Fehlende Photovoltaik-Anlagen auf Dach- und Parkplatz-Flächen von Einkaufsmärkten

 

Die Kolumne von Hans-Jochen Luhmann

Warum werden bestens gelegene Dachflächen von Einkaufszentren nicht zur Ernte von Solarenergie und zur Selbstversorgung genutzt? Eine Antwort ergab eine Anhörung von Sachverständigen im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages Ende 2020: Die ökonomischen Hemmnisse gegen eine entsprechende Bestückung von Einkaufsmärkten und ihrer Groß-Parkplätze würden zu einem Gutteil beseitigt, wenn die Anlagen ohne Ausschreibung gebaut werden dürften und wenn das Entgelt aus der EEG-Umlage nicht länger als Umlage auf den Stromverbrauch finanziert würde.



 

Ich wohne in einer Stadt mit hügeliger Topographie. Auf der Höhe dort herrschen beste solare Einstrahlungsbedingungen. In meinem Wohnumfeld sind in den letzten fünf Jahren drei Einkaufsmärkte mit neuen großzügigen einstöckigen Flachdach-Gebäuden und sehr großzügigen Parkplatzflächen entstanden. In einem Fall war es sogar so, dass der Eigentümer nach zwei Jahren feststellte, dass das Gebäude nach seiner neuen strategischen Leitlinie zu klein bemessen war – man riss in kurzer Zeit ab und baute neu. An Geld für Investitionen herrscht offensichtlich kein Mangel.

Wenn ich dort einkaufen gehe, genieße ich die räumliche Großzügigkeit der Neubauten – insbesondere wenn ich sie vergleiche mit Supermärkten in Innenstadtlagen. Wenn ich mich auf die baulichen Anlagen zubewege, insbesondere wenn beim Sonntagsspaziergang die leeren, aber abgesperrten Großparkplatzwüsten in mein Blickfeld geraten, dann bemerke ich, dass ich über die Ein-Zweck-Architektur innerlich den Kopf schüttle. Der Neubau nach wenigen Jahren (Aldi-Nord) hat allerdings zur Ausrüstung mit einer Photovoltaik-Anlage geführt. Zweierlei Fragen bedrängen mich:

  1. Warum werden diese bestens gelegenen Dachflächen nicht zur Ernte von Solarenergie und zur Selbstversorgung des Einkaufszentrums genutzt? Das ist doch so offenkundig eine sich rechnende Investition!
  2. Wieso diese Ödnis-Ästhetik der Großparkplätze – ist die nicht ruf- und geschäftsschädigend?

Auf die erste der beiden Rätselfragen habe ich nun eine Antwort erhalten. Gegeben wurde sie in einer Anhörung von Sachverständigen im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages. Anlass der Sitzung am 18. November 2020 war die aktuelle Novelle des EEG, die Beratung der Fassung EEG 2021.

Weshalb es nicht von alleine läuft

Es war der Sachverständige des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), der auf diese Frage zu sprechen kam. Zum Hintergrund seiner Antwort muss man aus der Struktur der Förderung von Erneuerbaren Energien im EEG Zweierlei vor Augen haben. Beides hängt damit zusammen, dass neuerdings, anders als früher, der produzierte Strom zunehmend nicht mehr allein in einer Richtung fließt, vom (Groß-)Kraftwerk zum Konsumenten; nein, nun, bei Photovoltaik insbesondere, ist die verbrauchernahe Produktion möglich: Man kann für den Eigenverbrauch produzieren und den Überschuss ins Netz speisen. Der Netzanschluss wird weniger zum Zufluss von Strommengen genutzt, er wird vielmehr bi-direktional genutzt. Er stellt zunehmend eine Art Versicherung dar, auch in (seltenen) Zeiträumen, da die Selbstversorgung, der Uhrzeit oder des Wetters wegen, nicht klappt, über Strom zu verfügen. Die Häufigkeit der Inanaspruchnahme dieser Versicherung kann zudem durch Batterie-Speicher beim Kunden verringert werden, bis auf Null. Die beiden Schlüssel-Charakteristika:

  1. Gemeinkosten im System sind erstens die Kosten für die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Stromsystems unter den liberalisierten Markt-Bedingungen sowie zweitens der Aufwand für die Finanzierung der Erneuerbaren-Anlagen. Refinanziert werden beide durch Umlage, und zwar auf den „Stromverbrauch“, also auf Mengen – das ist anders als zu Zeiten vor der Liberalisierung. Das neue Konzept für diese Umlage stammt noch aus der Zeit, als der Stromverbrauch zwangsläufig identisch war mit der Menge bezogenen Stroms – der wurde im Stromzähler gemessen. Nun aber, wo für viele angeschlossene Kunden eine (teilweise) Alternative exisitert, Eigenproduktion zur Selbstversorgung, ergibt sich da ein doppeltes Problem. Da ist einmal die Verführung zu sagen: Bleibt mein Eigenverbrauch unbelastet von den umgelegten Systemkosten, dann rechnet sich das ganz anders – auch das ist Ausdruck des Üblichen, des individuellen Ausweichens vor dem solidarischen Tragen einer Gemeinlast. Zweitens stellt sich das Kontrollproblem, den Eigenverbrauch missbrauchsfrei zu messen.
  2. Mit der Novelle EEG 2014 haben die Ökonomen der Brüsseler Kommission den Zwang zur Ausschreibung als Regelfall in das Gesetz hineingedrückt. Hintergrund ist ihr akademisches Wissen, welches Inhaltliches via Verfahren behauptet: Nur eine Vergabe von Fördermitteln, welche im Wettbewerb geschieht, sei effizient. Das ist eine prinzipiell kluge Unterstellung. Sie gilt aber nur dann, wenn die bürokratischen Kosten der Veranstaltung eines fairen Wettbewerbs nicht größer sind als der Effizienzgewinn aus diesem Wettbewerb. Um dem zu entsprechen, wurde im EEG eine Bagatellgrenze vorgesehen – erst oberhalb gilt der Zwang zur Ausschreibung.

Dr. Sebastian Bolay vom DIHK führte aus (hier leicht redigiert wiedergegeben):

Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, die Bagatellgrenze, die heute bei 750 kW liegt, auf 500 kW abzusenken. Das würde … zum Ende vieler solcher Projekte im Mittelstand führen, denn das sind Einmalinvestitionen. … Wenn die Anlage doch gebaut werden soll, dann würde die Anlage so dimensioniert, dass der Strom immer zu 100 Prozent selbst verbraucht werden kann. Die Anlage würde also kleiner dimensioniert.

Es wäre wichtig, die Belastung mit 40 Prozent EEG-Umlage zu streichen, weil auch Eigenversorgung als Treiber nicht dazu führt, dass solche Anlagen sehr wirtschaftlich sind. Also im Schnitt kommen Sie bei solchen Anlagen auf eine Amortisationszeit im industriellen Mittelstand von etwa 9 Jahren. … Wenn man die 40 Prozent streicht, würde die Amortisation um etwa ein bis zwei Jahre schneller funktionieren. …

Ein großes Problem sind die Regelungen zum Messen und Schätzen, die sogenannten Drittstromabgrenzungen … Ich gebe Ihnen ein Beispiel dafür. Ein Kühlhaus hat eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Dann kommen Kühl-LKW, die gehören nicht zum Unternehmen, die gehören einem Dritten. Die transportieren irgendwelche Waren. Sie müssen, während sie da ein- und ausladen, die Ware weiterhin kühlen. Da haben sie zwei Möglichkeiten. Entweder schmeißen sie ein Dieselaggregat an, den der LKW eingebaut hat, oder sie stecken einen Stecker rein und machen das ganze elektrisch, zumindest solange das Auto an der Rampe steht. Ökologisch sinnvoller ist es natürlich, hier den Stecker reinzustecken, als Diesel zu verwenden. … Nach den momentanen Regelungen müssten sie die Anschlüsse mit entsprechend geeichten Messeinrichtungen ausrüssten, um dann für die Stromabgabe an den LKW 100 Prozent EEG-Umlage abzuführen. Die Meldepflichten … führen dazu, dass solche Investitionen unterbleiben …

Grundsätzlich ist der Mittelstand bereit, deutlich mehr in Photovoltaik zu investieren, aber die Regelungen machen es schwer. Am sinnvollsten wäre es, die Personenidentität bei erneuerbarer Eigenversorgung aufzuheben, dann hätten wir solche Probleme nicht.

Diese Darstellung besagt im Klartext: Die ökonomischen Hemmnisse gegen die Bestückung von Einkaufsmärkten und ihren baurechtlich erzwungenen Groß-Parkplätzen würden zu einem Gutteil beseitigt, wenn die Anlagen auf den Dächern ohne Ausschreibung gebaut werden dürften und wenn das Entgelt aus der EEG-Umlage weiterhin fließen würde, aber nicht länger als Umlage auf den Stromverbrauch finanziert würde. Das Abschleifen dieser beiden Hindernisse aber wäre beziehungsweise ist ein Groß-Projekt – mit der Umbasierung der Finanzierung der Zahlungen aus dem EEG-Fonds hat man mit der Zweckbindung der Einnahmen aus dem BEHG (Brennstoffemissionshandelsgesetz) immerhin begonnen. Aber die Umsetzung eines solchen Groß-Projekts braucht Zeit. Außerdem geht es da allein um die EEG-Umlage, von der Umlage der Systemkosten seitens der Übertragungsnetzbetreiber ist da nicht einmal gesprochen. Da wäre man beim Thema „Reform des Strommarkt-Designs“.

Also wird nach Alternativen Ausschau gehalten.

Die (scheinbare) Lösungsoption “solare Baupflicht”

Wie immer gilt: Wenn es nicht von alleine läuft, ist die Alternative die Verpflichtung. Entsprechende Initiativen sind in Deutschland auf kommunaler Ebene seit einiger Zeit unterwegs, allerdings nicht speziell für Einkaufsmärkte sondern für Gebäude generell. Die Verpflichtung wird beschränkt auf Neubauten und wesentliche Dachsanierungen – das ist dem Gebäudeenergierecht entnommen. Anknüpfungspunkte wurden dem Kommunalrecht entnommen, also Bauleitplanung oder Bausatzungsrecht. Das ist dann anfechtbar, weil das Kommunalrecht durch Landesrecht überschreibbar ist. Erste Vorstöße wurden zu Ende der 2000er Jahre gemacht, Waiblingen und Marburg waren die Vorreiter.

Nun gibt es Vorstöße auf Länderebene. Baden-Württemberg ist in der Vorbereitung. Herangezogen wird hier der Vorstoß des Stadtstaates Hamburg. Der ist besonders geeignet, weil er bereits realisiert ist und da die mögliche rechtliche Spannung zwischen Kommune und Land wegen Identität entfällt. Hamburg hat die entsprechende Pflicht in seinem Klimaschutzgesetz eingeführt. Die ausformulierte Pflicht zeigt jedoch, dass das Funktionieren der Pflicht davon abhängig ist, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gegeben sind. Im Detail heisst es in § 16 Hamburgisches Klimaschutzgesetz (HmbKliSchG), der unter dem Titel „Verpflichtung zum Vorhalten einer Anlage zur Stromerzeugung durch Nutzung solarer Strahlungsenergie“ steht,

„(2) Die Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden, deren Baubeginn nach dem 1. Januar 2023 liegt, haben sicherzustellen, dass Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie auf der Dachfläche errichtet und betrieben werden. Sie können sich zur Nutzung der solaren Strahlungsenergie auf Dachflächen eines Dritten bedienen.

Abs. (3) legt fest, dass diese Pflicht „auch bei vollständiger Erneuerung der Dachhaut eines Gebäudes“ gilt, und zwar bei Beginn ab dem 1. Januar 2025. Einschränkend gilt u.a.:

(4) Die Pflicht nach den Absätzen 2 und 3 entfällt, soweit … ihre Erfüllung … c) wirtschaftlich nicht vertretbar ist“.

Was das heißt und wie das festgestellt wird, bleibt im Dunkeln. Das HmbKliSchG enthält zwar eine Ermächtigung, dass der Senat durch Rechtsverordnung „die Anforderungen an die wirtschaftliche Vertretbarkeit“ festlegt. Doch das ist noch nicht geschehen, und eine Frist dafür enthält das Gesetz auch nicht. Ich vermute, das wird mit Bedacht auf die lange Bank geschoben, „wirtschaftliche Vertretbarkeit“ ist schließlich Schlüsselkriterium des Gebäudeenergierechts seit gut 40 Jahren. Auf dieser Ebene ist der Begriff – mit Bedacht – unbestimmt geblieben. Davon nun abweichen zu wollen, birgt ein hohes Risiko. Ob es erforderlich ist, ob bei der absehbar schnellen Verfallszeit einer Festlegung im Detail solches ertragreich ist, ist skeptisch zu beurteilen. Offenkundig ist schließlich die hohe Abhängigkeit der Wirtschaftlichkeit von der Regulierung des Strommarktes generell und des Erneuerbaren-Rechts im Besonderen. Auf beiden Gebieten ist eine hohe Dynamik der Regulierung zu konstatieren – sachlich völlig zu Recht.

Vor diesem Hintergrund sind die Lösungsvorschlage, die das Öko-Institut zusammen mit der Stiftung Umweltrecht in einem Vorhaben für das Umweltbundesamt entwickelt haben, besonders interessant. In einem der Vorschläge werden die Bedingungen der Regulierung der Bestimmung von „wirtschaftlich“ nämlich ausbuchstabiert – diese Option wird dann aber als wenig praktikabel an die zweite Stelle gerückt; in dem zweiten und eigentlichen Vorschlag kommt man ohne eine Bestimmung der Wirtschaftlichkeit im rechtlichen Detail aus – das Mittel ist ein Vorschlag zum Verfahren zu dessen Bestimmung: Es wird rückdelegiert an einen Markt.

Die UBA-Lösungsoption

Die Untersuchung mit diesen beiden durchbuchstabierten Lösungsoptionen wurde im Oktober 2020 vorgelegt. Ihr Titel lautet

Photovoltaik-Pflicht mit Verpachtungskataster: Optionen zur Gestaltung einer bundesweiten Pflicht zur Installation und zum Betrieb neuer Photovoltaikanlagen“.

Der Grundansatz ist derselbe, der überall verfolgt wird: Es wird eine generelle Pflicht statuiert. Die gilt aber nur unter der Nebenbedingung „sofern wirtschaftlich“. Einen solchen Ansatz haben Hamburg, Bremen und Baden-Württemberg bei ihren geplanten Photovoltaik-Pflichten verfolgt. Er basiert auf der Annahme, dass aktuell viele Photovoltaik-Anlagen nicht gebaut werden, die eigentlich wirtschaftlich sind. Es gibt aber auch viele Dachsituationen, bei denen Photovoltaik-Anlagen tatsächlich nicht wirtschaftlich sind. Frage ist: Wie ist das feststellbar? Wie ist das eine beziehungsweise das andere so nachweisbar zu machen, dass es nicht unnötig teuer ist und zudem nicht leicht manipulierbar ist und deswegen umgangen werden kann? Darum geht es im Kern in der Untersuchung für das Umweltbundesamt.

Der erste Teil der Antwort ist: Die Pointe, ein Schlüssel zur Lösung, liegt in der präzisen Formulierung der Pflicht. Die beinhaltet die Verpflichtung, eine Photovoltaik-Anlage zu installieren und dann auch zu nutzen. Die Pflicht soll jedoch nur greifen, wenn sie wirtschaftlich zumutbar ist. Das führt in die Notwendigkeit einer standardisierten Wirtschaftlichkeitsprüfung seitens einer Behörde mit all ihren Dilemmata. Um das zu ersetzen, wird so vorgegangen:

Die Verpflichteten können sich weiterhin dafür entscheiden, eine Photovoltaik-Anlage selbst zu bauen und zu betreiben. Wenn die Verpflichteten das nicht wollen, dann können sie stattdessen die nutzbare Außenfläche in ein Verpachtungskataster eintragen, damit die Fläche von Dritten für den Betrieb einer Photovoltaik-Anlage gepachtet werden kann. Damit erlischt die Pflicht zur eigenen Installation und zum Betrieb der Anlage. Die Unwirtschaftlichkeit der Fläche würde sich „objektiv“ erweisen, und zwar dadurch, dass sich kein Dritter findet, der dort eine Photovoltaik-Anlage installiert und in Betrieb nimmt. Deswegen der Titel mit der Doppelung: eine Nutzungs- oder Katasterpflicht.

Das ist die von den Autoren präferierte Option. Da die explizite Klärung des Ausschlusses der Unwirtschaftlichkeit, mit ihren Tücken, ebenfalls untersucht wird, könnte man dieses Material in der Studie heranziehen, um die Frage zu klären: Ist es wirklich so, dass durch den Verfahrenstrick, Dritten die Option zur Errichtung einer Pachtanlage zu geben, „das“ wirtschaftliche Potential, in Gänze also, in die Nutzung gebracht wird? Oder gibt es da doch eine Differenz, bringt diese Verlagerung auf ein Verfahren nicht doch einen Verlust an wirtschaftlichem Potential und damit „Kosten“ mit sich?

Der Popanz “unpraktikable Wirtschaftlichkeitsprüfung”

Im Kapitel 1.5.3 gehen die Autoren auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit ein. Sie kommen zu dem Ergebnis:

Eine standardisierte Wirtschaftlichkeitsprüfung ist … faktisch unpraktikabel“.

Wohlgemerkt: Sie sagen nicht: Sie sei zu aufwändig relativ zum Nutzen. Nein, die Autoren machen eine Unmöglichkeitsbehauptung.

Das ist eine überraschende Feststellung – gibt es doch Standardisierungen der Prüfung der Wirtschaftlichkeit zuhauf. Es gibt selbst Normen dazu; und in den Verwaltungen der Öffentliche Hände existieren etliche solcherart Richtlinien zur Auswahl rentabler Investitionen. Es gibt die Branche von Wirtschaftprüfern, die Bewertungen von Objekten und ganzen Unternehmen täglich wie von der Stange liefern. Wenn die These der Autoren richtig wäre, dann würde dies alles zu Hokuspokus erklärt sein.

Schaut man, so irritiert, in die Begründung ihrer These, so ergibt sich, dass die Autoren lediglich haben sagen wollen: Weil die Zukunft unbestimmt ist und etliche Parameter, insbesondere das angesetzte Renditeerfordernis, in weiten Grenzen nur und damit nicht „objektiv“, also subjekt-unabhängig, bestimmt werden können, sei

fraglich, … ob sich … rentable von unrentablen Anlagen klar unterscheiden lassen.“ (S. 27)

Es ist aber eben das Wesen der Wirtschaftlichkeitsrechnung, dass sie zukunftsbestimmt ist und nach Fallkonstellationen differenziert zu sein hat. Unpraktikabel ist sie offenkundig auch schon deswegen nicht, weil auch die Dritten, die eingeladen sind, mit den in ein Kataster eingestellten Gebäudeflächen ihr Geschäft zu machen, das offenkundig auf Basis einer „standardisierten Wirtschaftlichkeitsprüfung“ tun – das ist ihre „Praxis“.

Den “Annäherungen” an die “wirkliche Wirtschaftlichkeit” auf der Spur

Der Wechsel der Person des Investors im Lösungsvorschlag für das Umweltbundesamt, die Auflösung der Personenidentität von Nutzer und Investor, hat beim Stromsystem in der Wirtschaftlichkeit zwei ergebniserhebliche Konsequenzen.

  1. Die Kategorie des „Eigenverbrauchs“ (inklusive dezentrale Speicherung) entfällt. Damit entfällt der Ertrag aus „vermiedenem Bezug“, der, der bezugsabhängigen Umlagen wegen, anders bewertet wird als der bezogene Strom.
  2. Für den kommerziellen Bauherrn erhöht die gebäudeverbundene Photovoltaik die Investitionssumme, die dieser in aller Regel zum Großteil über Kredite finanziert. Sie erhöht seinen Bedarf an Spitzen-Finanzierung. Das ist eine Darlehns-Kategorie, wo der mögliche Ausfall besonders hoch bewertet wird, wo Kredite eigenkapitalabhängig und schwer nur zu bekommen sind; und wenn, dann zu hohen Risiko-Aufschlägen nur. Für einen getrennt investierenden Dritten entfällt diese spezielle Spitzenfinanzierungs-Problematik, er kann ganz anders rechnen, mit einem deutlich geringerem Amortisationszinssatz.

Die beiden Punkte sind in ihren Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit bei einem Wechsel des Investors heraus aus der Personenidentität offenkundig gegenläufig. Man könnte somit grob argumentieren: Sie heben sich gegenseitig auf, der Vorschlag für das Umweltbundesamt dürfte dem wirtschaftlichen Optimum nahekommen.

Mir ist das zu früh geschlossen. In diesem Text wurden eingangs Parameter (des EEG) eingeführt, an denen zu drehen ist, um Hemmnisse für die Selbstvornahme abzubauen. Hinzu kommt der Eindruck, dass die Trennung von Gebäudehülle und baurechtlich erzwungener Parkplatzfäche bei einer Initiative, das wirtschaftlich bestehende Photovoltaik-Potential an Gebäuden zu heben, das Gegenteil von naheliegend ist – in der jüngsten Novelle des EEG ist dafür zudem ein Förderfenster eröffnet worden. Hinzu kommt, dass die Förderung der Elektromobilität zu Konsequenzen in der Tank-Infrastruktur zu führen hat – und dabei haben Parkplätze von Einkaufsmärkten sicherlich eine Rolle spielen.

Ein Letztes: Die angesprochenen Probleme der Spitzenlastfinanzierung von gebäudeverbundenen PVPhotovoltaik-Anlagen sind ein finanzmarktpolitisches Hemmnis, welches nicht schicksalhaft sondern behebbar ist – und das ohne Wohlfahrtsverluste. Das Mittel der Wahl ist kollektive Bürgschaftsgewährung der Öffentlichen Hände. Schließlich ist die Idee, eine Investitionspflicht vorzuschreiben, eine Maßgabe, je individuell und in diesem Sinne kollektiv ein Risiko einzugehen, welches der Autor der Maßgabe, der Staat, weitestgehend in der Hand hat. Man darf zudem die Analogie  nicht vergessen: Im Hintergrund der Finanzblase, die 2007 platzte, stand eine faktische bail-out-Zusage an die Banken, die diese in ihrem Umfang über die Jahre immer dreister in Anspruch genommen haben. Da ging es um ganz andere Größenordnungen, und das noch illegitim.

Vor einem Plazet für den Pflicht-Vorschlag für das Umweltbundesamt steht nach meinem Urteil erst noch eine Abwägung mit den anderen Lösungsoptionen.

Die Untersuchung des Umweltbundesamtes „Photovoltaik-Pflicht mit Verpachtungskataster: Optionen zur Gestaltung einer bundesweiten Pflicht zur Installation und zum Betrieb neuer Photovoltaikanlagen“ steht über diesen Link zum Download als PDF bereit.

Es wird vom Lion Air Flug am Tag zuvor (28. Oktober 2018) berichtet, dass die Piloten mit demselben Problem zu kämpfen hatten, zufällig aber ein nicht-diensthabender erfahrener Pilot mit im Cockpit war und sagen konnte „Ich kenne das Problem, Ihr müsst den Hebel X drücken.“

Die Untersuchungen in Seattle haben inzwischen etwas weit Ärgeres herausgebracht: Für die gesamte 737-Serie wurde das Duplizitätsprinzip für die Computersteuerung an Bord zwar hardwareseite eingebaut – dann aber wurden die faktisch nicht sinngemäß laufen gelassen, also einer aktiv, éiner im Stand-by, um im Fall des Ausfalls übernehmen zu können. Die beiden Bordcomputer waren vielmehr so eingestellt, dass die pro Flug abwechselnd nur einzeln eingeschaltet wurden.

Vgl. dazu die folgende Meldung vom 6.6.14 (Interfax Ukraine):
<<Interior Minister Arsen Avakov has said. „I have decided that a hundred percent of combat and patrol units of the Interior Ministry will take part in the antiterrorism operation. This is not only a necessity but also a test of their proficiency, spirit and patriotism. The tempering of units with real threats and challenges is a factor of the creation of a new police force which will be trusted by the public,“ … Avakov reported that 21 officers of the Chernihiv special-purpose patrol battalion comprising volunteers refused to go on a patrol mission in Luhansk region. „The battalion was assigned a patrolling mission in Luhansk region the day before yesterday. Eighty-six men departed to the designated sector to do a man’s job and to accomplish a combat mission in the regime of antiterrorism patrols. Twenty-one persons refused to go and submitted their resignations… They were dismissed immediately,„>>