Der Opfergang der Ukraine – Ausmaß und Anlass

 

Die verlautbarten Positionen nach dem ersten Treffen am 28. Februar 2022 zwischen Verhandlungsdelegationen der Ukraine und Russlands klingen völlig inkompatibel. Die Atmosphäre scheint nicht zu sein, Krieg als ein kalkuliert und begrenzt zu Zwecken eingesetztes Mittel der Gewalt zu begreifen, sondern als einen Existenzkampf jeweils gegen das Böse mit Bereitschaft zum Einsatz aller Mittel. Ist das so richtig gesehen und soll irgendeine Verhandlungsinitiative Erfolg haben, so muss etwas Grundsätzliches anders werden – und das muss von außen eingebracht werden; die beiden Parteien, Russland und die Ukraine, werden unter sich nichts ausverhandeln können.



1.      Einleitung

Am 24. Februar 2022 ist es zu dem erwarteten Einmarsch russischen Militärs in die Ukraine gekommen. Das ist ein klassischer Krieg, mit Kriegserklärung und deklarierten Kriegszielen. Die Ukraine, deren Streitkräfte, sollten das Opfer sein; nun wird es deren Bevölkerung auch.

Das Ausmaß des Opfergangs ist gestaltbar, von allen drei Konfliktparteien: Russland, der Ukraine und dem „Westen“. Der Exit aus dem Waffengang ist intensiv kurzfristig zu bedenken. Doch das kann nur gelingen mit einer längerfristigen Perspektive im Blick: Sowohl die Ukraine als auch Russland brauchen einen Platz in der europäischen Sicherheitsarchitektur. Vermutlich gilt: Wir brauchen auch überhaupt einen Neuansatz zur europäischen Sicherheitsarchitektur, der ebenso mutig ist wie die sicherheitspolitische Kehre, wie der um 180 Grad gewendete Positionsbezug der deutschen Bundesregierung in grundlegenden Fragen von Sicherheits-, Energie- und Finanzpolitik vom 27. Februar 2022. Und dieser Neuansatz muss von Europa aus kommen, uns nicht erst aufgezwungen werden, wenn das Wahlergebnis in den USA im November 2024 der vertrauten Konstellation möglicherweise den Boden entzogen haben wird.

2.      Der Stand des gewaltsamen Konflikt-Austrags

Militärisch scheint Russland in der Ukraine nach Lehrbuch vorzugehen: So ist es den täglichen Lageberichten des Institute for the Study of War (ISW) zu entnehmen.

  1. Erringung der Lufthoheit durch Ausschaltung der Mittel der gegnerischen Luftstreitkräfte und der Kommando-Infrastrukturen;
  2. Abschnüren des Donbass-nahen Teils der ukrainischen Streitkräfte im Südosten, von Süden, der Krim, her sowie von Charkiv her – dort an der sogenannten Kontaktlinie, für den Kampf mit den Separatisten der sogenannten Volksrepubliken, hatte die Ukraine, zumindest in Personalstärke gerechnet, einen großen Teil ihrer Streitkräfte konzentriert;
  3. Zugriff vom Norden her, von Belarus aus, auf den Regierungssitz. Was man in Kiew, in der Regierungszentrale, im Erfolgsfall will, ist offen – und keine militärische Frage mehr. Allende und Mursi stehen als Assoziations-Analogien im Raume.

Ob das von Russland Intendierte in „Blitzkriegs“-Taktik erreichbar ist, wird sich in wenigen Tagen erwiesen haben. Ob es zu einer frühzeitigen Verständigung mit der ukrainischen Führung kommt, nach dem Vorbild zuletzt im Krieg um Berg-Karabach 2020, ob die Drohung mit einer unter Beweis gestellten Bereitschaft zur Gewalt, hinreicht, wird sich ebenfalls in wenigen Tagen gezeigt haben. Befremdlich ist, dass keine dritte Macht sich als Mediator bislang einzubringen vermag, wie etwa Frankreichs Präsident Sarkozy im Georgien-Krieg 2008 es umgehend tat.

Die verlautbarten Positionen nach dem ersten Treffen am 28. Februar 2022 zwischen Verhandlungsdelegationen der Ukraine und Russlands klingen völlig inkompatibel. Die Atmosphäre scheint nicht zu sein, Krieg als ein kalkuliert und begrenzt zu Zwecken eingesetztes Mittel der Gewalt zu begreifen, sondern als einen Existenzkampf jeweils gegen das Böse mit Bereitschaft zum Einsatz aller Mittel. Ist das so richtig gesehen und soll die Verhandlungsinitiative Erfolg haben, so muss etwas Grundsätzliches anders werden – und das muss von außen eingebracht werden. Die beiden Parteien, Russland und die Ukraine, werden nicht unter sich eine Begrenzung der Kampfhandlungen ausverhandeln können. Die Alternative zur Gewaltbegrenzung in kurzer Frist ist horrende Gewalt in der Ukraine über Jahre.

3.      In die Strategie des Westens aufgeblendet

Es kommt darauf an, die gegenwärtig faktisch verfolgte Strategie des Westens wirklich als solche zu skizzieren. Das Bild davon, das sich mir nahelegt, sieht wie folgt aus:

  1. Die Ukrainewird ertüchtigt und weiterhin verstärkt ermutigt, mit langem Atem einen irregulären Kampf gegen das eingedrungene russische Militär zu führen. Der Aufruf der britischen Außenministerin Liz Truss, sie
    supports British citizens heading to Ukraine to join the fight against Russia“,
    war ein Aufruf zum irregulären Kampf, mit Freiwilligen. Klar, bei solchen Tönen muss man in Rechnung stellen, dass Frau Truss sich im parteiinternen Wahlkampf gegen den Populisten Boris Johnson befindet – da liegt Übertrumpfen nahe. Das aber nimmt dem Aufruf nichts von seinem drohenden Realismus.
  2. Westliche Länder haben entschieden, die Ukraine auch nach der russischen Entscheidung für einen Einmarsch mit Waffenlieferungen weiterhin zu unterstützen. Geliefert wird über Polen, die Slowakei oder Rumänien. Damit geht der Westen das Risiko ein, dass das russische Militär als nächstes direkt Nachschubrouten ab der jeweiligen Grenze angreift, oder als knapp diesseits der Grenze der jeweiligen NATO-Mitgliedstaaten. Wäre das unsererseits ein casus belli?

Der Westen hat, in angelsächsischer ökonomistischer Tradition, das Wort „Preis“ in den Mittelpunkt der Kommunikation seiner Strategie gestellt. Mit „put a price on an action“ wird das spezifisch Kriegerische an dem Vorgang ausgeblendet. Bei spezifisch militärischen Mitteln wirdin einer eigenen Studienkultur, am „Sandkasten“, durchgespielt, welche ebenfalls militärischen Reaktionen des Gegners zu erwarten sind. An dieser Kultur, samt Institutionen, fehlt es bislang bei der relativ neuen Kampfform mit Mitteln wirtschaftlichen Zwangs. Die ökonomistische Wortwahl verschleiert diesen Mangel an Professionalität und droht uns Newcomer mit diesem Waffentyp in unerwaretete Eskalationsspiralen zu verwickeln.

Der russische Präsident Putin hat am 27. Februar 2022, vor laufenden Kameras, dem Verteidigungsminister und dem Generalstabschef befohlen, die russischen Atomstreitkräfte in einen höheren Alarmstatus zu versetzen. Begründet hat er diese Drohungen auch mit den massiven wirtschafts- und finanzpolitischen Sanktionen, die die westlichen Staaten beschlossen haben. Er ging damit weit über die von ihm selbst gebilligten Grundsätze der Russischen Föderation für Nuklearwaffeneinsätze hinaus.

Gegensanktionsoptionen auf gleicher Ebene, im Energiesektor etwa, hat Russland kaum. Die Einnahmen aus dem Export von Kohle, Öl und Gas sind für es selbst unverzichtbar. Selbst bei dem leitungsgebundenen Energieträger Erdgas fallen die Gegensanktionsoptionen gegenüber der Europäischen Union praktisch aus, so erfolgreich war die EU mit ihren Anstrengungen zur Diversifizierung von Bezugsquellen und dem Ausbau von Infrastrukturen zur Gewährleistung der raumunabhängigen Verfügbarkeit.

Moskau hat seine Hebel als Energiemacht der EU gegenüber also verloren. Damit bleiben der russischen Führung nur noch militärische Mittel bis hin zu den Atomwaffen in ihrem Vorrat sicherheitspolitischer Instrumente. Das macht Russland noch gefährlicher als bislang. Russland sieht sich in die Ecke gedrängt.

Die Erwartung des Westens scheint wie folgt gelagert zu sein. Der „Preis“, den Russland zu zahlen haben soll, besteht nicht allein im Blutzoll des russischen Militärs sowie in den Effekten der auf Eliten gezielten persönlichen Sanktionen des Westens. Hinzu kommen die Effekte der Wirtschaftssanktionen des Westens mit Breitenwirkung, hinzu kommen die Rückwirkungen des Blutzolls unter den Soldaten auf die eigene Bevölkerung. Das zusammen sei so hoch und auf Dauer wirkend, dass die Legitimität des jetzigen Präsidenten unterhöhlt werde und es schließlich zu einem Regime Change in Moskau komme.

Wenn so das Szenario im strategischen Kalkül des Westens korrekt beschrieben ist, dann ist Irridentismus – eine Art Partisanenkrieg, der einen militärischen Erfolg Russlands in der Ukraine lange hinausschiebt ‑ ein wesentlicher Faktor für einen Erfolg der (unerklärten) Langfriststrategie des Westens. Das ist ein Prozess, der langen Atem braucht. Es gibt zudem den komplementären Preis, den die Bevölkerung der Ukraine dafür zu zahlen hat, dass der Blutzoll unter russischen Soldaten hochgetrieben wird – der ist ebenfalls hoch und steigerbar. Zudem hat man in Rechnung zu stellen: Es ist stehende Praxis von Militärs allüberall, wenn ein Kriegsgeschehen zu einem extrem schmutzigen und opferreichen Geschehen mutiert, in solchen Situationen das „Geschäft“ von importierten, nicht in die Armeestrukturen integrierten irregulären Kämpfern erledigen zu lassen.

Das in einem solchen Szenario zu erwartende kriegerische Geschehen auf dem Territorium der Ukraine, in deren Großstädten, wird man als ein „Syrien 2.0“ beziehungsweise „Tschetschenien reloaded“ assoziieren müssen. Auch Afghanistan kann einem in den Sinn kommen, wo diese Taktik, dieses Spiel über Bande mit der Bevölkerung des Staates, welche Ofer der Invasion wurde, zweimal angewendet wurde, einmal von den USA (gegen Russland als Invasionsmacht) und ein andermal von Russland (gegen die USA als führende Invasionsmacht).

Die mich bedrängende Frage lautet: Gibt es dazu, was dem Anschein nach die „Strategie“ des Westens ist, eine Alternative? Ich weiß es nicht. Methodisch aber ist klar: Um sich ihr, der unbekannten Option, die sich erst noch zeigen soll, anzunähern, muss man zurücktreten und auf der Zeitachse zurückspulen: Man hat die Akteure und deren konfliktäre Positionen beim Ausgang der jüngsten Zuspitzung dieses schon seit Jahrzehnten evolvierenden Dramas um die Ukraine seit dem 25. Dezember 1991 ganz genau in den Blick zu nehmen. Dazu lasse ich das Geschehen seit Ende Oktober 2021 im Zeitraffer Revue passieren.

4.      Der Austrag des Konflikts des Westen mit Russland um die Sicherheitsordnung in Europa von November 2021 bis Mitte Februar 2022

Russland war seit Ende Oktobber 2021 dabei, in Grenznähe zur Ukraine eine erhebliche show of force aufzubauen. Deren Drohpotenzial war so immens, dass Präsident Biden sich einschaltete und sich zu einem Telefonat mit Präsident Putin für den 7. Dezember 2021 verabredete. Die Situation wird von einem kundigen sicherheitspolitischen Kommentator in den USA in einem Aufsatz vom Tage zuvor so beschrieben:

Western capitals seem stuck between two deeply held desires: to keep the door to NATO membership open and to forestall an invasion that could devastate the Ukrainian military and millions of ordinary people.

Man entschied sich in den Hauptstädten des Westens schließlich für die Beibehaltung der „open door“-Politik der NATO, die Ukraine gab man so für eine Invasion durch russische Truppen frei. Man gab sie nicht einfach so, achselzuckend, frei, sondern unter Androhung und nun Vollzug massiver Sanktionen. Aber die Wahl war eindeutig eine Wahl.

Der sehr kundige Kommentator, den ich eben zitiert habe, weist zudem darauf hin:

Putin has been consistent on his red lines. He has recently given us a clear statement on his top two: no more eastern expansion of NATO and limiting the types of U.S.-supplied weapons systems in Ukraine. On the latter, Putin seems mostly concerned with U.S. defense cooperation with Ukraine, U.S. military presence in Ukraine, what U.S. weapons are deployed there, and the transfers of select technologies.

Der Hintergrund: Zu den Rahmenbedingungen der Gespräche im Normandie-Format, die zu den beiden Abkommen von Minsk geführt haben, gehörte anscheinend eine Abmachung zwischen Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Obama. Auf den Inhalt kann man aus einer Diskussionsbemerkung schließen, die Frau Merkel bei der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar 2015 gemacht hat:

„sie <Merkel> könne sich keine Aufrüstung der Ukraine vorstellen, mit der man Wladimir Putin überzeugen könnte, militärisch nicht mehr gewinnen zu können. Ihre unmissverständliche Botschaft: Sie glaubt nicht daran, Putin mit Waffen und Soldaten zum Einlenken bewegen zu können. „Das ist die Realität, und man muss sich mit der Realität auseinandersetzen.““

Mit Trump gab es nicht einmal die Chance, über den Sinn oder Widersinn von Waffenlieferungen an die Ukraine zu sprechen. Bezeichnend für sein Gesprächsinteresse ist, was sein Sicherheitsberater John Bolton kürzlich zum Besten gab:

The fact is that <Trump> barely knew where Ukraine was. He once asked John Kelly, his second chief of staff, if Finland were a part of Russia.

So war freie Bahn, dass sich die Interessen der Rüstungsverkäufer in den USA gleichsam naturwüchsig durchsetzten. Wer die Waffen eigenlich bezahlt hat, gehört zu den offenen Fragen, die noch zu klären sind.

Seine finalen Eventual-Absichten hatte Russlands Präsident mit der Formel „militär-technische Maßnahmen“ umkleidet. Nach Meinung von Militärexperten würde die Aufstellung für eine „full scale“-Invasion kaum reichen, doch die USA erwarteten exakt das, öffentlich bekannt gemacht mit ihrer frühen Botschaftsverlegung nach Liiv. Der bereits erwähnte Kommentator schrieb am 6. Dezember 2021

Russia’s recent mobilization is not just a signal and it is certainly not a bluff. Putin is indeed planning to invade Ukraine unless something changes.

Diese Drohung triggerte immerhin diplomatische hochrangige Gespräche an. Russland legte erstens einen Katalog mit sehr weitreichenden Forderungen zur Reform beziehungsweise Wiederherstellung der vereinbarten Sicherheitsordnung in Europa und zur Rüstungskontrolle vor. Dessen Kern erklärten die westlichen Partner für unverhandelbar. Die westlichen Medien unterstützten das. Dass das Krieg in der Ukraine bedeutete, wurde nicht mitkommuniziert.

Zum zweiten Punkt, zur Beendigung der opferreichen und militärisch sinnlosen Kämpfe im Donbass, zur Initiierung eines tragfähigen modus vivendi alldort, wurde im Normandie-Format gerungen. Die Ukraine verweigerte in einer dramatischen Sitzung am 11. Februar 2022, die Schlinge gleichsam schon um den Hals wissend, jeden Fortschritt.

5.      Die Schlüsselrolle der Frage nach der Ordnung gemeinsamer Sicherheit in Europa

Hinsichtlich der Frage der Sicherheitsordnung in Europa herrscht im Westen Nebel. Beispielsweise sagt die Leiterin der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), Nicole Deitelhoff, stilisierend,

Die Politik des Aufbaus einer Friedens- und Sicherheitsordnung in Europa hat über weite Strecken funktioniert. Das Problem ist, dass wir jetzt einen Gewaltherrscher vor uns haben, der sich durch nichts davon abhalten lässt, dieses Netz zu zerreißen. … zu behaupten, seit 1990 seien Russlands Sicherheitsinteressen nicht gewahrt worden, ist einfach Blödsinn.

Das ist die bemerkenswerte Positionierung einer Frau, die beim drafting der nächsten Ausgabe des traditionsreichen „Friedensgutachtens“ führend sein dürfte. Wäre ihre Stilisierung eine historisch korrekte Beschreibung, so stellte sich die heutige Situation (seit Dezember 2021) ganz anders und viel auswegloser dar als wenn man das für eine offenkundige Geschichtsklitterung halten darf und mit Recht der Auffassung ist, dass der Westen die 1989/90 für Europa vereinbarte Ordnung gemeinsamer Sicherheit unter Präsident Bush jr., von 2001 bis 2008, weitgehend abgeräumt hat, weil der Westen sich dies in der Zeit von Russlands militärischer Schwäche leisten konnte – dass Bukarest 2008 lediglich, wie Frau Deitelhoff es stilisiert, ein isolierbarer einzelner „ein strategischer Fehler“ gewesen sei, erscheint doch eher unwahrscheinlich. In dem Fall, dass Frau Deitelhoff sich täuscht, fordert Russland weitgehend lediglich Restitution der einstmals vereinbarten Ordnung. Also etwas, was ihm ohne große Probleme zuzugestehen sein müsste.

Der Punkt ist im Westen, selbst in der sicherheitspolitischen Fach-Community, nicht wirklich geklärt. Medial wird er bellizistisch missbraucht. Beigetragen dazu hat der Westen mit seiner intransparenten Kommunikation zum Verlauf der Verhandlungen zu diesem entscheidenden Punkt mit Russland bis Mitte Februar 2022. Was der EU-Außenbeauftragte in seinem Schreiben vom 10. Februar 2022 zum Ansinnen Russlands in Sachen „gemeinsame Sicherheitsordnung in Europa“ als Vertreter der europäischen OSZE-Mitglieder vertreten hat, wird als Geheimnis behandelt – wohlgemerkt: die Erläuterung der Rechtsposition. Der Nebel ist also nicht nur da, er ist auch noch produziert – zu einer Frage, die über den Kriegsausbruch entschieden hat. Nebenbei: Die Community der westlichen Völkerrechtler hat von Dezember 2021 bis Februar 2022 dazu geschwiegen. Mit ihrem Urteil an die Öffentlichkeit gewandt hat sie sich erst mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, also als das Kind in den Brunnen gefallen war. Solange es noch zu behüten war vor dem Sturz, kam kein Wort.

Mein eigenes Verständnis für die Position des Westens, sich nicht auf ein Gespräch zu rechtlichen Grundfragen der europäischen Sicherheitsordnung einzulassen und die eigene Komunikation dazu hinter einem Schleier der Intransparenz zu verbergen, war gleich Null. Wo nun deutlich ist, dass dies auch noch die Entscheidung war, die das Fass zum Überlaufen gebracht hat, hat sich meine Haltung gewandelt: Die umgehende Klärung und Neu-Positionierung im Westen, so nun die Hoffnung, könnte zum game changer werden.



Es wird vom Lion Air Flug am Tag zuvor (28. Oktober 2018) berichtet, dass die Piloten mit demselben Problem zu kämpfen hatten, zufällig aber ein nicht-diensthabender erfahrener Pilot mit im Cockpit war und sagen konnte „Ich kenne das Problem, Ihr müsst den Hebel X drücken.“

Die Untersuchungen in Seattle haben inzwischen etwas weit Ärgeres herausgebracht: Für die gesamte 737-Serie wurde das Duplizitätsprinzip für die Computersteuerung an Bord zwar hardwareseite eingebaut – dann aber wurden die faktisch nicht sinngemäß laufen gelassen, also einer aktiv, éiner im Stand-by, um im Fall des Ausfalls übernehmen zu können. Die beiden Bordcomputer waren vielmehr so eingestellt, dass die pro Flug abwechselnd nur einzeln eingeschaltet wurden.

Vgl. dazu die folgende Meldung vom 6.6.14 (Interfax Ukraine):
<<Interior Minister Arsen Avakov has said. „I have decided that a hundred percent of combat and patrol units of the Interior Ministry will take part in the antiterrorism operation. This is not only a necessity but also a test of their proficiency, spirit and patriotism. The tempering of units with real threats and challenges is a factor of the creation of a new police force which will be trusted by the public,“ … Avakov reported that 21 officers of the Chernihiv special-purpose patrol battalion comprising volunteers refused to go on a patrol mission in Luhansk region. „The battalion was assigned a patrolling mission in Luhansk region the day before yesterday. Eighty-six men departed to the designated sector to do a man’s job and to accomplish a combat mission in the regime of antiterrorism patrols. Twenty-one persons refused to go and submitted their resignations… They were dismissed immediately,„>>