Amazons Corona-Bilanz – Zeit für eine Übergewinnsteuer als Teil einer umfassenden Unternehmenssteuerreform

Aggressive Steuervermeidung multinationaler Unternehmen kostet die Welt jedes Jahr mehr als 200 Milliarden Euro. Das Tax Justice Network und Attac Deutschland fordern: Um die Corona-Kosten fairer zu verteilen, sollte Deutschland eine einmalige Steuer auf alle Krisengewinne erheben – die Zusatzgewinne der großen Unternehmen, die nicht unter der Krise gelitten, sondern sogar von ihr profitiert haben. Ein umfassendes Vorgehen gegen Monopolbildung, Machtkonzentration und Gewinnverschiebung kann eine Übergewinnsteuer nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen.

Covid-19-Auswirkungen: Milliardäre profitieren trotz Pandemie, die Ärmsten werden abgehängt

Einige wenige überstehen die Covid-Pandemie im Luxus, während über die Hälfte der Menschheit darum kämpft, ihre Rechnungen zu bezahlen und Essen auf den Tisch zu bringen. Oxfam fordert eine Demokratisierung der Wirtschaft: Unternehmen müssen so reguliert werden, dass die Interessen aller von Unternehmensentscheidungen Betroffenen berücksichtigt werden. Kurzfristig braucht es eine Steuerpolitik, die Unternehmen und Superreiche angemessen an der Finanzierung unseres Gemeinwesens beteiligt, um öffentlich finanzierte Systeme für Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung auszubauen, von denen vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen profitieren.

Finanztransaktionssteuer: Der Weg aus der Krise ohne Sparpolitik

Eine vom Brüsseler Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Auftrag gegebene Studie hat erstmals systematisch die Auswirkungen einer Finanztransaktionssteuer auf Finanzstabilität, Marktliquidität und Wirtschaftswachstum analysiert. Die jährlichen Einnahmen einer umfassenden gerechten Finanztransaktionssteuer würden 30 Prozent des jährlichen Haushaltes der EU ausmachen. Mit dieser Erhöhung der Eigenmittel wäre die EU in die Lage versetzt, die Kosten für die Wiederbelebung nach der Coronakrise mit den nötigen Eigenmitteln finanzieren zu können; so könne kein Mitgliedstaat wieder gezwungen werden, unter die Spar- und Kürzungspolitik zurückzufallen.

DGB zum Armutsbericht 2020: „Armut gefährdet den gesellschaftlichen Frieden“

Die größte Gruppe der insgesamt 13,2 Millionen Armen in Deutschland sind Erwerbstätige. Jeder dritte dieser Menschen ist arm trotz Arbeit und die ganz überwiegende Mehrheit davon hat eine mittlere oder gute Qualifikation. Die ungleiche Verteilung von Einkommen wird durch die Corona-Krise noch verschärft, denn krisenbedingte Einkommensverluste sind keineswegs über alle Bevölkerungsgruppen gleich verteilt: Existenzbedrohende Einbußen erleiden Geringverdienende, Minijobberinnen und -jobber, sowie Beschäftigte in Gastronomie und in der Leiharbeit – also diejenigen, die auch vor der Krise schon nicht auf der Sonnenseite lebten.

Gute Infrastrukturen sichern: qualitativ hochwertig und zugänglich für alle

Nach Jahren einer „Republik auf Verschleiß“ zeigt die Heinrich-Böll-Stiftung mit ihrem „Infrastrukturatlas 2020“ massive Investitionsbedarfe in die Erneuerung von Infrastrukturen auf. Wenn Infrastrukturen fehlen oder versagen, geht dies zu Lasten der Schwächsten in der Gesellschaft; wenn sie ökologisch nicht nachhaltig sind, zu Lasten der künftigen Generationen. So sind Infrastrukturen an den Kriterien Nachhaltigkeit, soziale Ausgewogenheit und regionale Angemessenheit zu bewerten, wobei es einer breiten Beteiligung bedarf, um auch Großprojekte verlässlich umzusetzen.

Wem gehört Berlin?

Die Hälfte der Stadt Berlin gehört Multimillionären, hat eine systematische Auswertung von Eigentumsverhältnissen im Immobilienbereich in Berlin und der verschiedenen dahinterstehenden Geschäftsmodelle durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung ergeben. Sie räumt mit dem Mythos des netten kleinen Privatvermieters als Hauptakteur auf dem Immobilienmarkt genauso auf wie mit dem Mythos, dass der Verkauf von Eigentumswohnungen an Selbstnutzer unter den jetzigen Bedingungen zu sozialer Absicherung und bezahlbarem Wohnraum beiträgt. Die ungebrochenen Preissteigerungen auf dem Wohnungsmarkt bringen den Eigentümern immense leistungslose Renditen von teilweise über 20 Prozent im Jahr; die Rosa-Luxemburg-Stiftung vergleicht zudem Geschäftszahlen und -praktiken der börsennotierten Wohnungsunternehmen mit den landeseigenen und genossenschaftlichen Gegenstücken.

Finanzialisierung: Ausverkauf von Land und Natur

Investmentfirmen, Banken und Fonds haben innerhalb weniger Jahre Land und Natur zu Finanz- und Investmentobjekten umgewandelt. Das von der Menschenrechtsorganisation FIAN nun veröffentlichte Handbuch „Rogue Capitalism“ illustriert diese Entwicklung an über 20 Beispielen. Es resultiert aus einem mehrjährigen Dialog mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und Basisbewegungen, neben Negativbeispielen wurden auch Wege des Widerstandes und Alternativen zusammengetragen.

Oxfam-Index: Soziale Ungleichheit behindert Covid-19-Bekämpfung

Der Bericht „Fighting Inequality in the Time of Covid-19. The Commitment to Reducing Inequality Index 2020“ bewertet die Politik der Regierungen von 158 Ländern im Hinblick auf öffentliche soziale Dienste, Steuern und Arbeitnehmerrechte – drei Bereiche, die für die Verringerung der Ungleichheit und die Bewältigung der COVID-19-Krise von entscheidender Bedeutung sind. Deutschland liegt in der Bewertung auf den vorderen Plätzen, zeigt aber insbesondere im Bereich Bildung große Defizite. Auch Deutschlands Steuersystem schneidet nur mittelmäßig ab: Die Hälfte der untersuchten Länder haben einen gerechteren Mix aus Einkommens-, Unternehmens- und Mehrwertsteuern; für Deutschland reicht es nur für Platz 77.

Das reichste ein Prozent schädigt das Klima doppelt so stark wie die ärmere Hälfte der Welt

Der Bericht „Confronting Carbon Inequality“ wertet aus, für wie viel CO2-Ausstoß einzelne Einkommensgruppen im Zeitraum zwischen 1990 und 2015 verantwortlich sind, in dem sich die klimaschädlichen Emissionen weltweit verdoppelt haben. Für diesen Anstieg sind insbesondere die reichsten 10 Prozent verantwortlich, nicht die globale Mittelklasse, wie häufig angenommen wird. Ungleichheit spielt für die Beschleunigung der Klimakrise eine entscheidende Rolle, Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und den klimagerechten Umbau der Wirtschaft dienen dem Wohl aller.

Sechs Monate COVID-19: Rekordausschüttungen nach Pandemie-Gewinnen

Oxfam fordert einen grundsätzlichen Kurswechsel der Wirtschaftspolitik, um zu verhindern, dass die Corona-Pandemie die Gesellschaft noch ungleicher und ungerechter macht. Die EU sollte Unternehmen verpflichten, Gewinne in ausreichender Höhe in den sozial-ökologischen Umbau der eigenen Geschäftsmodelle zu investieren, bevor sie Geld an Eigentümer ausschütten. So haben etwa die Aktionär*innen von Bayer entschieden, rund drei Milliarden Euro an Dividenden auszuzahlen, wobei der Konzern gleichzeitig etwa 670 Millionen Euro aus einem Nothilfefonds der britischen Regierung erhalten hat – in den vergangenen Jahrzehnten bereits hat Bayer exzessiv Profite ausgeschüttet, statt das eigene Geschäftsmodell ökologisch umzustellen.

Ausbildungsqualität muss auch in Corona-Zeiten stimmen

Angesichts der angespannten Lage auf dem Ausbildungsmarkt fordert der DGB die Unternehmen auf, stärker in die Ausbildung zu investieren. Die Bundesregierung habe mit dem Ausbau der ausbildungsbegleitenden Hilfen, der Assistierten Ausbildung und den Förderprogrammen für Ausbildung in der Corona-Krise umfassende Hilfen für die Betriebe bereitgestellt, jetzt seien die Arbeitgeber und Betriebe am Zug: „Das Nebeneinander von Fachkräftemangel und hoher Ausbildungslosigkeit ist Gift für unsere Gesellschaft. Wir brauchen endlich eine gesetzliche Ausbildungsgarantie.“