Zäune, die die Welt begrenzen, 24. Oktober 2018

 

Wenn auch kirchliches und biblisches Wissen nicht mehr unbedingt zum Allgemeingut gehören, so gibt es Sprichworte und Bilder aus der Bibel, die in der Alltagssprache benutzt werden, ohne, dass die Herkunft bewusst ist.

Zum Beispiel wird ab und an von Tohuwabohu gesprochen, und man meint damit ein unaufgeräumtes Zimmer oder anderes. Dieser Begriff kommt aus dem Hebräischen und beschreibt das Chaos, das Gott nach der Erzählung im ersten Schöpfungsbericht vorgefunden hat, bevor er die Welt schuf.

Wenn vom Paradies gesprochen wird, verbindet man das mit der Vorstellung von einer heilen Welt, in der einem die Früchte in den Mund wachen. Auf diese Weise wurde es in der Kunst oft dargestellt. Allerdings bedeutet der Begriff Paradies lediglich, dass es sich um ein umzäuntes Gelände, einen Garten handelt. Ein Garten kann zu einem Paradies, nach der landläufigen Vorstellung, durch viel Arbeit gemacht werden.

In Ungarn wird genau zwischen umzäuntem Land, Garten oder was auch immer und nicht umzäuntem Gelände unterschieden. Unsere deutschen Nachbarn haben ein großes Grundstück, das sie in den ersten Jahren, in denen sie das Haus besaßen, nicht eingezäunt hatten. Als sie eines Tages aus Deutschland zurück zum Haus in Ungarn kamen, fanden sie an ihrem Gartenteich ihren russischen Nachbarn sitzen, der in diesem sein Miniaturmotorboot ausprobierte und sich sonnte. Es ging sehr schnell und ein Zaun war da, der nun 3.000 Quadratmeter einzäunte.

Ungarische Bekannte erzählten uns, dass es tatsächlich landläufige Meinung und Usus in Ungarn ist, dass ein nicht eingefriedetes Grundstück betreten werden kann, auch wenn es erkennbar ein angelegter Garten ist, der zu einem Gebäude gehört. Das ist also ein ungeschriebenes Gesetz, das unseren Nachbarn sehr schnell kennengelernt haben. Die Traube auf dem Bild konnten sie nicht ernten, da sie mit ihrem Zaun fest verwachsen war.