Brot für die Welt: Stellungnahme zum 16. Entwicklungspolitischen Bericht der Bundesregierung

 

Hunger sei nicht in erster Linie durch Produktionssteigerung mithilfe von mehr Dünger, optimiertem Saatgut und neuester Technologie zu besiegen. Das Welternährungsproblem lasse sich nicht mit den Methoden einer industriellen Landwirtschaft lösen, die das Klima anheizen und die Gewässer belasten, so Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt, zur Präsentation des 16. Entwicklungspolitischen Berichts der Bundesregierung. Sie stellt fest: „Hunger ist eine Folge von Politikversagen.“



 

(Berlin, den 20. Oktober 2021) Anlässlich der Präsentation des 16. Entwicklungspolitischen Berichts der Bundesregierung durch Bundesminister Dr. Gerd Müller am 20. Oktober 2021 nimmt Dr. Dagmar Pruin, Präsidentin von Brot für die Welt, Stellung zum Kampf gegen den Hunger:

„Wir sind dankbar, dass das BMZ <Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit> dem Kampf gegen den Hunger besondere Aufmerksamkeit schenkt. Sie, Herr Minister Müller, sprechen angesichts von 15.000 Hungertoten pro Tag sogar von Mord, weil diese Opfer vermeidbar wären. Diese Opfer wären in der Tat vermeidbar, denn es ist genug für alle da.

Hunger ist eine Folge von Politikversagen. Wir brauchen hier endlich deutlich größere Anstrengungen und einen ganzheitlichen Ansatz. Denn Hunger ist nicht in erster Linie durch Produktionssteigerung mithilfe von mehr Dünger, optimiertem Saatgut und neuester Technologie zu besiegen. Wir können das Welternährungsproblem nicht mit den Methoden einer industriellen Landwirtschaft lösen, die das Klima anheizen und die Gewässer belasten.

Wir begrüßen es, dass im Rahmen der BMZ-Sonderinitiative ‚Eine Welt ohne Hunger‘ auch agrarökologische Ansätze stärker berücksichtigt worden sind und dass in der aktuellen Kernthemenstrategie die Verwirklichung des Menschenrechts auf angemessene Nahrung im Mittelpunkt steht. Wir würden uns allerdings wünschen, dass das BMZ die an diesem Menschenrecht orientierte Arbeit des in Rom ansässigen Welternährungskomitees weiter stärkt, einschließlich der vorbildlichen zivilgesellschaftlichen Beteiligung.“

Zur Zukunft des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit sagte Dagmar Pruin: „Kohärenz durch Fusionen von Ministerien herstellen zu wollen, ist ein Irrweg. Dann könnte man auch das Wirtschafts- und das Umweltministerium zusammenlegen, um Ökonomie und Ökologie zu versöhnen. Wenn man dieser Logik folgt, dann landet man bei einem einzigen Super-Ministerium.

Statt über Fusionen nachzudenken, die für lange Zeit viel Energie binden, sollten im Sinne von mehr Kohärenz eher Strukturen gestärkt werden, die zu mehr Kooperation für eine nachhaltige Entwicklung führen. Ich denke da zum Beispiel an den Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung und den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung, der zu einem Ausschuss des Bundestages aufgewertet werden sollte. Wir brauchen dringend so etwas wie einen SDG-TÜV <SDG = Sustainable Development Goals>: Alle Gesetze und Beschlüsse sollten vorab daraufhin überprüft werden, ob sie im Einklang mit der Agenda 2030 und den Pariser Klimabeschlüssen stehen.

Um die großen Herausforderungen meistern zu können, brauchen wir ein starkes eigenständiges BMZ und ein gutes Zusammenspiel aller Ministerien, ja Teamgeist für eine wirklich nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 2030.“

Dagmar Pruin leitet seit März 2021 das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt.
Der 16. Entwicklungspolitische Bericht der Bundesregierung steht über diesen Link zum Download als PDF bereit.