Klemens Peterhoff: Sie nennen mich einen katholischen Muslim – Die Geschichte einer Suche

 

Es ist ein ungewöhnliches Buch über eine interessante religiöse Existenz. Der Autor war Jesuit, trat wegen einer Frau aus dem Orden aus, war ein, wie er schreibt, „gemäßigter Atheist“. Er studierte Pädagogik und Psychologie und war Hochschullehrer in Augsburg. 1983 wurde er Muslim. Aber nicht irgendein Muslim, sondern ein sufischer Muslim als Mitglied der Burhanyia,  einer Sufi-Gemeinschaft, die weltweit 10 Millionen Mitglieder zählt, ihren Sitz in Khartum hat und auch in München präsent ist. Das Buch heißt:

Klemens Peterhoff „Sie nennen mich einen katholischen Muslim ‑ Die Geschichte einer Suche“, Gütersloher Verlagshaus 2021, 303 Seiten, 22,00 Euro.

Der Autor ist mitnichten ein Renegat, der verbrennt, was er angebetet hat und anbetet, was er verbrannt hat. Er bleibt im Herzen Katholik in dem Sinne, dass er die Atmosphäre katholischer Frömmigkeit ebenso liebt wie die Botschaft des undogmatisch verstandenen Jesus. Für ihn gibt es keinen Konflikt zwischen Jesus und Mohammed. Das ist im übrigen echt islamisch. Denn für den Islam ist Jesus einer der großen Offenbarungsboten Gottes. Es ist vor allem echt sufisch. Denn wenn man die Religion einteilt in die drei Felder Lehre und Autorität; Gesetz und Ordnung und Begegnung mit Gott in Gemeinschaft, Meditation und Gebet, steht das Sufitum auf dem dritten Feld. Die Sufis sind weitgehend unabhängig von der verfassten Religion und werden deshalb von der Obrigkeit vielfach mit Misstrauen beobachtet. Umgekehrt ist den Sufis Fundamentalismus, Fanatismus und politischer Islam fremd. Im übrigen hat Jesus für sie einen sehr hohen Stellenwert.

Das drückt sich auch aus in dem ungewöhnlich klingenden, aber eigentlich selbstverständlichen Satz, dass man nicht gegen Jesus Muslim sein könne. Natürlich kann man das nicht. Denn Jesus ist einer der großen Boten Gottes im Koran.

Man lernt in dem Buch sehr viel darüber was liberaler, frömmigkeitsorientierter Islam sein kann wie er von den Sufigemeinschaften, den Tariqua, gepflegt wird. Der Leser lernt was ein liberaler Islam nach Sufi-Art für einen westlich orientierten Menschen bedeuten kann.

Der Autor lehnt in beiden Religionen Fanatismus, politischen Anspruch, Gesetzlichkeit, Setzung des Glaubens über die Menschlichkeit ab. Er findet als Gemeinsames in beiden die Liebe, die Achtung, die Menschenrechte und auch hier wiederum in unterschiedlichen Formen vor allem bei Sufis und auch im Christentum die unmittelbare Begegnung mit Gott im Offensichtlichen. Das heißt in der Liebe, in der Achtung des Menschen und in der meditativen Gottesbegegnung. Die Schönheit findet er bei den Christen in der Kirchenmusik, bei den Muslimen in der Rezitation des Koran und bei beiden Religionen in der Architektur.

Es wird oft gesagt, der Islam habe keine Aufklärung durchlaufen. Das ist richtig. Aber der Islam der Sufis mit seiner unmittelbaren Frömmigkeit steht außerhalb der Aufklärung oder Nicht-Aufklärung. Das gilt auch für den Autor. Er ist sicher ein aufgeklärter Westler und durch ihn sehen wir auf den Sufismus in seiner undogmatischen Unmittelbarkeit.

Eine Zugabe im Buch sind zehn Seiten mit Erläuterungen islamischer und sufischer Begriffe.

Helmut Falkenstörfer.

Klemens Peterhoff „“Sie nennen mich einen katholischen Muslim – Die Geschichte einer Suche“, Gütersloher Verlagshaus 2021, 303 Seiten, 22,00 Euro.