ein erhebliches Nachdenken einsetzen – mit einem Krieg gegen den Iran als Reaktion ist da wenig an Sicherheit zu gewinnen.