Brot für die Welt nimmt Stellung zur Welthandelsorganisation (WTO)

 

Seit mehr als zwei Jahrzehnten festigt die Welthandelsorganisation (WTO) mit ihrer Freihandelspolitik althergebrachte Wirtschaftsstrukturen, die kaum Entwicklungschancen für die arme Bevölkerungsmehrheit im globalen Süden bieten und ökologisch rückwärtsgewandt sind. Trotz anhaltender Kritik aus der Zivilgesellschaft hat die Welthandelsorganisation es in der Vergangenheit versäumt, dringende Reformen anzustoßen. Brot für die Welt: „Das Pariser Klimaabkommen, die Agenda 2030 sowie Menschenrechte müssen für die WTO zum verbindlichen Maßstab werden.“



 

(Berlin, 11. Dezember 2019) Ab heute wird das Berufungsgremium der Welthandelsorganisation WTO beschlussunfähig sein. Durch die Weigerung der USA, Richter in das Gremium zu entsenden, wird die erforderliche Mindestanzahl nicht mehr erreicht. Die EU bereitet sich seit dem Sommer auf dieses Szenario vor, indem sie bislang mit 15 wichtigen WTO-Mitgliedsstaaten bilaterale Vereinbarungen getroffen hat. Ziel ist es, ab 2020 ein plurilaterales Abkommen zu verhandeln, mit dem interimsmäßig eine alternative Instanz für die Streitschlichtung eingerichtet werden soll ‑ eine Art Mini-WTO.

Sven Hilbig, Welthandelsexperte bei Brot für die Welt sagt: „Angesichts der heute eingetretenen Beschlussunfähigkeit der Berufungsinstanz des Streitschlichtungsmechanismus muss sich die Welthandelsorganisation einmal mehr die Frage nach ihrer Relevanz stellen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten festigt die WTO mit ihrer Freihandelspolitik althergebrachte Wirtschaftsstrukturen, die kaum Entwicklungschancen für die arme Bevölkerungsmehrheit im globalen Süden bieten und ökologisch rückwärtsgewandt sind.

Trotz anhaltender Kritik aus der Zivilgesellschaft hat die WTO es in der Vergangenheit versäumt, dringende Reformen anzustoßen. Die Leidtragenden dieser Politik sind die Umwelt sowie die kleinbäuerliche Landwirtschaft und Indigene, die der Ausweitung des Freihandels weichen müssen, der mit dem Ausbau der industriellen Agrarwirtschaft und dem Abbau von Rohstoffen einhergeht.“

Sven Hilbig ist Referent für Welthandel beim evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt.

In Anbetracht von Klimawandel, Artensterben und zunehmender Ungleichheit ist nach Auffassung von Brot für die Welt eine Reform des multilateralen Handelsregimes und eine enge Anbindung an die Vorgaben der Vereinten Nationen dringend notwendig.

Sven Hilbig: „Das Pariser Klimaabkommen, die Agenda 2030 sowie Menschenrechte müssen für die WTO zum verbindlichen Maßstab werden. Vorbild könnte die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung UNCTAD sein: Sie hat mit ihren ‚Genfer Grundsätzen für einen Green New Deal‘ (Geneva Principles for a Green New Deal) einen wegweisenden Vorschlag für einen neuen Multilateralismus zum Wohle aller Menschen gemacht. Anstatt sich darauf zu konzentrieren, eine alternative Berufungsinstanz einzurichten, sollte die EU ihre Anstrengungen darauf konzentrieren, eine ökologisch und sozial verantwortliche Handelspolitik einzuleiten.“