60 Organisationen fordern: EU-Mercosur-Abkommen stoppen!

 

Zivilgesellschaftliche Organisationen aus den Bereichen Umweltschutz, Landwirtschaft, Menschenrechte, Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe protestieren gegen das geplante Handelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Ein zentrales Ziel des Abkommens ist die Steigerung der Importe von Fleisch, Soja und Ethanol nach Europa, im Gegenzug soll das Abkommen die Exportbedingungen für die deutsche Automobilindustrie verbessern. Wenn die Bundesregierung Klimaschutz in ihrer EU-Ratspräsidentschaft ernstnehmen wolle, müsse sie ein Stopp-Signal setzen und den Vertrag von der Tagesordnung nehmen.



 

(Berlin, 29. Juni 2020) 60 zivilgesellschaftliche Organisationen aus den Bereichen Umweltschutz, Landwirtschaft, Menschenrechte, Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe protestieren heute gegen das geplante Handelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Mit einer Aktion vor dem Bundeskanzleramt und einem gemeinsamen Aufruf fordern sie von der Bundesregierung, das Abkommen zu stoppen. Diese hat angekündigt, das Abkommen unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft voranbringen zu wollen.

„Die Corona-Krise hat gezeigt, dass die immer weiter fortschreitende ungesteuerte Globalisierung nicht zu einer gerechten und ökologischen Weltwirtschaft führt“, heißt es in dem Aufruf. Doch statt ökologisch, sozial, menschenrechtlich und entwicklungspolitisch kohärente, multilaterale Handelsbeziehungen voranzutreiben, setzen EU-Kommission und Bundesregierung auf ein „Weiter So“.

Das EU-Mercosur-Abkommen unterminiert Tierwohl, lokale Lebensmittelversorgung und faire Erzeugerpreise. Es öffnet die EU-Märkte für noch mehr Rind-, Schweine- und Hähnchenfleisch, sowie die Märkte beiderseits des Atlantiks für Milchprodukte. Dazu sagt Berit Thomsen, Handelsreferentin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL): „Die Bäuerinnen und Bauern in Deutschland sollen mit den billigen Fleischimporten aus den Mercosur-Ländern konkurrieren, gleichzeitig kostet sie ein Umbau in der Tierhaltung mit mehr Tierwohl zusätzliches Geld. In den Mercosur-Ländern können unsere steigenden Milchexporte lokale Strukturen zerstören.“

Ein zentrales Ziel des EU-Mercosur-Abkommens ist die Steigerung der Importe von Fleisch, Soja und Ethanol nach Europa. All diese Produkte sind schon heute wichtige Gründe für die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes. Ihre Erzeugung auszuweiten erhöht unmittelbar das Ausmaß von Bränden und Abholzungen. Im Gegenzug soll das Abkommen die Exportbedingungen für die deutsche Automobilindustrie verbessern. Dazu erklärt Ernst-Christoph Stolper, BUND und Sprecher des Leitungskreises des Forums Umwelt und Entwicklung: „Das EU-Mercosur-Abkommen ist doppelt verheerend für den Klimaschutz. Spritfresser gegen Regenwaldzerstörung zu tauschen ist Handelspolitik aus den Tiefen des letzten Jahrhunderts. Wenn die Bundesregierung Klimaschutz in ihrer Ratspräsidentschaft ernstnehmen will, muss sie ein Stopp-Signal setzen und den Vertrag von der Tagesordnung nehmen. Wir brauchen keinen Brandbeschleuniger, sondern aktiven Regenwaldschutz und eine grundlegende Energie- und Verkehrswende.“

Sven Hilbig ist Referent für Welthandel beim evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt.

Unter dem brasilianischen Präsidenten Bolsonaro hat sich die Menschenrechtslage massiv verschlechtert. Allein in Rio de Janeiro starben im letzten Jahr fast 2.000 Menschen durch Polizeigewalt, und der indigenen Bevölkerung droht ein Genozid. Sven Hilbig, Referent Handelspolitik bei Brot für die Welt, sagt: „Mit dem EU-Mercosur-Abkommen würde die EU die Botschaft senden, dass ihr die Entwicklungen in Brasilien egal sind, und einen Freibrief für Bolsonaros Politik ausstellen. Das Abkommen wird Brasiliens Rolle als Exporteur von Rohstoffen verstärken und damit Landkonflikte und Vertreibungen weiter befeuern. Es steht in keiner Weise im Einklang mit europäischen Werten und einer zukunftsfähigen Handelspolitik. Wenn die EU in punkto Menschenrechte glaubwürdig bleiben will, darf das Abkommen nicht zustande kommen. Stattdessen muss sie deutlich machen: Menschenrechte sind keine Verhandlungsmasse!“