Alltag…

 

Ein Essay von Heiderose Gärtner-Schultz, 1. Juni 2021

Der Alltag ist für viele eine Herausforderung durch die Regeln und Verhaltensweisen, die die Coronapandemie mit sich bringt. Eigentlich bedeutet „All“tag, dass es so ist wie alle Tage und man sich gut darin zurechtfindet. Der Alltag unterscheidet sich vom Sonn- und Feiertag, Tage, die durch das Besondere gekennzeichnet sind.

Ich finde, dass der Alltag nicht Alltägliches mehr hat, sondern mich Tag für Tag vor neue Herausforderungen stellt. Ich lerne jeden Tag neue Worte: queer für Schwule und Lesben und anderes: Nutriscore…. Und das sind nicht nur neue Begriffe, ich muss mich auch damit auseinandersetzen. Denn gelb, grün und rot kommt mir der Nutriscore auf vielen Packungen entgegen und will mir etwas sagen. Es ist ja wohl so etwas wie eine Nährwerttabelle. Ich lobe mir die Farbtafel dabei, denn das hat sich noch nicht geändert, das die rote Farbe „Nein“ oder Achtung anzeigt und die Farbe grüne „freie Fahrt“ signalisiert. Das heißt also, dass es wohl ernährungstechnisch gesehen, klug ist, Produkte, die im grünen Bereich liegen, zu kaufen. Nun ganz so einfach ist es nicht, denn plötzlich leuchtet mir das Grün bei Tiefkühlpommes entgegen. Meines Wissens sind Pommes nicht so perfekt für eine gute Ernährung geeignet: Zuviel Kohlehydrate, zu viel Fett. Da muss ich schon wieder nachschlagen, um zu erfahren, was ich nicht verstanden habe. Die Nutriscoretabelle sagt in diesem Fall nur etwas aus, was Pommes mit Pommes vergleicht. Wenn das so ist, habe ich etwas Grundlegendes wohl nicht verstanden. Es gibt also grüne, gelbe und rote Pommes.

Dr. Heiderose Gärtner-Schultz ist Mitglied im Redaktionsteam von proprium | sinn schaffen – horizonte öffnen.

Dann muss ich mich noch mit der Halterungsform von Tieren beschäftigen, wenn ich Fleisch essen will. Die schlechteste Form der Haltung zeigt die 1 an, das wird also nicht mehr gekauft. Die beste Halterungsform, nämlich 4 wird nicht so häufig in den gängigen Geschäften angeboten. Und bei einem Produkt mit der 1 steht gleichzeitig darauf, dass von dem Erlös an die Tierwohlarbeit etwas abgegeben wird – das muss ich auch nicht verstehen – oder?

„100 % natürliche Zutaten“ steht auf meinem Frühstücksfrischkäse. Ich bin eigentlich nicht davon ausgegangen, dass der Frischkäse irgendetwas Künstliches enthält. Aber es scheint so zu sein, dass man heute bei jedem Produkt ‑ und sei es Duschgel ‑ dazusagen muss, dass es Plastik- und Schweröl frei ist, also ohne Parabene, Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker etc, etc.

Das Glyphosat der Nachreifung und der Haltbarmachung von Obst- und Gemüse dient, ist wohl mehr oder weniger Allgemeingut. Ich bin jetzt richtig froh, dass es plastikfreies Kaugummi gibt.