Die Spaltung der globalen Autoindustrie entlang der Linie „pro oder contra Trump“

 

Weltweit sind knapp 20 Fahrzeughersteller unterwegs, mit Stückzahlen pro Jahr von mehr als einer Million. Von diesen OEM (Erstausrüster, englisch Original Equipment Manufacturer) haben sich gut zehn, die „westlichen“, im Januar 1999 zur Vertretung ihrer Interessen in den USA zur „Alliance of Automobile Manufacturers“ zusammengeschlossen, welche die „American Automobile Manufacturers Association“ ersetzte – die ostasiatischen Konzerne fehlen. Man erkennt eine „geopolitische“ Gespaltenheit.

In den USA ist die politische Polarisierung, die durch die Rückwirkung der wirtschaftlichen Globalisierung auf die Heimatmärkte ausgelöst worden ist, inzwischen weit fortgeschritten – die USA sind Pionier bei diesem Phänomen. Dort ist es mit der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten gelungen, aus dieser zunehmenden Spaltung Kapital zu schlagen, nämlich einen Lagerwechsel herbeizuführen. Der Amtsinhaber sucht seitdem, seine Basis, auch zum Zwecke der Wiederwahl, stetig zu erweitern, durch Vertiefung der Spaltung. Diese Spaltung bleibt nicht auf den Raum der Innenpolitik begrenzt, sie hat bereits die internationale Staatengemeinschaft erfasst. Neu ist, dass sie auch Konzernverbünde trifft, wie die Mitglieder der genannten Alliance of Automobile Manufacturers (AAM). Sie werden zum Bekenntnis „pro oder contra“ gezwungen und somit ebenfalls in die Spaltung qua Parteinahme geführt.

Anlass war die Regulierung von Fahrzeugeigenschaften in den USA, unter dem doppelten Mandat der US-amerikanischen Umweltbehörde (EPA) (für CO2) und dem Äquivalent zum deutschen Kraftfahrtbundesamt, der National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA). Beide zusammen hatten, mandatsgemäß, die ökonomisch „effizienten“ Werte für die Modelljahre 2021 bis 2025, zu Ende der Amtszeit Obamas noch, festgestellt beziehungsweise bestätigt: Mit einem Rückführung der Flottenverbrauchswerte um 25 Prozent-Punkte auf 101 g/km in 2025. Doch das war offenbar terminlich wohlkalkuliert gewesen, man wollte vor dem Amtsantritt des neuen Präsidenten das in trockenen Tüchern haben – und dabei hat man die erforderlichen zeitlichen Fristen, für Anhörungen und Einwände, erheblich „gestaucht“, wie in einer Ausarbeitung der AAM in bester optischer Aufmachung nachzuvollziehen ist.

Es handelt sich da um eine Aufgabenstellung, die in prinzipiell wirtschaftsliberal aufgestellten Gemeinwesen eher gegenintuitiv ist. Da ist etwas als Ganzes zu optimieren, das Optimum ergibt sich aber nicht, wie gewohnt, aus dem Wettbewerb von diversen Akteuren. Hier wird vielmehr etwas vorgegeben, welches dann von den Wettbewerbern im Durchschnitt kollektiv zu erreichen ist. Vor dem Hintergrund des wirtschaftsliberalen Anspruchs wird denn auch ein hoher Aufwand getrieben, um das wirtschaftliche Optimum nun des Kollektivs zu bestimmen. In die Rechnung gehen viele Parameter ein, etliche unter ihnen prognostisch, wie Preise für Treibstoff und Technologien. Dass man dazu auch unter Experten unterschiedlicher Meinung sein kann, liegt in der Natur der Sache begründet, des ökonomischen Kalküls, welches eben zukunftsbestimmt ist.

Wie beschrieben, hat die Trump-Administration umgehend nach ihrem Amtsantritt das Ruder hierzu herumgerissen. In einem neuen Verfahren, dem zweiten Anlauf derselben Fachbehörden, wurde die gegenteilige Entscheidung getroffen, dass die spezifischen Verbrauchswerte für die besagten Modelljahre nicht um 25 Prozent besser sondern eingefroren werden sollen. Dagegen hat der Bundesstaat Kalifornien, welcher einen Fahrzeugmarkt von der Größe Japans darstellt und traditionell ein Prärogativ-Recht für die Festlegung der Anforderungen an die Abgaswerte von Fahrzeugen besitzt, Klage erhoben – unterstützt von 22 anderen Staaten der USA.

Das Ergebnis des allein politisch motivierten Konflikts ist bislang, dass die OEM nicht wissen, auf was sie sich für die Modelljahre 2021 bis 2025 in den USA einzurichten haben – die politische Spaltung hat in einen Rechtsstreit konstitutioneller Art geführt. Von dem ist nur eines sicher: Er wird das Problem nicht lösen. Eine Lösung nämlich ist nur eine rechtzeitige Entscheidung. Die daraufhin vorgenommenen Züge der Beteiligten sehen wie folgt aus

  1. Kalifornien hat am 25. Juli 2019 angekündigt, dass der Staat mit vier großen Fahrzeugherstellern ein Abkommen geschlossen habe, freiwillig Energieeffizienz- sowie Treibhausgas-Emissions-Grenzwerte einzuhalten bis zum Modelljahr 2026. Diese Werte liegen etwa auf der Hälfte zwischen den gegenwärtig (noch) rechtskräftigen Standards von EPA & NHTSA von Ende 2016 einerseits und denen der Trump Administration aus 2018 andererseits. Die Unternehmen, die beigetreten sind, waren Ford, Honda, Volkswagen und BMW. Die stehen für etwa ein Drittel des Neuwagen-Absatzes auf dem US-Markt.
  2. Die Trump-Administration hat daraufhin beschlossen, Kalifornien das traditionelle Recht zu entziehen, hinsichtlich der Festlegung von Abgaswerten einen eigenständigen Sonderweg zu gehen. In den Medien wurde dieser Schritt mit der Überschrift kolportiert Trump and California go to war over clean cars. Die eingereichte Klage wurde von Fahrzeugherstellern unterstützt. Auf dieser Seite der „Front“ finden sich nun General Motors, Toyota, Hyundai und Fiat Chrysler.
  3. In der Sache, hinsichtlich der Grenzwerte in den Modelljahren bis 2026, scheint die Trump-Administration sich aber zugleich zu bewegen, in Richtung eines Kompromisses. Nun heisst es: the administration now favors a 1.5% annual increase in the stringency of the standards. Über fünf Jahre addiert sind das 7,5 Prozent-Punkte – der kalifornische Vorstoß zur freiwilligen Verpflichtung lag bei einem Anstieg um etwa 12 Prozent-Punkte.

Man erkennt die Trumpsche Taktik auch hier: Konflikt-Markierung, „going for war“ mit großem Aplomb und als Selbstzweck – die Lösung ergibt sich dann immer als Kompromiss, den er durch Bezug steiler Ausgangspositionen, die sachlich kaum zu begründen sind, auf seine Seite zu ziehen vermag.

Und: Man darf gespannt sein auf das, was den vier Herstellern noch widerfahren wird, die sich „gegen Trump“ positioniert hatten – darunter aus Deutschland Volkswagen und BMW. Nach allem, was wir wissen, steht „Rache“ noch aus.